Dublin - In der Pandemie haben wir das Spazierengehen wieder erlernt. Und weil sich in Dublin Urbanität und Natur besonders eindrucksvoll verbinden, lohnt die Erkundung der irischen Hauptstadt zu Fuss umso mehr. Ich bin fünf Routen entlang von Rock, Poesie und Rekorden gelaufen:
1. Von U2 zum Leuchtturm
Das Windmill Studio - in dem die Rolling Stones,
Entlang der Ringsend Road, über die kleine Brücke mit Blick auf das gläserne Aviva-Stadion, geht es vorbei an Spiel- und Sportplätzen geradeaus in den Ringsend Park. Wer aufmerksam ist, findet einige Elfen und Zauberwesen entlang des Weges.
Am Ende dem Weg nach rechts folgen und aus dem Park links auf der Strand Street bis zur Hauptstrasse Bayview gehen und ihr in Richtung Süden folgen. Nach zwei überquerten Kreuzungen biegt man links in den Sean-Moore-Park ab und geht auf den Strand zu.
Der Spaziergang führt nach links in östlicher Richtung um die Dublin Bay herum. Es geht durch den Irishtown Nature Park, über ein paar sanfte Hügel, am Shellybanks Beach vorbei. Man passiert die ikonischen rot-weiss gestreiften, 207 Meter hohen Türme des alten Kraftwerks Poolbeg, von den Einheimischen "Taubenschlag" genannt.
Am Wasser entlang, mit Blick auf die südöstlich gelegenen Küstenstädte Dun Laoghaire und Dalkey, geht es zur Great South Wall, die bei ihrer Fertigstellung 1731 die längste Seemauer der Welt war. Der Leuchtturm am Ende, das "Poolbeg Lighthouse", wurde 1767 fertig und zunächst mit Kerzenlicht betrieben, später mit Öl. Er wurde 1820 abgerissen und neugebaut. Heute weist er riesigen Fähren und Frachtern den Weg in den Dubliner Hafen, nach dem gälischen Satz "las mo shlí" ("Erhelle mir den Weg").
Es sind etwa zwei Kilometer auf der Steinmauer bis zum Leuchtturm - die nur an nicht-stürmischen Tagen zurückgelegt werden sollten. Auf halbem Weg liegt eine Badestelle des Half Moon Swimming & Water Polo Club. Vom Leuchtturm aus lässt es sich schön nach Howth Head hinüber blicken, der hübschen Halbinsel im Norden der Stadt.
Startpunkt: Windmill Lane Studio, 20 Ringsend Road; Länge: 12 Kilometer (hin und zurück); Laufzeit: ca. 3 Stunden
2. Auf poetischen Spuren zum Meer
Mit der S-Bahn (DART) geht es nach Dalkey. Das dauert etwa 25 Minuten und kostet knapp unter sechs Euro. Die sind gut investiert, denn in Dalkey beginnt ein poetischer Spaziergang, dem man eine geführte Tour vom Castle & Heritage Centre voranstellen kann - um auf den Spuren der Schrifstellerinnen und Schriftsteller Maeve Binchy, James Joyce, Emma Donoghue und Flann O’Brien durch den Küstenort zu wandeln.
Oder es geht direkt los zum Spaziergang nach Killiney. Der Weg führt vom Bahnhof den Hügel hinunter, am rechts liegenden legendären Finnegan’s Pub vorbei, rechts auf die Coliemore Road, vorbei an hübschen Cottages und grossen Villen, bis zum kleinen Hafen. Von dort setzt Ken The Ferryman mit seinem Boot "Emma" sieben Tage die Woche nach Dalkey Island über (10 - 18 Uhr, 10 Euro, für Kinder 5 Euro).
Delfine, Seehunde und eine Herde wild lebender Ziegen gehören zu der Insel ebenso wie historische Überreste aus Zeiten, als Dalkey Island von den Wikingern als Lager benutzt wurde, und später als vorgelagerter Hafen der Hauptstadt, bevor es den Dublin Harbour gab.
