Baumstümpfe, abgestorbene Äste, flachliegende Bäume: Totholz hat viele Formen – und daher auch vielfältige Bewohner, für die das Totholz überlebenswichtig ist.

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Hast du schon mal einen bewirtschafteten Wald mit den Waldgebieten eines Nationalparks verglichen? Häufig ist der Unterschied auf den ersten Blick zu erkennen: Im bewirtschafteten Wald gibt es in der Regel kaum Unterholz, der Boden ist höchstens von einer Laubschicht bedeckt. In geschützten Wäldern hingegen findest du eine dichte Schicht aus Büschen, Sträuchern, wildwachsenden Jungbäumen – und Totholz. Denn Letzteres darf aus dem geschützten Wald nicht entfernt werden.

Totholz: Deshalb ist es so wichtig

Dieses Verbot hat auch wichtige Gründe: Totholz ist essenziell für viele Bewohner des Waldes, weil es ihnen Lebensraum bietet. Das Infoportal Waldwissen spricht davon, dass rund 20 Prozent der Waldarten auf Totholz angewiesen sind.

  • Viele Pilzarten sind vom Totholz abhängig. Allein auf Buchentotholz wurden bis heute 269 unterschiedliche Pilzarten gezählt.
  • Auch Flechten – eine Lebensgemeinschaft aus Pilzen und Algen – und Moose wachsen gerne auf Totholz.
  • Eine riesige Vielfalt an Insekten profitiert vom Totholz: Viele Wildbienen– und Wespenarten leben im und mit dem Totholz, einige Fliegen und Mücken nutzen Totholz als Brutplatz für ihre Larven und über 1.340 Käferarten sind in unseren Breiten auf das Totholz angewiesen: Für sie ist es Nahrungsquelle, Brutplatz und Lebensraum.
  • Aber auch heimische Vögel sind auf das Totholz angewiesen – am bekanntesten darunter sind wohl die Spechte. Für sie sind die Insekten im Holz Nahrung, sie bauen ihre Bruthöhlen in abgestorbenen Bäumen und markieren ihr Revier durch ihr charakteristisches Klopfen. Aber auch andere Vogelarten wie Kleiber, einige Meisenarten und Stare bauen in das von Pilzen weich gefressene Holz ihre Nist- und Schlafhöhlen. Andere picken im abgestorbenen Holz nach leckeren Insekten.

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  • Auch einigen Säugetieren dient das Totholz als Unterschlupf: Eichhörnchen, Siebenschläfer und Fledermäuse nutzen Totholz gerne als Tages- oder sogar Winterquartiere.
  • Auch Reptilien und Amphibien wie die Kreuzotter, Waldeidechse, Blindschleiche oder Erdkröte lieben Totholz als Unterschlupf, zum Überwintern oder zum Sonnen.
  • Andere Lebewesen profitieren sekundär vom Totholz: So brütet beispielsweise der Kuckuck gerne nahe am Totholz, weil der Totholzbestand Lichtschächte schafft und den Wald so aufhellt.
  • Angeschwemmte Holzreste in Fliessgewässern bilden ausserdem die Struktur des Gewässers mit und bieten auch Wasserbewohnern Schutz und Unterschlupf.
  • Zudem ist Totholz ein wichtiger Bestandteil des Nährstoffkreislaufs im Wald: Das Holz, das von Insekten, Pilzen und Mikroorganismen abgebaut wird, stellt wieder Nährstoffe für neue Bäume und Pflanzen her.
  • Laut der Deutschen Wildtierstiftung ist Totholz auch ein wichtiger Klimafaktor: Totholz stellt einen grossen Kohlenstoffspeicher dar. Daneben schützt es den Boden vor Austrocknung, wirkt ausgleichend auf die Temperatur und reguliert die Feuchtigkeitsverhältnisse im Wald.

