Berlin (dpa/tmn) - Es ist ein Szenario, das auf Flughäfen häufig zu beobachten ist: Vor der Sicherheitskontrolle in Berlin-Tegel steht ein Passagier mit zwei Rucksäcken, gross und mittelgross. Er schaut ratlos. So kommt er nicht zum Gate, hat ihm ein Mitarbeiter des Bodenpersonals soeben zu verstehen gegeben.

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Der Grund dafür: zu viel Handgepäck. Der Mann hat nun drei Möglichkeiten. Entweder packt er so um, dass der kleinere im grösseren Rucksack verschwindet und dieser trotzdem nicht zu schwer wird - unmöglich. Oder er lässt Teile seines Gepäcks am Flughafen zurück - indiskutabel. Dritte Option: Er gibt den grossen Rucksack am Schalter auf. Das ist jedoch sehr teuer, sofern der Mann nur einen Tarif mit Handgepäck inklusive gebucht hat.

Easyjet zum Beispiel nimmt dann 47 Euro für das Aufgabegepäckstück. Fällt die Mogelpackung erst am Gate auf, sind es sogar 60 Euro. Ähnliche Preise kassieren auch andere Fluggesellschaften.

Bei Billigfliegern war der Aufgabekoffer immer schon kostenpflichtig. Doch auch Premium-Carrier wie die Lufthansa bieten mittlerweile günstige Light-Tarife, die nur noch Handgepäck inkludieren. Reisende haben sich an diese neuen Verhältnisse am Himmel angepasst.

Flugreisen nur mit Handgepäck sind auf vielen Strecken in Europa eher die Regel als die Ausnahme. Bei Ryanair, der grössten Airline Europas, fliegen mehr als 80 Prozent der Passagiere nur mit Handgepäck. Bei Easyjet ist es immerhin jeder Zweite. Eurowings hat keine Zahlen.

Die Regeln der Fluggesellschaften lassen weniger Spielraum als früher. Meist sind ein normales Handgepäckstück und eine Mini-Tasche erlaubt. Die Abmessungen sind begrenzt, das Gewicht auf sieben bis zehn Kilo limitiert. Doch viele Fluggäste halten sich daran nicht.

"Wir haben festgestellt, dass einige Kunden Taschen mit an Bord bringen, die die zulässige Grösse überschreiten", sagt Robin Kiely, Sprecher von Ryanair. "Dies kann zu Verspätungen führen."

Auch dieses Szenario kennt man: In der Flugzeugkabine ist kein Platz für das gesamte Handgepäck der Passagiere, einige Stücke müssen im Frachtraum untergebracht werden. Das kostet Zeit. Der Flugbetrieb ist eng getaktet, im schlimmsten Fall verzögert sich der Abflug.

Lange Zeit waren Ryanair und Co. ganz zufrieden damit, dass immer weniger Menschen Gepäck aufgeben. Denn Airlines müssen am Flughafen für das Gepäck Gebühren zahlen. Und das Be- und Entladen frisst Zeit. "Die Einstellung war lange: Das Handgepäck kann ruhig ein bisschen schwerer sein", erinnert sich der Experte.

Diese Zeiten sind aber vorbei. "Dass man eine riesige Tasche als Handgepäck in den Flieger hineinschleppt, wird nicht mehr toleriert", sagt Cord Schellenberg vom Luftfahrt-Presse-Club in Oberursel. Gepäckstücke werden abgemessen. Wer am Schalter eincheckt, dessen Handgepäck wird oft schon gewogen. Zumindest grobe Regelverstösse sind kaum noch möglich - wohl aber kleine Schummeleien, siehe Ryanair. Und oft reicht der Platz in der Kabine auch dann nicht, wenn sich alle Passagiere an die Regeln halten.

Die Fluggesellschaften sind allerdings nicht tatenlos. Wenn möglich, werden während des Boardings die Handgepäckstücke gezählt. Ist die maximale Kapazität der Kabine erreicht, bitten die Mitarbeiter einzelne Fluggäste, ihre Trolleys abzugeben. Diese werden dann kostenlos im Frachtraum verstaut. Zerbrechliche Gegenstände wie Kameras sowie Medizin nimmt man vorher heraus.

Der isländische Billigflieger Wow Air zeigt, wohin die Reise gehen könnte: Bei dem neuen Basic-Tarif ist nur noch ein "persönlicher Gegenstand" mit den Abmessungen 42 mal 32 mal 25 Zentimeter kostenlos. Das ist nicht mehr als eine kleine Handtasche.

Was kann der Flugreisende tun? Zunächst: Aufgabegepäck möglichst früh online dazu buchen. Wer nicht das Risiko eingehen möchte, dass das eigene Handgepäck in den Frachtraum muss, stellt sich am besten ganz früh zum Boarding an. Und die Mass- und Gewichtsbeschränkungen sollten nicht überschritten werden. Sonst bleibt oft nichts anderes übrig, als die Kreditkarte zu zücken. "Oder man muss auf ein paar Bücher für den Urlaub verzichten", sagt Cord Schellenberg.  © dpa

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