Wieder zurück an Land geht es links in den kleinen Dillon's Park und direkt dahinter rechts in den Sorrento Park - der eher ein Aussichtspunkt ist. Hier wird der mediterrane Charme dieses Küstenstreifens deutlich. Südliche Pflanzen und Büsche, riesige Blüten und kristallklares, türkisfarbenes Wasser sind es, die vor einer riesigen Villenreihe Assoziationen mit dem Golf von Neapel wecken. Es ist kein Wunder, dass einige Promis zwischen Dalkey und Killiney wohnen - der Blick ist atemberaubend.
Unten am südlichen Fusse des Sorrento-Hügels angekommen, geht es rechts bis zur Vico Road, die dann links in Richtung Killiney führt. Wer möchte, kann noch einen Abstecher auf den Killiney Hill machen, oder schon vor dem grossen Strand zu einem der kleinen "bathing points" nach unten steigen.
Auf der Vico Road geht es bis zur Strathmore Road und dann Richtung Wasser bis zu einer kleinen Unterführung vor der S-Bahn-Station. Der Steinstrand von Killiney ist fast einen Kilometer lang. Zurück nach Dublin geht es mit dem Zug.
Startpunkt: Dalkey DART-Station (von Dublin aus z. B. ab Tara Street Station); Endpunkt: Killiney DART-Station; Länge: 6 Kilometer; Laufzeit: ca. 1,5 bis 2 Stunden
3. An den Klippen der Halbinsel Howth Head
Diesmal geht es mit der DART-S-Bahn aus der Innenstadt Richtung Norden, was einen Blick auf die rauere Seite der Stadt ermöglicht, bis in die Stadt Howth.
Zwischen Eisdielen, Souvenir-Shops, Fischrestaurants, einem Segelhafen und einer Kirmes geht es hinaus in die Natur. Die Entscheidung für einen der vier am Bahnhof startenden Rundwege fällt je nach Kondition und Zeit: Zwischen anderthalb Stunden und drei Stunden Laufzeit und mehrere Schwierigkeitsgrade sind möglich.
Der kürzeste Weg führt um die halbe Halbinsel Howth Head und windet sich nach einigen hundert Metern an der Seite von Menschen, die bis zu einem kleinen Café gehen möchten, durch die Farn-Meere der Insel und schmiegt sich an die Klippen.
An heissen Tagen verschwindet die Aussicht hinunter aufs Meer in einem dichten Nebel, in dem die Seevögel nur zu hören sind. Je höher der Weg ansteigt, desto karger wird die Landschaft.
An der Gabelung nach der Hälfte des Weges führen Treppen aus Stein Richtung "Summit", also Gipfel, ein hier etwas humorvoll benutzter Bergsteiger-Begriff.
Vorbei geht an dem riesigen EIRE-6-Zeichen, bestehend aus strahlend weissen Kieseln, das im Zweiten Weltkrieg zur Verteidigung der irischen Neutralität beitrug. Von dort aus geht es wieder bergab durch Siedlungen bis zurück zum Zentrum des kleinen Ortes. Ein wunderbarer Spaziergang für alle Level mit vielen Optionen für ein leckeres Abendessen zum Abschluss, von klassischen Fish & Chips bis hin zu edlen Seafood-Restaurants.
Start- und Endpunkt: Howth DART-Station (von Dublin aus z. B. ab Tara Street Station oder Connolly Station); Länge: zwischen 6 und 12 Kilometer; Laufzeit: zwischen 1,5 und 3 Stunden
4. Ein Phoenix in der Stadt
Mit 707 Hektar gilt der Phoenix Park am nordwestlichen Rand Dublins als grösster Stadtpark Europas und übertrifft den Hyde Park in London (142 ha) oder den Central Park in New York (345 ha) bei weitem. Der Park ist zu Fuss etwa von der Guinness-Brauerei oder dem Heuston-Bahnhof gut zu erreichen.
Am Fusse der leichten Steigung geht es auf dem Rad- und Fussweg entlang der Strasse bis zur ersten Abzweigung - der Park wird von einer Achse (der Chesterfield Avenue) durchteilt, und je nach Lust, Wetter und Zeit können kurze oder längere Rundwege von dort aus eingeschlagen werden.
Im Park geht es vorbei am Wellington Monument, einem riesigen Obelisken zur Erinnerung an vergangene Militärsiege, und kleinen, ovalen Schildern, die erklären, wo 1941 deutsche Bomben niedergingen, oder wie viele Cricket Clubs es gab (20) und wie viele es noch gibt (2).
