Kempten (dpa/tmn) - Pauschalreisen sollen ein Rundum-sorglos-Paket sein. Flug, Transfer, Hotel - alles ist geregelt. Für Urlauber heisst es dann nur noch: entspannen bei Sonne am Meer. Eigentlich.
Doch manchmal geht etwas schief - Zimmer zu klein, Flug zu spät, Ameisen im Bad. Wann bekommen Pauschalurlauber ihr Geld zurück?
Was sind klassische Reisemängel?
Grundsätzlich gilt: "Geld bekommt man bei einer Pauschalreise wieder, wenn ein Reisemangel vorliegt", sagt Reiserechtler Prof. Ernst Führich aus Kempten. Typische Reisemängel sind etwa eine Verspätung beim Flug oder ein fehlender Balkon. Doch hier kommt es auf das Detail an: So gilt Gerichtsentscheidungen zufolge erst eine Flugverspätung ab vier Stunden als Reisemangel, Urlauber können den Preis dann mindern. Beim Balkon stellt sich die Frage, ob er vorher zugesichert worden war. Ein Balkonfoto im Prospekt reicht nicht. Weitere klassische Reisemängel können etwa eine abweichende Zimmerart oder verdorbenes Essen sein.
Wie machen Reisende einen Mangel geltend?
"Jeder Kunde muss vor Ort unverzüglich reklamieren", sagt Führich. Das heisst: Reisende müssen den Mangel der Reiseleitung - also dem Vertragspartner - am Urlaubsort mitteilen. "Wer Geld vom Reiseveranstalter zurück möchte, kann sich nicht nur beim Hotelchef beschweren." Fotos als Beweis sind ebenfalls sinnvoll. Nach dem Ende der Reise haben Urlauber vier Wochen Zeit, den Mangel schriftlich beim Veranstalter geltend zu machen und eine Preisminderung zu verlangen.
Wie viel Geld bekommen Reisende wieder?
Das ist nicht gesetzlich geregelt. Anhaltspunkte bieten aber die Frankfurter Tabelle oder die Kemptner Reisemängeltabelle. Führichs Kemptner Tabelle enthält etwa wichtige Urteile zum Thema. Die Frankfurter Tabelle gibt ebenfalls einen Überblick über Mängel und die üblichen Preisminderungen. Sie ist für Gerichte nicht bindend, bietet Reisenden aber eine Orientierung, was sie in etwa einfordern können.
Was sind blosse Unannehmlichkeiten - also keine Reisemängel?
"Vereinzelte Kakerlaken gelten nicht als Reisemangel", erklärt Führich. Erheblicher Kakerlakenbefall eventuell schon. Andere Tiere wie ein paar Ameisen oder Silberfischchen sind ebenfalls kein Mangel. Abhängig ist das aber auch von der Hotelkategorie und davon, wie ortsüblich die Tierchen sind. Etwas Wartezeit am Buffet können Gerichte als Unannehmlichkeit bewerten. Armbänder bei All-Inclusive-Reisen werden ebenfalls als Unannehmlichkeit gewertet.
Wie sieht es aus mit Selbstabhilfe?
Der Reiseveranstalter ist in der Regel dazu verpflichtet, Abhilfe zu schaffen. Allerdings kann der Reiseveranstalter das verweigern, wenn es einen unverhältnismässigen Aufwand erfordert, wie es im Gesetz heisst. Leistet der Reiseveranstalter keine Abhilfe, kann der Reisende das nach Ablauf einer Frist selbst tun und Ersatz für die angefallenen Mehrkosten verlangen. Diese müssen angemessen sein. Wer also ein Drei-Sterne-Hotel gebucht hat, kann sich nicht plötzlich im Luxushotel einmieten. "Der Reisende muss erstmal in Vorkasse gehen", warnt Führich. Er sollte die Belege also unbedingt aufbewahren.
Was ist, wenn der Reisende krank wird?
Eine Reiserücktrittsversicherung zahlt die Stornogebühren, wenn Urlauber vor der Reise krank werden. "Wer eine solche Versicherung abschliesst, sollte darauf achten, dass auch andere Rücktrittsgründe mitversichert sind", rät Bianca Boss vom Bund der Versicherten. Das kann etwa plötzliche Arbeitslosigkeit sein. Verbraucher sollten ausserdem prüfen, ob es einen Eigenanteil gibt und wie hoch dieser ist. Schliesslich werden die Stornogebühren in der Regel immer höher, je näher die Reise rückt. Wer auf der Reise erkrankt, benötigt eine Reiseabbruchversicherung. "Hier werden entgangene Reiseleistungen und der Rückflug erstattet."
BGH: Reisende erhalten nach Unfall bei Hoteltransfer Geld zurück
Nach einen unverschuldeten Umfall beim Hoteltransfer muss ein Reiseveranstalter den vollen Reisepreis zurückzahlen. Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe gab zwei Ehepaaren Recht, die wegen der Unfallfolgen keine weiteren Reiseleistungen in Anspruch nehmen konnten. Sie waren im Dezember 2013 in der Türkei beim Transfer vom Flughafen zum Hotel verletzt worden. Ein Geisterfahrer war in den Bus gekracht.
Nach Auffassung des BGH war die Reiseleistung insgesamt mangelhaft. Das Risiko, den Reisepreis nicht zu bekommen, liege beim Veranstalter, auch wenn weder er noch die Reisenden für den Unfall verantwortlich seien, urteilten die Richter. (Az.: X ZR 117/15 und X ZR 118/15) © dpa
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