Bamberg (dpa) - Die Flusskreuzfahrt-Branche in Deutschland wächst und wächst. Im Südosten der Republik gibt es angesichts dieser Zuwächse allerdings Gegenwind.
Anwohner sind genervt von den Hundertschaften, die für wenige Stunden in Städte wie Bamberg, Passau oder Regensburg einfallen - und sich dann wieder auf ihre schwimmenden Hotels zurückziehen. Wie viel Tourismus verträgt eine Stadt?
Das Spannungsverhältnis ist nicht neu. In Berlin etwa gibt es seit Jahren Klagen über Wochenendtouristen, deren Koffer nachts übers Kopfsteinpflaster rattern. Auch Partyfahrräder sorgen regelmässig in vielen Städten für Unfrieden. In Berlin dürfen die Gruppenfahrräder mit Theke, Zapfanlage und Musikanlage auf bestimmten Strassen gar nicht mehr fahren. Durch die Innenstadt von Münster rollen sie gar nicht mehr.
Aber wo ist das Problem mit den Kreuzfahrern, die sich die Altstädte von Bamberg oder Regensburg anschauen wollen? "Es gibt Menschen, die das befürworten, weil es viel Geld bringt", sagt eine Sprecherin der Stadt Bamberg. "Manchen Anwohnern ist es aber zu viel, die ärgern sich." Die Schiffe spucken mitunter Hunderte Touristen aus, die sich dann durch die Innenstädte schieben. "Die Kreuzfahrt-Riesen nerven alle", titelte unlängst die "Mittelbayerische Zeitung" in Bezug auf Regensburg.
Niedrigwässer und ein harter Preiskampf machten der Branche zuletzt zwar zu schaffen. Der Boom hält nach Einschätzung des Deutschen Wasserstrassen- und Schifffahrtsvereins Rhein-Main-Donau dennoch an: Die Zahl der Passagiere auf westeuropäischen Flüssen ist zwischen 2008 und 2015 von 250 000 auf 383 000 gestiegen. Zu den Favoriten der deutschen Passagiere habe 2015 die Donau mit 38 Prozent aller Flussreisenden gehört, knapp hinter dem Rhein mit seinen Nebenflüssen. Knapp 38 Prozent der Reisenden auf europäischen Flüssen kommen aus den USA und aus Kanada.
In Bamberg kamen der Hafenverwaltung zufolge vor zehn Jahren noch 327 Schiffe mit etwa 47 000 Plätzen an. Im vergangenen Jahr waren es 874 Schiffe mit einer Kapazität für rund 146 000 Menschen. Auch Würzburg verzeichnet einen heftigen Zuwachs: 2001 legten nur 80 Flusskreuzfahrtschiffe an, 2014 schon 916.
Viele Kommunen tun seit Jahren alles dafür, mehr Kreuzfahrer anzulocken. Im rheinland-pfälzischen Speyer etwa wurde gerade eine neue Anlegestelle genehmigt. In Koblenz ist die Zahl der Anlegevorgänge in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen. Und auch in Bayern haben Städte, Reedereien sowie Wasser- und Schifffahrtsämter auf den erhöhten Bedarf reagiert.
Die Stadt Bamberg argumentiert mit dem wirtschaftlichen Nutzen der Schiffstouristen. Jeder von ihnen gebe mit 28 Euro rund 4 Euro mehr aus in der Stadt als der Rest der Tagesbesucher. Dieses Argument nennt auch ein Sprecher des Flusskreuzfahrt-Unternehmens 1AVista. "Generell bereichert der Fluss-Tourismus die angelaufenen Städte durch viele kaufkräftige Gäste, welche gerne willkommen geheissen werden." Man achte jedoch darauf, Anwohner so wenig wie möglich zu belasten.
"Natürlich ist es so, dass Touristen frisches Geld in die Städte bringen", sagt Tourismus-Experte Dirk Schmücker vom Institut für Tourismus- und Bäderforschung. Eine flächendeckende Untersuchung dazu gebe es allerdings noch nicht. Schmücker hält das kurze, massenhafte Auftreten der Touristen für problematisch. "Wenn das passiert, gibt es häufig Konflikte." Er berichtet von ähnlichen Spannungen auch in Städten wie Venedig, Amsterdam und Barcelona, in denen sich der Tourismus auf Wohngebiete ausbreitet. "Man muss diese Beschwerden ernst nehmen, aber es gibt sicher keine pauschale Antwort darauf."
Mögliche Antworten versucht die 21. Donauschifffahrts- und Tourismuskonferenz in Nürnberg zu finden. Sie steht bis Freitag (2. Dezember) unter dem Motto "Die Donau - Destination mit Zukunft?". Manch ein Anwohner würde diese Frage sicher verneinen. © dpa
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