Erstfeld (dpa) - Mit der Eröffnung des längsten Eisenbahntunnels der Welt steuert Europa auf eine neue Ära im Schienenverkehr zu. Mit einem "Bahn frei" hatte der Schweizer Bundespräsident Johann Schneider-Ammann den neuen Gotthardtunnel freigegeben.

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Auf das Signal hin fuhren zwei Züge mit jeweils 500 Bürgern vom Nord- und Südportal aus in den 57 Kilometern langen Eisenbahntunnel und waren nach knapp 20 Minuten auf der jeweils anderen Seite. Der als technisches Meisterwerk geltende Tunnel ist ein ganz zentraler Baustein für das Ziel, den Güterverkehr zwischen der Nordsee und dem Mittelmeer stärker auf die Schiene zu verlagern.

Als "historischen Tag" würdigte Schneider-Ammann die Eröffnung. An der Fertigstellung des "Jahrhundertwerks" hätten mehrere Generationen mitgewirkt. "Es ist ein wichtiger Schritt für die Schweiz, für unsere Nachbarn und den Rest des Kontinents", sagte das Schweizer Staatsoberhaupt.

An den Feierlichkeiten nahmen auch Bundeskanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Präsident François Hollande und Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi teil. Merkel sprach von einem "wunderbaren Tag" und lobte die Schweizer Präzision, durch die ein gigantisches Projekt im Zeit- und Kostenrahmen geblieben sei. Daran müsse man in Deutschland noch ein bisschen arbeiten. Ausserdem habe der Tunnel in Zeiten, in denen die EU in einer tiefen Krise stecke, eine hohe Symbolkraft für die Einheit des Kontinents. "Ich wünsche mir, dass wir Verbindendes sehen, und dass wir das Verbindende zu nutzen verstehen", sagte die Kanzlerin beim Festakt.

Der in 17-jähriger Bauzeit für umgerechnet rund 11 Milliarden Euro (12,2 Mrd. Franken) fertiggestellte Gotthard-Basistunnel ist das Herzstück der "Neuen Eisenbahn-Alpentransversale" (NEAT). Täglich können in den beiden Röhren 240 Güterzüge und 65 Personenzüge verkehren. Der Regelbetrieb startet nach weiteren Testfahrten am 11. Dezember.

Bis zur vollen Auslastung des Tunnels werden aber noch viele Jahren vergehen. Die Zubringerstrecke aus Italien mit dem Ceneri-Basistunnel soll 2020 fertig sein, die deutsche Rheintalstrecke Karlsruhe-Basel wird wohl nicht vor 2035 ausgebaut sein.

Bahnchef Rüdiger Grube verteidigte die Verzögerungen beim Ausbau der Zubringerstrecken für den neuen Gotthardtunnel. Der Ausbau im Rheintal brauche die Unterstützung der Bürger, sagte Grube angesichts von 170 000 Einwendungen von Anwohnern, Gemeinden und Landkreisen. "Wir wollen die Bevölkerung mitnehmen." Es liege daher in der Natur der Abläufe, dass Zeitziele nicht immer eingehalten werden könnten. Es gehe Schritt für Schritt weiter. "Wir freuen uns, dass wir sukzessive Fortschritte machen", sagte Grube im Schweizer Fernsehen SRF.

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) sicherte zu, dass Deutschland alles daran setzen werde, den Güterverkehr Richtung Gotthard steigern zu können. In den Ausbau der Rheintalstrecke seien bisher 2 Milliarden Euro investiert worden, weitere 6,5 Milliarden Euro stünden bereit, sagte der CSU-Politiker im SRF. "Wir werden die anderen Varianten der Zuläufe zum Gotthard-Tunnel genauso schnell ertüchtigen." Viele Gemeinden und Anwohner fürchten auf der ohnehin schon jetzt stark frequentierten Strecke noch mehr Lärm durch die Züge. Deshalb muss die Bahn ihr Lärmschutzkonzept anpassen und Tunnelvarianten einplanen.  © dpa

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