Trier (dpa) - Eine Frau, die sich nach einer Bahnfahrt ohne funktionierende Zugtoilette in die Hose gemacht hat, ist selbst schuld. Dies entschied jetzt das Landgericht Trier.
Sie hätte die zweistündige Reise in einer Regionalbahn in Rheinland-Pfalz zwischen Koblenz und Trier an einer von den 30 Haltestellen unterbrechen und sich auf einem Bahnhofsklo oder auch anderswo Erleichterung verschaffen können. Dies sei "nicht unzumutbar" gewesen. Einen Anspruch auf Schmerzensgeld seitens der Bahn habe sie deshalb nicht.
Das Landgericht kippte damit ein Urteil des Amtsgerichts Trier, das der Frau 200 Euro zugesprochen hatte. Dagegen hatte die Bahn Beschwerde eingelegt, weil in diesem Urteil der ersten Instanz die Beförderung ohne funktionierende Toilette als Pflichtverletzung der Bahn bezeichnet worden war.
Anspruch auf Schmerzensgeld gebe es nur dann, wenn die Geschädigte den Schaden "nicht selbst durch eigenverantwortliches Handeln überwiegend mitverursacht" habe, urteilte jetzt das Landgericht. "Unter bestimmten Umständen kann es Reisenden zugemutet werden, den Zug zu verlassen und die Reise nach einem Toilettengang mit der nachfolgenden Bahn fortzusetzen." Die Frau hätte aussteigen können, habe sich aber "dafür entschieden, die Fahrt fortzusetzen und die letztlich eingetretenen Folgen zu riskieren". Sekunden nach dem Aussteigen in Trier geschah das Malheur.
Das Landgericht, das sich des Toilettenstreits unter dem Vorsitz seines Präsidenten Thomas Henrichs annahm, betonte: Es habe die grundsätzliche Frage, ob es eine Verpflichtung der Bahn gebe, in Regionalbahnen für eine funktionierende Toilette zu sorgen, "ausdrücklich offen gelassen". Dass die Bahn die Reisenden auf das Klo-Problem nicht aufmerksam machte, rügten die Richter als "Pflichtverstoss" - doch dies begründe keinen Schmerzensgeldanspruch.
Es gehe also nur um den konkreten Fall: Die Frau reiste nachmittags bei Tageslicht von Koblenz nach Trier, es habe "zeitnahe Anschlusszugverbindungen an grösseren Haltepunkten" gegeben. Das seien auch keine "Geisterbahnhöfe", also "abgelegene und durchgehend menschenleere Örtlichkeiten" gewesen. Doch trotz "des touristisch erschlossenen unmittelbaren Umfelds der grösseren Bahnhöfe" habe sie sich "entschieden, die Fahrt fortzusetzen und die letztlich eingetretenen Folgen zu riskieren".
Eine Reporterin des SWR berichtete kurz vor der Urteilsverkündung aus dem Leben von Bahnreisenden und kam dabei zu einer etwas anderen Einschätzung. Bahnhof für Bahnhof klapperte sie auf der Strecke zwischen Koblenz und Trier ab - lediglich an vier Orten fand sie eine Toilette. Ihr Fazit: "Am besten immer einen eigenen Eimer dabeihaben."
Der Anwalt der Klägerin, Michael Lang, bedauerte die Entscheidung. Ein Gang zum Bundesgerichtshof sei nicht möglich.
Eine Bahnsprecherin sagte, man sehe sich bestätigt. Zum "bestmöglichen Service", um den die Bahn ständig bemüht sei, "gehört selbstverständlich die Toilette dazu". Es gebe aber auf den Klos viel Vandalismus - und man bedaure, wenn dieser Service "in Einzelfällen" nicht möglich sei.
Die «Kundenoffensive» der Bahn - Mobile Reparaturtrupps
Toilette verstopft, Kaffeemaschine kaputt, Zugtür gesperrt: Jeder zweite Zug der Deutschen Bahn geht nach Bahn-Angaben morgens schon mit Mängeln in Betrieb. Solche Ärgernisse für Reisende will der Staatskonzern mit einer Kundenoffensive angehen. So soll ein mobiler Service laut Bahn dafür sorgen, dass die Zugflotte zu 100 Prozent intakt ist. Denn bisher können viele Mängel erst behoben werden, wenn der Zug in eine Bahn-Werkstatt kommt, was der Fahrplan nicht immer sofort zulässt. Die mobilen Reparaturtrupps sollen mehr schon im Bahnhof in Ordnung bringen und beispielsweise am Bahnsteig ganze Toiletten auswechseln.
Geplant ist auch, mit Sensoren für Weichenstörungen pünktlicher zu werden und öfter die richtige Wagenreihung einzuhalten, Anzeigetafeln zu verbessern und im ICE für alle Kunden kostenloses WLAN anzubieten. Nach und nach sollen mehr Städte ans Intercity-Netz kommen.
Hintergrund ist, dass die Bahn in die roten Zahlen gerutscht ist. Besonders im Fernverkehr tut sich der Konzern schwer, die Fahrgastzahlen zu halten, denn die Konkurrenz aus Fernbussen und Billigfliegern macht ihr das Leben schwer. Schärfster Rivale in Zeiten niedriger Spritpreise ist indes das Auto. © dpa
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