Berge, Meer und Sonne - Erholung pur. Das erwarten die meisten vom Urlaub. Doch oft klappt es nicht mit der Entspannung. Viele können nicht abschalten, sind vom Partner und den Kindern genervt oder werden durch die plötzliche Freizeit krank. Doch mit der richtigen Verhaltensstrategie ist mentale Erholung im Urlaub ein realistisches Ziel. Die Diplom-Psychologin Julia Scharnhorst weiss Rat.
"Viele Menschen können sich schlecht entspannen. Deshalb funktioniert es bei ihnen auch nicht auf Anhieb mit der Erholung", betont Diplom-Psychologin Julia Scharnhorst. Wer weiss, dass er zu dieser Personengruppe hört, sollte am Anfang des Urlaubs nicht sofort alle Aktivitäten einstellen und nur noch am Strand liegen. "Suchen Sie als aktiver Mensch lieber gezielt nach einer Freizeitbeschäftigung, die Ihren Interessen entgegenkommt. Lernen Sie zum Beispiel surfen, wenn Sie das schon immer wollten", empfiehlt die Trainerin und Beraterin in Sachen Gesundheitsmanagement. Gerade die erste Urlaubswoche bietet sich für grössere Aktivitäten an. Allerdings rät die Psychologin, es mit dem Aktivismus auch nicht zu übertreiben. Zwei bis drei Stunden Programm pro Tag sollten reichen. Selbst ein Sprachenurlaub hat nur einen halbtägigen Unterrichtsteil.
Strategie gegen den Urlaubsinfekt
Mit einer ordentlichen Dosis Aktivität verhindern Urlauber zugleich, dass der Körper vom Alltagsstress zu schnell "herunterfährt". "Viele Menschen werden im Urlaub krank, weil sie im Berufsalltag im Dauerstress sind. Der Körper schüttet deshalb das Stresshormon Kortisol aus, das seine Immunabwehr stärkt", erklärt Scharnhorst. In den Ferien verringert sich dieses Hormon. Plötzlich bekommt der Erholungssuchende dann alle möglichen Infekte.
"Um sich wirklich mental zu erholen, brauchen Urlauber zwei bis drei Wochen", betont Scharnhorst. Hilfreich kann es sein, diese Zeit nicht an ein und demselben Ort zu verbringen, sondern verschiedene Bedürfnisse im Urlaub zu befriedigen, wie einerseits die Erholung am Strand und andererseits das Kulturerlebnis während einer Städtereise.
"Bedenken Sie, dass für die meisten Menschen viele Eindrücke und eine Flut von Informationen anstrengend sind. Wer zum Beispiel eine dreiwöchige Weltreise macht, wird zwar sehr viel sehen, sich aber nicht erholen." Das Erleben von Natur sei dagegen viel entspannender.
Tipp für Paare: Mal getrennt etwas unternehmen!
Selbstverständlich gibt es unterschiedliche Urlaubstypen: Der eine kann sich den ganzen Tag am Strand dem fröhlichen Nichtstun hingeben, während der andere sich nach einem kurzen Strandspaziergang schon furchtbar langweilt. In den Ferien sollte natürlich jeder das machen, was seinem Naturell entgegenkommt. Doch wenn ein Paar, eine Familie oder ein Freundeskreis gemeinsam verreist, kann genau das zum Problem werden.
Scharnhorsts Tipp: "Im Urlaub müssen nicht alle immer aufeinander hängen, sondern jeder sollte die Freiheit haben, etwas anderes zu machen. Während der eine einen Tempel besichtigt, kann der andere am Strand liegen." Sicher finden auch die Kinder am Urlaubsort eine Alternative zur familiären Gemeinsamkeit. Wer mal getrennte Wege gehen kann, hat gleich zwei Probleme gelöst: Er muss nicht ständig auf andere Rücksicht nehmen und hat am Ende des Tages etwas zu erzählen. Und ganz nebenbei entgehen so die Reisenden viel eher den berühmt-berüchtigten Urlaubsstreitigkeiten.
"Erinnern Sie sich an Ihre schönsten Ferien. Oft sind das solche, in denen Sie nicht viel gemacht haben", betont Scharnhorst. "Natürlich gibt es Highlights wie den Besuch eines exotischen Landes. Doch häufig ist ein Urlaub dann für einen Menschen schön, wenn er spontan entscheiden kann, wann er aufsteht, was er macht und was er isst." Dieses Lust-und-Laune-Prinzip empfiehlt die Psychologin, um die Batterien wieder aufzuladen.
Es muss auch nicht immer eine exotische Reise sein. "Machen Sie einfach das, was Sie wollen. Vielleicht gehört es zu Ihren Wünschen, endlich ein neues Hobby auszuprobieren oder ein paar Tage allein und schweigend in einem Kloster zu verbringen."
Und noch ein Tipp für alle, die ihre freien Tage in Ferienwohnungen verbringen wollen: "Bedenken Sie, dass der Haushalt und die Zubereitung des Essens Arbeit ist. Sorgen Sie deshalb entweder dafür, dass alle sich an den Arbeiten beteiligen oder dass Sie zum Teil entlastet werden, indem Sie noch ein paar Tage im Hotel absteigen."
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