Es sollte ein Traumurlaub werden, es wurde ein Albtraum daraus. Innerhalb weniger Tage wurden in Indien eine deutsche und eine dänische Touristin vergewaltigt - die zwei letzten Schicksale in einer gefühlt endlos langen Liste an Übergriffen in dem beliebten Urlaubsland. Viele stellen sich jetzt wieder die Frage: Gibt es Möglichkeiten, sich als Touristin zu schützen?
Hundertprozentiger Schutz vor Gewalt existiert nicht – nicht in Indien und auch nirgendwo sonst. Dennoch gibt es einige Möglichkeiten, wie Touristinnen in Indien das Risiko stark verringern können. Das sollten sie beachten:
Wo halte ich mich auf?
Generell sollten Touristinnen ihre Reise lieber auf touristisch erschlossene Gegenden beschränken. Das deutsche Auswärtige Amt bewertet das kriminelle Risiko für Ausländer dort nach wie vor als "eher gering". Auf dem Land ist die Gefahr für weibliche Reisende um ein Vielfaches höher, denn in vielen Regionen gelten Frauen immer noch als Menschen zweiter Klasse - die Hemmschwelle ist dementsprechend gering. Dennoch steigt die Kriminalität auch in den Grossstädten. Deshalb gilt dort genauso: Vorsicht ist geboten!
Was die Unterkunft anbelangt: Es ist sinnvoll, lieber ein bisschen mehr Geld auszugeben und dafür in einem Hotel mit Sicherheitsdienst zu wohnen.
Mit wem reise ich?
Die wichtigste Massnahme gegen Gewalt: Nicht alleine reisen. Frauen ohne Begleitung betrachten manche Inder als Freiwild oder zumindest als leichte Beute. Denn allein reisende Frauen sind schlicht unüblich in der indischen Kultur.
Männliche Begleitung ist auf alle Fälle einer der wichtigsten Schritte gegen Übergriffe. Dennoch wurden in der Vergangenheit immer wieder auch Frauen vergewaltigt, die in Begleitung ihres Partners reisten. Darum ist es besser, nicht auf eigene Faust zu zweit durchs Land zu fahren.
Am sichersten ist es, in einer Gruppe unterwegs zu sein. Wobei man sich bewusst sein sollte: Reine Frauengruppen sind einer höheren Gefahr ausgesetzt als gemischtgeschlechtliche Reisegemeinschaften. Vor allem Trekkingtouren sollte man nur in grösseren Gruppen und mit einem anerkannten, ortskundigen Führer machen. Generell sollten Sie Acht geben, sich einem seriösen Reiseveranstalter anzuvertrauen.
Wer das Land partout alleine erkunden möchte, sollte sich immerhin einen imaginären Ehemann oder Verlobten zulegen: Ehering tragen und behaupten, man treffe sich gleich mit dem Partner, kann so manche Situation entschärfen.
Dunkelheit ist tabu
Nachts oder bei Dunkelheit geht eigentlich keine indische Frau alleine auf die Strasse. Das sollte man sich zu Herzen nehmen. Wer auf Nummer sicher gehen will, geht im Dunkeln gar nicht mehr raus. Auch tagsüber sollten Frauen einsame Gegenden - auch einsame Traumstrände - meiden, rät die Webseite der britischen Regierung.
Reisen von A nach B
In öffentlichen Verkehrsmitteln ist besondere Vorsicht geboten. Touristen sollten generell auf Nachtreisen verzichten, wie die Vergewaltigung der deutschen Touristin in einem Schlafwagen zeigt. In Bus oder Bahn bieten auch immer wieder freundlich wirkende Inder Getränke oder Essen an, die Schlafmittel enthalten. Später ist das Gepäck weg.
Selbst mit dem Auto unterwegs zu sein, ist vor allem wegen des chaotischen Verkehrs in Indien nicht ratsam. Besser man fährt Taxi - allerdings besser nicht ohne männliche Begleitung, wie der Fall einer jungen Polin zeigt. Sie war Anfang Januar von einem Taxifahrer unter Drogen gesetzt und vergewaltigt worden. Um Ärger zu vermeiden, bestellt man das Taxi am besten beim Hotelempfang und handelt im Voraus einen festen Preis aus. Den Flughafentransfer sollte man, wenn möglich, vom Reisebüro organisieren lassen oder den hoteleigenen Transferservice nutzen, rät das Schweizer Departement für auswärtige Angelegenheiten.
Wie kleide ich mich?
Andere Länder, andere Sitten. So sollten Frauen sich an die landestypischen Gepflogenheiten halten, um sich nicht unnötiger Gefahr auszusetzen. Dazu gehört: Nackt oder oben ohne zu baden ist absolut tabu. Indische Frauen gehen sogar mit Sari ins Wasser. Auch abseits des Strands sollten Touristinnen möglichst wenig Haut zeigen. Korrekte gekleidet ist man mit langärmeligen Oberteilen mit wenig Ausschnitt und Hosen beziehungsweise Röcken, die über das Knie gehen. Tipp: Kleiden Sie sich einfach gleich in Landestracht.
Tragen Sie zudem auch wenige Wertgegenstände wie Uhren oder Schmuck. Diese würden nur unnötige Begehrlichkeiten wecken.
Information ist (fast) alles
Wer informiert ist, ist klar im Vorteil. So ist es wichtig und sehr ratsam, so viele Informationen wie nur möglich über die Gegenden aufzusammeln, die man bereisen möchte: von Bekannten, Geschäftspartnern, Freunden, den Medien, der Reiseagentur, dem Auswärtigen Amt, Angestellten im Hotel vor Ort... Schon im Vorfeld der Reise sollten sich Touristinnen informieren, ob ihr Reiseziel als sicher gilt und wie sie von A nach B kommen. Vor Ort kann man sich noch detaillierter über die lokalen Gegebenheiten schlau machen. Gibt es beispielsweise Stadtviertel, die man dringend meiden sollte? Auch auf täglicher Basis ist genaue Planung wichtig, um nicht plötzlich weitab vom Hotel von der Dunkelheit überrascht zu werden oder sich zu verlaufen, was beispielsweise am Dienstag der dänischen Touristin zum Verhängnis wurde.
Last, but not least: das Auftreten
Gut ist immer, als Touristin selbstbewusst aufzutreten und besser nicht zu freundlich zu sein. Allerdings sollte man Indern als Frau nicht zu lange in die Augen schauen, das irritiert sie, weil das dort nicht üblich ist.
Leider halten manche Inder westliche Frauen nach wie vor für leicht zu erobernde Lustobjekte. Sollte es doch so weit kommen, dass ein Mann Sie unsittlich berührt, müssen Sie sofort vehement deutlich machen, dass Sie das nicht tolerieren. Jede andere Reaktion würde er als Zeichen des Einverständnisses missverstehen. Und last, but not least: Selbstverständlich sollten Touristinnen nicht flirten, wenn sie nicht wirklich an mehr interessiert sind. (ah)
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.