Frankfurt/Main (dpa/tmn) - Digital Detox - was ist das? Man könnte von einer neuen Art des Fastens sprechen. "Detox spielt im Gesundheitstourismus eine grosse Rolle", sagt Claudia Wagner von Fit Reisen in Frankfurt. Sie sieht Ayurveda und massgeschneiderte Ernährungskonzepte als gefragte Urlaubsformen.
"Wir haben derzeit oft von allem zu viel. Zu viel süsses, fettes, vorfabriziertes und ungesundes Essen, Reizüberflutung, zu viel Stress. Die Leute wollen runterkommen", so Wagner. Technikverzicht ist noch relativ neu. Wagner glaubt aber, dass bei Reisenden ein neues Bedürfnis wächst: raus aus den Zwängen des digital dominierten Alltags. Abschalten.
Digital Detox - diesen Begriff haben 2012 Levi Felix und Brooke Dean in Kalifornien geprägt. Sie wollten sich und andere von der Online-Sucht heilen. In speziellen Erholungscamps im Herzen der Digitalwirtschaft im Silicon Valley lernten die Teilnehmer, auf die eigenen Bedürfnisse zu achten, zur Ruhe zu kommen und durchzuatmen. Ohne Alkohol, dafür mit Yoga, Sport, gesunder Ernährung, Briefpapier und Schreibmaschine. In Deutschland veranstaltet Ulrike Stöckle mit The Digital Detox ähnliche Naturkuren.
Christian Montag, Suchtforscher an der Universität Ulm, hat dafür grosses Verständnis. "Unsere Daten weisen darauf hin, dass mit dem Smartphone eine neue Dimension von Verhaltenssucht einhergeht. Wenn in einer Studie etwa 40 Prozent der Befragten angeben, abends mit dem Smartphone ins Bett zu gehen und morgens als Erstes danach greifen, ist das ein Alarmzeichen." Der Forscher plädiert für eine tägliche Digital-Detox-Phase. Und warum kein analoger Urlaub?
In der Regel hat der Gast die Wahl zwischen vollständigem Verzicht und der Freiheit, zwischendurch wieder online zu gehen. Das Digital-Detox-Angebot der Mandarin Oriental Hotel Group wird laut Group Spa Director Jeremy McCarthy vor allem von Frauen aus dem jeweiligen Land genutzt. Sie geben für die Zeit des Aufenthalts ihr Mobiltelefon an der Rezeption ab und entspannen sich bei Gesichtsmasken, Lektüre und Malen.
Nicht immer muss der Mensch den Stecker ziehen: In manchen Berghüttenund abgelegenen Regionen avanciert das Funkloch zum Standortvorteil. Hüttenurlaube und Klosteraufenthalte bekommen so einen trendigen Anstrich - auch wenn gar nicht Digital Detox draufsteht. "Beim Trekking im indonesischen Regenwald, auf Wildtierbeobachtung in der Massai Mara oder beim Campen im australischen Outback sind unsere Gäste ohnehin offline und haben nur ihre Digitalkamera im Anschlag", sagt Barbara Glanz vom Erlebnisreiseveranstalter Intrepid Travel.
Doch den Ausstieg aus der digitalen Welt bekommt der Urlauber heute auch perfekt inszeniert, etwa im Belle-Epoque-Hotel "Rosenlaui" im Berner Oberland. Dort nächtigt man in Antiquitäten-Betten, es gibt ein Münztelefon, aber weder Fernsehen noch Radio und nicht einmal fliessendes Wasser auf den Zimmern. Und ins Fünf-Sterne-Designhotel "vigilius mountain resort" in Südtirol gelangt man nur per Seilbahn. Die fernsehfreien Zimmer werden nachts vom WLAN abgekoppelt. Die "Hubertus Alpin Lodge & Spa" in Balderschwang im Allgäu animiert ihre Gäste mit einem Funkstille-Paket zum Verzicht aufs mobile Endgerät. Dafür gibt es dann einen Bergkäse.
Solche Angebote mehren sich, seit sich 2012 in Österreich einige Hütten, Apartments und Hotels in der Steiermark gestressten urbanen Urlaubern als Offline-Betriebe anboten. Auch im Biosphärenpark Salzburger Lungau gibt es jetzt entsprechende Auszeiten. © dpa
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