Berlin (dpa) - Am liebsten würde die Reisebranche nur mit schönen Urlaubswelten werben. Doch Terroranschläge, politische Unsicherheit und Flüchtlingsrouten durch Europa haben die touristische Landkarte dramatisch verändert. Auch 2017 meiden Touristen ganze Regionen. Sicherheit bleibt das grosse Thema.
Dabei ist es ist nicht so, dass den Menschen in Deutschland die Reiselust vergangen wäre: Im Krisenjahr 2016 gaben sie laut FUR-Reiseanalyse soviel für Urlaub aus wie noch nie. Und in diesem Jahr wollen 69 Prozent sicher oder wahrscheinlich verreisen. Doch während die spanischen Playas voll sind, hoffen türkische Hoteliers verzweifelt auf die Gästezahlen von früher. Bislang vergeblich.
Alle Studien der letzten Zeit zeigen: Sicherheit ist den Urlaubern wichtig. Jeder dritte Bundesbürger sagte in einer Yougov-Umfrage für das Portal Holidaycheck, Terroranschläge und politische Unruhen beeinflussen die Wahl des Sommerreiseziels. Gut jeder Vierte hat schon einmal bewusst ein sicheres Reiseziel gewählt, und 45 Prozent wollen es nun tun, ermittelte Norstat für das Portal Travelzoo.
Noch vor zwei Jahren reisten 5,6 Millionen Deutsche in die Türkei - letztes Jahr waren es nur rund vier Millionen. Heute sagt Norbert Fiebig, der Präsident des Deutschen Reiseverbands: "Im deutschen Ferienmarkt fehlt die Türkei." Dabei fänden gerade Familien so ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis an anderer Stelle nicht so leicht.
Der Terror verkleinert für viele also die Auswahl. "Die Türkei muss zurückkommen", hofft Fiebig. So wie etwa Griechenland, das aktuell zu den Gewinnern der Sommersaison zählt. In dem Land hatte in der Vergangenheit vor allem die Flüchtlingskrise für negativen Schlagzeilen gesorgt.
Oft erholen sich auch von Anschlägen betroffene Destinationen schnell. Während Istanbul als Städtereiseziel aktuell praktisch ausfällt, kommt Frankreich nach dem Anschlag von Nizza wieder zurück. "Aktuell verzeichnet Frankreich ein hohes zweistelliges Buchungsplus für den Sommer 2017", sagt Tui-Sprecherin Anja Braun. Auch Krisenland Ägypten wird den deutschen Veranstaltern zufolge wieder stärker gebucht.
Darauf hofft man auch am Bosporus: "Die Türkei ist so sicher wie Deutschland", wirbt der türkische Aussenminister Mevlüt Cavusoglu auf der ITB (8. bis 12. März). Niemand müsse Angst haben. Den "deutschen Freunden" malt er stattdessen idyllische Bilder aus: die besten Hotels, die besten Resorts und jede Menge Geschichte und Kultur.
Grundsätzlich gilt: Die Reiseentscheidung der Urlauber stellt die Tourismusunternehmen vor grosse Herausforderungen. "Verunsicherung ist ein grosses Thema, und die Reisebranche muss sich aktiv damit befassen", sagte Michael Frenzel, der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Tourismuswirtschaft der Deutschen Presse-Agentur. Anbieter müssten zusammen mit dem Auswärtigen Amt offen und fair informieren - und im Fall des Falles flexibeles Umbuchen ermöglichen. "Da ist schon viel passiert", meint Frenzel.
Auch die deutschen Veranstalter verweisen auf das Aussenministerium und dessen Einschätzungen. "Generell bietet FTI nur Ziele an, die vom Auswärtigen Amt als sicher eingestuft werden", heisst es etwa bei dem Münchner Reiseunternehmen. Das Problem: Anschläge voraussagen kann das Auswärtige Amt auch nicht. Und auf die Gefahr terroristischer Anschläge und Entführungen weltweit weist die Behörde ja hin. Absolute Sicherheit für Urlauber gibt es also nicht.
Die Veranstalter sehen darüber hinaus die Zielgebiete in der Pflicht und verweisen auf bereits erzielte Erfolge vor Ort. Thomas Cook zum Beispiel nennt zusätzliche Kontrollen an Hoteleingängen und auf Flughäfen, mehr Sicherheitspersonal im Hotel sowie vermehrte Kontrollen im Strassenverkehr. Beim Branchenprimus Tui heisst es: "Jedes Land, das wir in unseren Programmen anbieten, kann auch bereist werden." Letztlich entscheide aber der Kunde, wohin er reisen möchte oder nicht. © dpa
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