Plötzlich war Flug AH5017 der Air Algérie vom Radar verschwunden. Stunden später die traurige Gewissheit: Die Passagiermaschine ist im Norden Malis abgestürzt, alle 116 Insassen sind tot. In letzter Zeit jagt eine Schreckensmeldung über den Flugverkehr die nächste: In nur einer Woche ereigneten sich drei Abstürze. Dabei ist Fliegen doch angeblich so sicher. Oder?
Allein in den vergangenen sechs Tagen kamen mindestens 462 Menschen bei drei Flugzeugabstürzen ums Leben. Die Gründe für die Unglücke waren verschieden: Bei Flug AH5017, der über Mali abstürzte, soll das Wetter schuld gewesen sein. Auch GE222 stürzte aufgrund der Wetterbedingungen ab: Ein Sturm war verantwortlich für die Bruchlandung in einem taiwanesischen Dorf. Der Flug MH17 dagegen wurde im ukrainischen Luftraum von einer Rakete getroffen.
Wird Fliegen immer gefährlicher?
Trotz der aktuellen Häufung von Abstürzen ist Fliegen nicht unsicherer geworden – im Gegenteil. Jan-Arwed Richter, Geschäftsführer des Hamburger Flugunfallbüros JACDEC, sagt: "In den Jahren 2011 und 2012 lag die Opferzahl jeweils bei unter 500 Menschen pro Jahr. Das Jahr 2013 übertraf sogar alle bisherigen Rekordmarken noch einmal deutlich nach unten."
2013 kamen 251 Menschen an Bord kommerzieller Verkehrsflugzeuge um - und das bei steigenden Verkehrszahlen. Die Wahrscheinlichkeit, an Bord zu sterben, betrug damit weniger als ein hunderttausendstel Prozent, schreibt "Mayday", ein aktuelles Sonderheft des Magazins "Aero International". Ein Passagier müsste 6.500 Jahre lang ununterbrochen fliegen, um in einen tödlichen Unfall verwickelt zu sein, berechnet der Fluglinienverband IATA.
In den 1990er Jahren starben dagegen durchschnittlich 1.000 Menschen jährlich bei Passagierflügen. "Wenn man bedenkt, dass heute mehr als doppelt so viele Menschen ein Flugzeug besteigen als vor 20 Jahren, gehört die Luftfahrt nach wie vor zu den sichersten Verkehrsträgern überhaupt", sagt Richter von der JACDEC.
Was sind die häufigsten Gründe für einen Absturz?
Meist ist nicht nur eine Ursache schuld an Abstürzen. Richter erklärt mit Blick auf Statistiken: "In den allermeisten Fällen gingen Unfällen eine lange Kette von Fehlern und Pannen voraus, von denen jeder einzelne allein nicht zum Absturz geführt hätte." Meist sei der Mensch an den Ursachen beteiligt, zum Beispiel indem er auf ein technisches Problem nicht adäquat reagiert hat.
Vögel in den Triebwerken, generelle Triebwerksstörungen und betrunkene oder schlafende Piloten kommen laut dem Flugsicherheitsexperten zwar vor, führen jedoch nicht primär zu Flugunfällen. Eine bisher unterschätzte Gefahr sei jedoch das Fliegen über Krisengebiete – wie der versehentliche Abschuss des Fluges MH17 über der Ukraine zeigt.
Was sind die grössten Sicherheitsrisiken beim Fliegen?
Laut Richter haben sich die Hauptmerkmale der Unfallursachen innerhalb der vergangenen Jahrzehnte gewandelt. Vor 20 Jahren sei meist die Technik Auslöser für Flugunfälle gewesen. Heute stehe der Faktor Mensch im Mittelpunkt. Darüber hinaus bereiten Extremwettersituationen Probleme - trotz moderner Vorhersagetechniken.
Die Gefahr von Terrorismus und Entführungen habe dagegen etwas abgenommen. Ein wachsendes Risiko gehe allerdings vom zunehmenden Verkehr in den engen Lufträumen um grössere Flughäfen aus: "Wir beobachten eine hohe Zahl von gefährlichen Begegnungen am Boden und in der Luft, die in Europa und Nordamerika besonders ausgeprägt ist."
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