Die Schweizer Skigebiete beklagen eine Reihe schwacher Wintersaisons. Skipässe sollen jetzt deutlich günstiger werden, um mehr Wintersport-Fans anzulocken.

Mehr zum Thema Reise

Nach einer Reihe von schwachen Wintersaisons setzen Schweizer Skistationen auf die Kombination von grossen Rabatten auf Saisonpässen und den schwächeren Franken. Sie hoffen, damit wieder mehr Skitouristen auf ihre Pisten zu bringen.

Bereits zum zweiten Mal nach letztem Jahr bietet der Ferienort Saas-Fee im Kanton Wallis 80% Rabatt auf seinen Saisonpass. Diesen gibt es für lediglich 233 Franken. Damit will Saas-Fee mehr einheimische Gäste anlocken.

Bis jetzt konnten 77'000 so genannte "WinterCARD" verkauft werden. Letztes Jahr verkaufte der Kurort 75'000 Stück, was zu 15% mehr Übernachtungen in dortigen Hotels und Ferienwohnungen führte.

"Das ganze Tal profitierte letztes Jahr", sagt Claudine Perrothon, PR-Verantwortliche für Saas-Fee. "Mehr Leute fuhren Ski, es führte zu mehr Umsatz für die Hotels, Apartments und Geschäfte."

Die Idee scheint andere inspiriert zu haben. Gegenwärtiges Gesprächsthema ist der so genannte "Magic Pass", der 1000 Kilometer Skipisten in etwa zwei Dutzend grösseren und kleineren Skistationen in der Westschweiz und in einigen Stationen des Berner und des Freiburger Oberlands anbietet. Dieser wurde ab Frühling 2017 zu einem massiven Preisnachlass für 359 Franken verkauft (Normalpreis: 1299 Fr.). Als das Angebot beendet war, hatten die Stationen genügend Pässe verkauft, um fast den durchschnittlichen Umsatz einer Wintersaison zu erreichen.

Für Skifahrerinnen und Skifahrer gibt es dieses Jahr unterschiedliche Schnäppchen-Angebote. Dazu gehören auch Skigebiete, die Tageskarten je nach Bedarf und Witterung flexibel verkaufen, oder Spezialangebote für Familien und junge Skibegeisterte (siehe Kästchen).

Im April wird abgerechnet

Doch wird diese Lawine von Schnäppchen-Angeboten mehr Leute auf die Pisten und den Skistationen mehr Geld in ihre Kassen bringen? Oder werden wegen den Saisonkarten zu Tiefstpreisen weniger Tageskarten verkauft? Das lässt sich noch nicht beantworten, doch die Meinungen über die Vorteile dieser Strategie gehen auseinander.

Myriam Scaglione, Professorin an der Fachhochschule Westschweiz-Wallis (HES-SO), meint, Saas-Fee sein innovativ und habe positive finanzielle Resultate erreicht, ohne den benachbarten Skistationen zu schaden.

"Doch wird der Effekt der Gleiche sein, wenn wir dieses Tiefpreis-Modell anderswo kopieren?", fragte sie in der Westschweizer Zeitung 24 Heures. "Um diese Frage beantworten zu können, müssen wir das Ende der Saison abwarten", so Scaglione. Zudem erklärte sie, es sei schwierig, die Auswirkungen auf die Verkäufe von Tages- oder Wochenpässen zu messen.

Der in Genf beheimatete Skiberater Laurent Vanat, der jährlich einen globalen Bericht über Wintertourismus und Skistationen zusammenstellt, ist sich auch nicht sicher, was der langfristige Effekt sein wird.

"Einige Leute kaufen vielleicht einen solchen Pass, weil er billig ist, und gehen dann fünf, sechs Mal Ski fahren, weil sie ausgerechnet haben, dass sie nach so vielen Besuchen das Geld herausgefahren haben. Doch ich denke, es wird auch Leute geben, die den Pass kaufen und nur drei Mal hingehen", sagt er.

Kritischer zeigt sich Peter Furger, Wintersportberater aus dem Kanton Wallis: "Sie können nicht die Preise durch drei teilen, während die Personal- und Materialkosten in der Schweiz stetig steigen, und keine Konsequenzen erwarten", sagte er gegenüber 24 Heures. "Wenn Sie nicht die Anzahl der Tages-Skifahrer massiv erhöhen können, wird das Loch sogar noch grösser als letztes Jahr."

Über die letzten neun Saisons ist die Zahl der Winter-Skifahrertage in der Schweiz stetig gesunken, von 29,3 auf 21,2 Millionen – die tiefste Zahl seit mehr als 25 Jahren.