Totholz ist nicht gleich Totholz

Totholz ist nur ein Überbegriff für die vielen verschiedenen Erscheinungsformen von abgestorbenen Bäumen und Baumresten. Daher zählen zu Totholz:

  • Asthäufen am Boden,
  • am Boden liegende Bäume,
  • abgestorbene Äste an Bäumen,
  • ganze stehende tote Bäume,
  • Holzerntereste und auch
  • angeschwemmte Äste und Holzteile in Gewässern.

Im weiteren Sinne lassen sich auch abgestorbene Stängel, etwa von Brombeersträuchern, oder Laubhaufen zu Totholz zählen. Ausserdem kannst du "künstliche" Totholzbiotope bauen, beispielsweise eine Benjes-Hecke – eine Hecke aus Totholz-Ästen und Ähnlichem, die als Zaun oder Abtrennung fungiert. Mehr dazu weiter unten.

Wie viel Totholz ist die richtige Menge?

In Urwäldern macht das Totholz hundert bis dreihundert Kubikmeter pro Hektar aus. Laut der Infoseite Wald.de geht die Forschung auch für Wirtschaftswälder heute davon aus, dass zwischen 30 und 60 Kubikmeter die ideale Menge Totholz ist. Das entspricht ungefähr fünf bis zehn Prozent des lebenden Holzes. Wenn weniger Totholz vorhanden ist, ist ein starker Artenrückgang zu verzeichnen. Bei mehr Totholz hingegen konnte nur noch eine langsame Zunahme der Artenzahl nachgewiesen werden.

Der Wert des Totholzes kommt auch in der Forstwirtschaft allmählich an. So sorgen immer mehr Forstwirte dafür, auch in Wirtschaftswäldern Totholz zu belassen. Laut dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft beläuft sich der Totholzanteil in deutschen Wäldern mittlerweile auf immerhin 29,4 Kubikmeter pro Hektar Wald. Das zeigen die Ergebnisse der vierten Bundeswaldinventur von 2022, die alle zehn Jahre durchgeführt wird. Im Vergleich zu den Werten von 2012 markiert das eine Zunahme von rund 9,5 Kubikmetern pro Hektar.

Totholz-Lebensräume im eigenen Garten schaffen

Um die natürliche Artenvielfalt zu unterstützen, kannst du auch in deinem eigenen Garten gezielt Totholz anlegen – und so Insekten, Reptilien und viele andere Lebewesen Lebensraum bieten.

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Ein Garten-Totholz-Biotop könnte zum Beispiel so aussehen:

  • Entferne das Herbstlaub nicht, sondern schichte es zu einem Haufen. So bietest du beispielsweise Igeln einen Platz zum Überwintern.
  • Das Gleiche gilt für deinen Grünschnitt: Statt die Reste zu entsorgen, kannst du daraus einen Haufen bauen, der unter anderem Insekten als Lebensraum dient.
  • Lege eine Benjes-Hecke an: Dafür schlägst du immer in ein paar Meter Entfernung zwei Pfähle von etwa einem bis 1,20 Meter Höhe in den Boden – oder dicke Äste in etwa fünfzig Zentimeter Entfernung zueinander. Den Raum dazwischen füllst du mit Baumschnitt und langen Ästen auf. Weil Insekten und Mikroorganismen das Holz mit der Zeit abbauen, wirst du die Hecke alle paar Jahre nachfüllen müssen.
  • Auch für Insektenhotels eignet sich kleines Totholz als Baumaterial.
  • Solltest du einen abgestorbenen Baum oder Baumstumpf im Garten haben, kannst du diesen noch für Tiere und Insekten stehen lassen.
  • Stängel von Himbeere, Brombeere, Holunder oder Heckenrose eignen sich gut als Nistplätze für einige Bienenarten. Schneide dazu die Stängel in einen Meter lange Stücke und befestige sie senkrecht an Zäunen oder anderen Orten. Lasse die Stängel mindestens ein Jahr lang hängen – denn so lange nisten die Bienen in ihnen.

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Überarbeitet von Philipp Multhaupt  © UTOPIA

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