Sprengstoff und Rauschgift, Geld und Kaviar, Elfenbein und Schimmel - für Spürhunde alles kein Problem. Sogar Bettwanzen können ausgebildete Hunde finden. Ein Team aus Frankfurt ist darin europaweit führend.
Cora steckt ihre Nase in jede Nische und schnüffelt an jeder Ritze in der Boeing 747. Nach rund 50 Sitzen braucht die Altdeutsche Schäferhündin eine Pause.
Wann Cora die Lust an ihrer anstrengenden Arbeit verliert, merkt Larry Hansen vom Frankfurter Flughafenbetreiber Fraport ganz genau. Er ist der Hundeführer der Bettwanzen-Spürhündin und ein Pionier auf diesem Feld in Europa.
Bettwanzen erobern weltweit Hotels, Wohnungen und Verkehrsmittel - denn die winzigen Blutsauger reisen als blinde Passagiere in Koffern, Kleidern und Kisten um den Globus.
Hansen hat bei der Hundestaffel der Fraport viele Jahre Erfahrung mit Sprengstoff-Spürhunden gesammelt. Als sein Hund in Rente ging und der Bedarf an diesen Spürnasen am grössten deutschen Flughafen mehr von der Polizei übernommen wurde, kam er auf die Idee mit den Bettwanzen.
"In den USA gab es solche Hunde schon", erzählt der Hundeliebhaber. Kurzerhand machte er in Florida den Ausbilderschein.
Eine Anfrage bei Fluggesellschaften und Hotels ergab: "Der Bedarf ist da." Ein Hotel habe sofort geantwortet: "Wenn ihr das macht, bin ich euer erster Kunde."
In den USA, Kanada und Australien verbreitet
Bettwanzen sind wenige Millimeter grosse Insekten - und seit Jahren auf dem Vormarsch. Besonders verbreitet sind die nachtaktiven Sechsbeiner nach Einschätzung von Fachleuten in den USA, Kanada und Australien.
"Überall, wo Menschen sind, können Bettwanzen sein, auch in der U-Bahn oder im Kino", sagt Hundeführerin Marisa Manzano aus Hansens Team.
Arlette Vander Pan vom Umweltbundesamt sagt: "Jeder Geschäftsreisende kann Bettwanzen bekommen." Mit mangelnder Hygiene habe dies nichts zu tun.
Reaktionen auf Kontakt sind unterschiedlich
Einige Menschen reagierten auf einen Stich sofort, andere erst sieben und mehr Tage später. "Die Reaktion und der Juckreiz können sehr unterschiedlich ausfallen, von einigen Punkten über flächigen Rötungen und riesige Pusteln bis zu enormen Entzündungen."
Gefährlich seien die Blutsauger aber nicht: "Bettwanzen übertragen ausserhalb des Labors keine Krankheiten", sagt die Wissenschaftlerin. "Sie drücken eher auf die Psyche." Viele Menschen hätten Angst vor dem Problem. "Das Übernachtungsgewerbe spricht auch nicht so gerne darüber."
Geschäft mit Suchhunden wächst
Das Geschäft im Kampf gegen die kleinen Tierchen wächst. Der Geschäftsführer des Deutschen Schädlingsbekämpfer-Verbands, Andreas Beckmann, sagt: "Wir haben zunehmende Einsätze mit steiler Verlaufskurve."
Hansens Team bekommt gut ein Jahr nach dem Start so viele Anfragen von Fluggesellschaften und Hotels, dass es mit seinen inzwischen drei Bettwanzen-Spürhunden nicht mehr nachkommt.
"In Hotels gehen wir nur noch, wenn es die Auftragslage zulässt", sagt Hansen. "Wir hoffen, dass das wieder besser wird, wenn wir die Ausbildung unseres vierten Hundes abgeschlossen haben."
Vier bis sechs Monate dauert die Ausbildung für Mensch und Tier - bei täglichem Training. Kosten: etwa 10 000 Euro.
Hansen macht sich als Mitglied des Vorstands der nicht-kommerziellen Bed Bug Foundation (Bettwanzenstiftung) für die Zertifizierung der Ausbildung von Bettwanzen-Spürhunden in mehreren europäischen Ländern stark. Damit soll ein einheitlicher Standard geschaffen werden. "Eine tolle Idee", findet Vander Pan vom Umweltbundesamt.
Erfolgsquote von über 90 Prozent
Schädlingsbekämpfer Beckmann hält es ebenfalls für wichtig, "dass der Hund richtig trainiert wird". Eine Erfolgsquote von mehr als 90 Prozent, wie sie Hansen sieht, sei möglich - "wenn alles funktioniert".
Die Vorteile der tierischen Schädlingsbekämpfer gegenüber dem Menschen beschreibt Beckmann so: "Wir brauchen deutlich länger." Zudem müssten Kammerjäger bei ihrer Suche etwa Teppiche rausreissen und Fussleisten abmontieren.
Hansen sagt, seine Hunde erkennen nicht nur Wanzen aus Deutschland, sondern auch aus anderen Ländern. Sein Team habe das mit Insekten von verschiedenen Kontinenten getestet, inzwischen züchten sie die Winzlinge sogar selbst.
Bis zu drei Flugzeuge täglich
Ein bis drei Flugzeuge schaffen Hansens Bettwanzen-Spürhunde pro Tag. In den Flugzeugen werden die Hunde jedoch nur ganz selten fündig: "Die Airlines machen das präventiv, damit sie kein Problem bekommen", sagt Hansen.
Vor allem in Flugzeugen aus Nordamerika und Kanada liessen einige nach den Blutsaugern suchen. "Wenn sich was im Sitzbezug findet, brauchen sie nur den Bezug auszutauschen."
Als Schäferhündin Cora nach ihrem Einsatz in der Boeing 747 aus Kanada Pause macht, übernehmen Jack, ein Australischer Cattle Dog, und Hundeführerin Manzano.
Der agile Jack springt bei seiner Suche auf jeden Sitz und beginnt bald vor Anstrengung zu hecheln. "Die normale Körpertemperatur des Hundes liegt bei 38,3 bis 39 Grad", erklärt das Hansen. "Wenn ein Hund sucht, geht seine Temperatur um etwa ein Grad hoch."
In der Maschine aus Kanada finden Cora und Jack nichts. Damit sie motiviert bleiben und trotzdem Erfolgserlebnisse haben, verstecken ihre Führer zum Schluss für jedes Tier ein Röhrchen mit selbstgezüchteten Bettwanzen. Beide Hunde zeigen an. Zur Belohnung wird gespielt. © dpa
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