Mit ihren aggressiven Preisstrategien hoffen die Skistationen, den Trend zum Teil umzukehren. Gründe für den Rückgang sind unter anderem die langsam alternde Bevölkerung in der Schweiz, ein Überangebot an anderen Winteraktivitäten, der starke Franken und zu wenig Schnee.

An einem Pressetreffen Anfang November in Zürich äusserte sich Jürg Schmid, der abtretende Chef von Schweiz Tourismus, positiv über den kommenden Winter. Seinen Optimismus zieht er aus der Tatsache, dass der Franken kürzlich gegenüber dem Euro an Wert verloren hat. Nach zwei Saisons mit einem Wechselkurs von 1,10 Franken oder weniger pro Euro erhalten europäische Touristen gegenwärtig 1,16 Franken.

Schmid erklärte, mit einem schwächeren Franken sollte ein Skipass für europäische Besuchende 6,5% weniger kosten als letzte Saison. Während die Anzahl europäischer Feriengäste vermutlich nicht den Spitzenwert vor der Eurokrise erreichen dürfte, ist der Tourismusdirektor zuversichtlich, dass die Schweiz diesen Winter eine Menge an verlorenen Gästen wieder zurückholen kann.

Die Konjunkturforschungsstelle (KOF) der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH) erwartet diesen Winter eine Zunahme der Übernachtungen um 3,6%, zum Teil dank des schwächeren Schweizer Frankens und den damit zurückkehrenden Touristen aus Deutschland, Frankreich und Italien – doch nur bei optimalen Wetter- und Schneebedingungen.

Letztere aber bleiben unvorhersehbar. Die beiden letzten Wintersaisons liefen schlecht, besonders tiefer gelegene Stationen litten unter zu wenig Schnee. Eine im letzten Jahr veröffentlichte Studie zeigte, dass die Schweiz pro Saison etwa 40 Schneetage weniger hat als in den 1970er-Jahren, sowohl in tieferen wie auch in höheren Lagen.

Ins gleiche Horn stösst ein Bericht der Schweizer Grossbank Credit Suisse von dieser Woche, der warnt, dass bis 2035 nur ein Drittel der Schweizer Skistationen in einem durchschnittlichen Winter über genügend Schnee verfügen werden, um Skifahren anbieten zu können. Heute sind etwa 60% der rund 250 Schweizer Stationen in der Lage, dieses Versprechen einzulösen.

Zurück aus Österreich?

Laurent Vanat sagt, es gebe dieses Jahr viele "positive Signale" für Skistationen, doch Schmids Voraussagen schätzt er als recht optimistisch ein. "Ein Skipass macht nur etwa 12 bis 15% der Gesamtkosten von Skiferien aus, weshalb 6% Einsparungen nichts sind", betont er.

"In den letzten Saisons haben ausländische Besucherinnen und Besucher die Schweiz für Skistationen in Österreich verlassen. Dieser Trend wird irgendeinmal enden, er ist nicht elastisch. Doch werden sie zurückkommen?", fragt er sich.

"Das ist die schwierige Frage, denn das Angebot in Österreich ist sehr gut. Die haben jetzt viele miteinander verbundene Stationen und gute Lifte. Eine grosse Rolle spielt die Beherbergung, und ich denke, dass viele österreichische Feriensportorte ein viel besseres Preis-Leistungs-Verhältnis bieten als schweizerische."

Seiner Meinung nach steht der Schweizer Wintersport-Tourismus vor zwei Herausforderungen. "Es geht zum Teil um die Demografie, aber auch um Bequemlichkeit. Skifahren steht in Konkurrenz mit vielen anderen Aktivitäten, und die meisten von ihnen sind viel bequemer als Ski zu fahren. Die gute Nachricht ist aber, dass es viel Spielraum gibt, das Skierlebnis zu verbessern", sagt Vanat.

Neben besseren Übernachtungsmöglichkeiten sind dies laut dem Skiberater kleine Veränderungen, die "einen grossen Unterschied machen" könnten. Dazu gehören eine Zentralisierung der Ticketverkäufe und Dienstleistungen, die Lieferung von Miet-Skis direkt in Unterkünfte und Chalets oder Ski- und Skischuh-Schliessfächer in der Nähe der Skilifte.

"Wenn man hier in einigen Stationen Skis mieten will, muss man zum einen Ort gehen, an einen anderen Ort, um das Ticket zu kaufen, und die Skischule bucht man noch einmal anderswo. Zum Teil ist auch der Autoparkplatz nicht in der Nähe. Das bedeutet, dass man an fünf verschiedene Orte gehen muss, bis man auf der Piste ist. Wenn man allein ist, geht das noch, aber mit zwei, drei kleinen Kindern ist das ein Albtraum", so Vanat.


(Übertragung aus dem Englischen: Christian Raaflaub)

  © swissinfo.ch

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.