Der Dublin Zoo liegt rechterseits am Anfang des Parks und ist zu jeder Jahreszeit einen Besuch wert. Insbesondere aber während der "Wild Lights" von Ende Oktober bis Anfang Januar, wenn der Tierpark zu einem Traum aus Lichtern, Laternen und Tiergeräuschen wird, die man tagsüber nicht zu hören bekommt.
Vorbei geht es an den riesigen Polo Grounds und auch an der Residenz des irischen Präsidenten, der Áras an Uachtaráin, wo in einem Fenster im Obergeschoss eines der berühmtesten Lichter Irlands leuchtet: ein symbolisches Leuchtfeuer, das den irischen Auswanderern und ihren Nachkommen den Weg weist und sie in der Heimat willkommen heisst.
Noch etwas weiter nördlich steht auf der linken Seite der Park-Hauptachse erst das Papal Cross, ein riesiges Kreuz, das die Iren zu Ehren von Johannes Paul II. bauten, und dann die Unterkunft des US-amerikanischen Botschafters, die aber von den Wegen kaum einsehbar ist.
Für Spaziergänger spannender ist das vom gleichen Kreisverkehr abgehende Wegenetz in Richtung Besucherzentrum (Visitor Centre) - mit einem schönen, von Mauern eingefassten Garten, einem Castle namens Ashtown und einem Spielplatz.
Startpunkt: Ecke Criminal Court of Justice/Chesterfield Avenue; Länge: zwischen 8 und 14 Kilometer; Laufzeit: 2 bis 4 Stunden, bei Zoo-Besuch entsprechend länger
5. Am Grand Canal entlang
Los geht es zu diesem Spaziergang hinter den Gebäuden der europäischen Google-Zentrale. Neben den Hauptstrassen am Clanwilliam und Warrington Place verläuft unterhalb des Bürgersteigs hinter einer kleinen Mauer ein Weg entlang des in vielen Liedern besungenen und in ebenso vielen Büchern erwähnten Grand Canals. Er wurde im 19. Jahrhundert gebaut und verbindet die Stadt mit dem Inland.
Heute spaziert es sich entspannt und romantisch unter den Schatten oder - je nach Wetter - Schutz vor Regentropfen spendenden Bäumen entlang Richtung Westen. An den Brücken und Wehren geht es immer wieder für wenige Meter hinauf in den Stadtverkehr, aber die Ruhe, die das Wasser und die darauf schwimmenden Hausboote und Restaurants ausstrahlen, gleicht das aus.
Vorbei an unzähligen kleinen und grossen Pubs und Restaurants - mexikanisch, indisch, amerikanisch, irisch - geht es bis ins Viertel Portobello. An lauen Nachmittagen und Abenden ist das eine Gegend, die in der Atmosphäre dem Leben in Amsterdam ähnelt.
Wer an der am Kanal gelegenen Atlas Language School etwa rechts Richtung Innenstadt abbiegt, findet leicht zum St. Stephen’s Green Park und der Grafton Street, einer populären Einkaufsstrasse. Oder man spaziert weiter zurück Richtung Osten zum Merrion Square Park, um dort der Statue von Oscar Wilde einen Besuch abzustatten.
Startpunkt: Ecke Grand Canal Street Upper/Clanwilliam Place; Länge: 6,5 Kilometer; Zeit: 1,5 bis 2 Stunden
Dublin
- Anreise: Aus mehreren deutschen Städten gibt es Direktflüge von Lufthansa, Aer Lingus oder Ryanair.
- Einreise: Ein Personalausweis genügt. Es gibt keine Corona-bedingten Einreisebeschränkungen. (Stand: 28. September 2022)
- Spaziergänge: Das Tourismusbüro Visit Dublin listet online mehr als 20 Vorschläge für Spaziergänge und Radtouren in und um die Stadt auf: www.visitdublin.com/guides/dublin-walks-and-cycles
- Informationen: www.ireland.com/de-de/ (Deutsch); www.visitdublin.com/ (Englisch)
© dpa-infocom, dpa:220930-99-958269/4 © dpa
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.