Zagreb - Zum Jahreswechsel hat das EU-Land Kroatien den Euro anstelle der Landeswährung Kuna eingeführt. Zugleich trat das beliebte Urlaubsland an der Adria der grenzkontrollfreien Schengen-Zone bei.
Für Millionen Touristen aus Deutschland bedeutet das eine doppelte Erleichterung: Sie müssen kein Geld mehr tauschen, ersparen sich Wechselkursverluste - und ihr Reiseziel erreichen sie nun ohne die früher oft stundenlangen Wartezeiten an den slowenisch-kroatischen Grenzübergängen.
EU-Kommissionspräsidentin
EZB gratuliert zur Euro-Einführung
Die Europäische Zentralbank (EZB) begrüsste Kroatien am Sonntag als neues Mitglied des Euroraums. "Ich heisse Kroatien in der Eurofamilie und am Tisch des EZB-Rats in Frankfurt willkommen", erklärte Notenbankpräsidentin Christine Lagarde. "Kroatien hat hart gearbeitet, um das 20. Mitglied des Euroraums zu werden und es hatte Erfolg. Ich gratuliere dem kroatischen Volk."
Zuletzt hatte Litauen 2015 die Gemeinschaftswährung eingeführt. Der Euro löst die Landeswährung Kuna ab, die seit 1994 im Umlauf war. Die ehemalige jugoslawische Teilrepublik war 1991 unabhängig geworden, 2013 trat Kroatien dann der EU bei. Für die Einführung der europäischen Gemeinschaftswährung musste das Land eine Reihe von Bedingungen erfüllen.
Euro statt Kuna
Der Wechselkurs ist festgelegt: Ein Euro entspricht 7,5345 Kuna. Bis zum 14. Januar besteht eine Übergangsfrist, in der noch in beiden Währungen bezahlt werden kann. Kuna aus dem letzten Urlaub können bis Ende 2023 bei Banken in Kroatien gebührenfrei umgetauscht werden - bis zu jeweils 100 Münzen und Scheinen pro Transaktion.
Der Euro-Beitritt Kroatiens treibt die Produktion von Münzen im gemeinsamen Währungsraum in die Höhe. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat den 19 Eurostaaten sowie Kroatien für 2023 die Herstellung von Geldstücken im Gesamtvolumen von fast 2,6 Milliarden Euro genehmigt. Kroatien plant demnach die Prägung von Euro-Münzen im Gesamtumfang von rund 316 Millionen Euro.
Nach den EU-Verträgen sind alle Mitgliedstaaten bis auf Dänemark zum Beitritt zur Gemeinschaftswährung verpflichtet, sobald sie die Voraussetzungen erfüllen. Mehrere Staaten verfolgen dies aber nicht mit Nachdruck - etwa Schweden, Polen und Ungarn.
Hohe Erwartungen im Fremdenverkehr
Vor allem die Fremdenverkehrsbranche in Kroatien hat hohe Erwartungen. Das Land mit der langen Adriaküste und den vielen malerischen Buchten und Inseln lebt stark vom Tourismus. Rund 16 Millionen ausländische Urlauber, darunter 3,4 Millionen Deutsche, weist die Statistik für die ersten elf Monate 2022 aus. Im Rekordjahr 2019, dem letzten Jahr vor Beginn der Corona-Pandemie, waren es 17,3 Millionen, davon 2,9 Millionen Deutsche. Beliebt ist das Urlaubsland auch bei Österreichern, Slowenen und Polen (jeweils mehr als eine Million Reisende 2022) sowie Touristen aus Italien, Tschechien und Grossbritannien (jeweils mehr als 700.000 Reisende).
Inflationstreiber - oder alles gar nicht so schlimm?
Noch nie war eine Euro-Einführung von derartigen weltwirtschaftlichen Verwerfungen begleitet. Russlands Krieg in der Ukraine, gestiegene Energiekosten und Lieferprobleme im Zuge der Corona-Pandemie erwiesen sich europaweit als Inflationstreiber. Mit 13,5 Prozent lag die Teuerungsrate in Kroatien im November über dem EU-Schnitt von 10,1 Prozent. Die Einmalwirkung durch die Euro-Einführung bezifferte EU-Kommissionsvize Valdis Dombrovskis aufgrund früherer Erfahrungen auf 0,1 bis 0,3 Prozentpunkte. Mittelfristig werde sich das aber durch geringere Währungsumrechnungskosten und niedrigere Zinssätze ausgleichen. Prognosen zufolge soll die Inflation 2023 auf 5,7 Prozent sinken.
Kroatiens Bürger in eher banger Erwartung
Die Kroaten gehen wiederum von ihrer eigenen Lebenserfahrung aus und rechnen damit, dass Handel und Dienstleister bei der Umrechnung aufrunden werden, wo sie nur können. Die Beliebtheit der Euro-Einführung hält sich deshalb in Grenzen. In einer Umfrage vom April befürworteten 55 Prozent der Bürger den Euro, 42 Prozent lehnten ihn ab.
Dabei leben die Kroaten seit Jahrzehnten in einem doppelten Währungssystem. Seit Millionen von ihnen ab den 1970er-Jahren als Gastarbeiter in den Westen - häufig nach Deutschland - zogen und Urlauber in Massen an die Adria strömten, wurden Immobilien, Autos und andere hochpreisige Güter üblicherweise in D-Mark und dann in Euro bezahlt. Auf das eigene Geld - den jugoslawischen, dann den kroatischen Dinar und schliesslich die Kuna - blickte man eher mitleidig. Das war das Geld für den täglichen Einkauf, für die bescheidene Rente der im Land Gebliebenen, für das Taschengeld der Kinder. © dpa
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