Slantschew Brjag/Sofia (dpa) - Rezeptionistin Anita hat alle Hände voll zu tun. Kaum hat eine englische Reisegruppe ins schicke Hotel an Bulgariens Schwarzmeerküste eingecheckt, schon kommt ein Bus mit neuen Feriengästen. "Das Hotel ist voll besetzt", freut sich Anita.

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Im Badeort Slantschew Brjag - international als Sonnenstrand oder "sunny beach" bekannt - brummt der Tourismus schon im Juni. Wegen der Terrorgefahr in Reiseländern wie der Türkei oder Ägypten hat sich Bulgarien als Ausweichziel etabliert. Stammkunden schätzen das gute Preis-Leistungs-Verhältnis von All-Inclusive-Urlaub und die Strände mit feinem Sand.

"Die bulgarischen Urlaubsorte sind sichere und bevorzugte Reiseziele", bekräftigt Tourismusministerin Nikolina Angelkowa im Parlament in Sofia. Der regionale Polizeichef Schiwko Daskalow lobt die gute Zusammenarbeit der Sicherheitskräfte mit den Hotels, damit mögliche Terrorakte vermieden werden. "Dazu gehört die Bewachung von Badestränden und Schulung von Hotelpersonal", sagt er der Deutschen Presse-Agentur in Slantschew Brjag. Hoteliers und Kneipenbesitzer, Eis- und Ticketverkäufer hoffen unisono auf einen Supersommer.

Angelkowa ist optimistisch gestimmt. Sie rechnet mit zehn Prozent mehr Touristen als im Rekordjahr 2016. Es war mit 8,2 Millionen Feriengästen aus dem Ausland das beste Jahr für den bulgarischen Tourismus seit der Wende 1989 gewesen. Gut zehn Prozent der Urlauber kamen im vergangenen Jahr aus Deutschland - fast 33 Prozent mehr als 2015. Dieses Jahr sei allein die Zahl der Frühbuchungen aus der Bundesrepublik um 29 Prozent gestiegen.

Das Institut für Tourismus-Analysen in Sofia geht für 2017 von elf Prozent mehr Feriengästen als im Vorjahr aus. Die grössten Konkurrenten Bulgariens sind seine Nachbarn Griechenland und Türkei.

Die bekanntesten Badeorte - Slantschew Brjag im Süden und Slatni Pjassazi (Goldstrand) im Norden - entstanden vor 60 Jahren entlang den längsten Sandstränden der Schwarzmeer-Küste. Von dem eintönigen, vom damaligen kommunistischen Staat gelenkten Fremdenverkehr gibt es heute keine Spur mehr.

Tourismus in Bulgarien
Auch die Strände mit feinem Sand laden zu einem Badeurlaub ein. © dpa / Elena Lalowa/dpa

Mit dem Übergang zur Marktwirtschaft schossen überall neue Hotels aus dem Boden. Die alten Anlagen wurden privatisiert und gründlich renoviert. Dazu kamen neue Feriensiedlungen, Grünanlagen, Wasserparks und Discos. Jetzt ist der Kunde König, lautet das Credo nicht nur der energischen Rezeptionistin Anita.

Der bulgarische Tourismus hat aber ein grosses Problem - es herrscht Personalmangel. "Ich bin neu und weiss nichts", gibt eine Mitarbeiterin eines zentral gelegenen Reisebüros in Slantschew Brjag offen zu. Überall in den Badeorten gibt es Stellenangebote.

"Mitarbeiter gesucht", steht etwa auf einem Grillofen oder auf der Gartenmauer eines indischen Restaurants. Wegen der geringen Bezahlung in dem ärmsten EU-Land ziehen Rezeptionisten, Zimmermädchen, Köche, Kellner und Rettungsschwimmer seit Jahren etwa nach Griechenland, Italien oder Malta um, wo sie viel besser verdienen.

Die Engpässe sollen jetzt Tausende Arbeitskräfte aus Nicht-EU-Staaten wie etwa der Ukraine und Moldawien beseitigen. Die Regierung in Sofia lockerte zum 1. Juni die Regeln für die Einstellung dieser Kräfte, weil Tourismus ein wichtiger Faktor zur Entwicklung des Landes ist. Die Branche steuert rund 13 Prozent zur Wirtschaftsleistung bei.

Die Einnahmen von Januar bis November des Rekordjahres 2016 lagen offiziell bei 3,15 Milliarden Euro, 15 Prozent über dem Niveau des Vorjahreszeitraums. Die realen Einnahmen dürften aber deutlich grösser sein, weil die Schattenwirtschaft auch in diesem Sektor von der amtlichen Statistik nicht erfasst wird.

"Vor uns öffnet sich ein Geldkasten", beschreibt der für Tourismus zuständige Vize-Regierungschef Waleri Simeonow im Staatsfernsehen das grosse Potenzial von Bulgariens Fremdenverkehr. Ressortministerin Angelkowa sieht neue, ehrgeizige Ziele für die Zukunft: Mit seinem reichen Kulturerbe und guten Wein solle Bulgarien zum Ganzjahres-Reiseziel auch für Gäste mit gehobenen Ansprüchen werden.  © dpa

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