Ziviler Ungehorsam rückt durch Aktionen wie die der "Letzten Generation" aktuell immer mehr in den Fokus. Dabei blickt diese Art des Widerstands bereits auf eine lange Geschichte zurück und kann auch andere Formen annehmen.

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Grundsätzlich finden sich für zivilen Ungehorsam eine Reihe von Beispielen in der jüngeren als auch älteren Weltgeschichte. Das liegt daran, dass er sich in vielfältigen Aktionen äussern und von unterschiedlichen Gruppen ausgehen kann.

Was zu der Protestform gehört, ist teilweise umstritten. Trotzdem lassen sich einige generelle Merkmale des Widerstands festhalten. Wir stellen diese vor und zeigen, wo die rechtlichen Grenzen liegen.

Was zeichnet zivilen Ungehorsam aus?

Ziviler Ungehorsam ist ein Konzept, das vor allem aus der Philosophie stammt. Auch wenn die Protestform noch wesentlich älter ist, geht der Begriff auf den US-amerikanischen Schriftsteller und Philosophen Henry David Thoreau zurück. Er verfasste im 19. Jahrhundert ein Essay mit dem Titel "Ziviler Ungehorsam", wo er sich mit diesem Widerstand auseinandersetzte.

Der Begriff wurde im Anschluss von anderen Philosph:innen wie Jürgen Habermas und John Rawls übernommen. Diese definieren ihn aber teilweise unterschiedlich, etwa was den Einsatz von Gewalt angeht. Das macht eine einheitliche Definition zwar schwierig, in der Regel ist die Protestform dennoch an einigen Merkmalen zu erkennen:

  • Ziviler Ungehorsam gestaltet sich meist gewaltfrei,
  • bricht geltendes Recht beziehungsweise einzelne Gesetze,
  • hat ein höheres Ziel von sozialem Nutzen,
  • zum Beispiel die Rechte von Bürger:innen durchzusetzen,
  • und geht also über den reinen Selbstzweck hinaus.

Welche Formen kann der Widerstand annehmen?

Die Merkmale zivilen Ungehorsams können sich in verschiedenen Formen und Protestaktionen äussern. Dazu gehören unter anderem:

  • Strassenblockaden und Sit-ins/Sitzstreiks
  • Whistleblowing, also die Veröffentlichung vertraulicher Informationen
  • Unangekündigte Proteste und Demonstrationen
  • Besetzung von öffentlichen Gebäuden und Räumen, zum Beispiel Universitäten, Parks oder Banken
  • Hungerstreiks
  • Steuern verweigern
  • Künstlerische Protestaktionen

Historische Beispiele für den Protest

Obwohl der Begriff erst im 19. Jahrhundert geprägt wurde, reichen die Wurzeln zivilen Ungehorsams bis in die Antike zurück. Eine Reihe von Bewegungen und Akteur:innen in unterschiedlichen Teilen der Erde haben sich die Protestform zunutze gemacht – teilweise mit mehr oder weniger Erfolg.

Ein positives Beispiel für zivilen Ungehorsam aus der Geschichte ist die Afroamerikanerin Rosa Parks. Sie weigerte sich 1955 in den USA, ihren Sitz im Bus für einen weissen Menschen zu räumen. Damit protestierte sie gegen die Rassentrennungsgesetze, was zu einer Bewegung und schliesslich deren Abschaffung führte.

Ebenso kämpften zu Beginn des 20. Jahrhunderts einige Frauen in Grossbritannien erfolgreich für ihr Wahlrecht. Dies erreichten die sogenannten Suffragetten, etwa durch das Stören von Versammlungen und Angriffe auf öffentliche Gebäude.

Aktuelle Formen von zivilem Ungehorsam

Auch prominente Aktivist:innen wie Nelson Mandela in Südafrika und Mahatma Gandhi in Indien machten Gebrauch von dieser Form des Widerstands. Gleichzeitig gibt es neben der "Letzten Generation" und "Extinction Rebellion" noch weitere jüngere Beispiele für zivilen Ungehorsam:

  • Die Demonstrationen von "Fridays for Future" lassen sich als ziviler Ungehorsam definieren, da die beteiligten Schüler:innen die Schulpflicht verletzten.
  • Der brutale Tod der 22 Jahre alten Mahsa Amini veranlasste 2022 zahlreiche Iranerinnen zum Protest. Sie demonstrieren seitdem gegen die restriktiven Frauenrechte des Staats, zum Beispiel, indem sie ihre Kopftücher verbrennen und ihre Haare abschneiden.
  • Die Bewegung "Black Lives Matter" hat in den USA schon Methoden des zivilen Ungehorsams wie Sit-ins angewandt.
  • Klimaaktivist:innen besetzten jahrelang den Hambacher Forst, um dessen Abholzung durch RWE zu verhindern.

Wann ist ziviler Ungehorsam strafbar?

Zivilen Ungehorsam an sich gibt es im deutschen Recht nicht als Tatbestand. Wie oben beschrieben, ist die Protestform jedoch häufig mit dem Brechen von Gesetzen verbunden. Das können beispielsweise Nötigung durch Strassenblockaden oder Hausfriedensbruch oder Nötigung durch andere Aktionen sein.

Demgegenüber stehen die Grundrechte der Demonstrierenden, wie das Recht auf Versammlungsfreiheit. Im Grundgesetz findet sich ebenfalls ein "Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist." Die Rechtswissenschaftlerin Lena Herbers sagte gegenüber der Frankfurter Rundschau allerdings, dass dies eher zutreffe, wenn die "freiheitlich-demokratische Grundordnung" in Gefahr sei.

Laut Herbers kommt die Entscheidung jeweils auf den einzelnen Fall sowie Richter:in an. Demnach gebe es Freisprüche ebenso wie Verurteilungen. Dies sagt auch die Anwaltskanzlei Herfurtner: Die Grundrechte der Protestierenden und die einzelnen Rechtsbrüche würden gegeneinander abgewogen. Als Strafe seien etwa Bussgelder möglich.

Abschliessendes Fazit zu zivilem Ungehorsam

Ziviler Ungehorsam kann also strafbar sein, wenn dabei Gesetze verletzt werden. Dieses Risiko nehmen Aktivist:innen aber oft wissentlich in Kauf, da sie keine andere Möglichkeit sehen. Nicht nur in Demokratien, sondern ebenso in autokratischen Systemen wird auf diese Weise gegen Unrecht demonstriert – obwohl dort weitaus schlimmere Folgen drohen.

Im Gegensatz dazu gibt es ebenfalls viele Aktivist:innen, die legale Arten des Protests wie angemeldete Demonstrationen nutzen, um über Missstände zu informieren und Änderungen zu bewirken. Es gibt auch die Möglichkeit, sich in einem Ehrenamt, zum Beispiel als Wahlhelfer:in, zu engagieren. Mit einem Online-Ehrenamt kannst du sogar von deinem Sofa aus Gutes tun und dich etwa für Klimaschutz einsetzen.

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