- Die Wintersportsaison steht vor der Tür, aber können wir überhaupt mit gutem Gewissen über die Piste heizen?
- Die Auswirkungen des Skifahrens auf die Umwelt sind vielfältig und leider nicht sehr umweltfreundlich.
- Tipps, wie Sie trotz Skifahren auf die Umwelt achten können.
Der Herbst wird allmählich dunkler und kälter, es nähert sich der Winter. Mit ihm kommt auch der Schnee (zumindest in den Bergen) und die Wintersportsaison. Die letzte Saison ist für viele Wintersportler pandemiebedingt ausgefallen, was für viel Wehmut sorgte. Umso grösser ist jetzt die Vorfreude auf Pistenspass, Alpenpanorama und Après-Ski. Doch können wir überhaupt mit gutem Gewissen über die Pisten heizen oder begehen wir damit nicht eine riesige Umweltsünde?
Fliegen, Fleischessen, Autofahren – all diese Handlungen schädigen bekannterweise unser Klima. Der Staat und der Einzelne unternimmt mehr oder weniger ernste Anstrengungen, um Alternativen zu finden und damit den ökologischen Fussabdruck zu minimieren. Es gibt einen gesellschaftlichen Druck, das eigene Verhalten so gut wie möglich anzupassen, weniger Fleisch zu essen, öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen, ja sogar das Wort "Flugscham" hat es in den deutschen Sprachgebrauch geschafft. Doch wie stehen die Dinge eigentlich beim Skifahren, das jeden Winter Millionen Deutsche in die Skigebiete treibt?
Die Auswirkungen des Skifahrens auf die Umwelt sind vielfältig. Von der Planierung des Bodens bis hin zu künstlichem Schnee – jedes noch so kleine Detail trägt zu Emissionen bei und hat damit Konsequenzen.
Landschaft und Gelände
Um überhaupt den Platz für Skipisten in den Bergen zu haben, müssen zuvor oft Wälder gerodet, Felsen aus dem Weg gesprengt und teilweise sogar Flüsse umgeleitet werden. Dies ist ein massiver Eingriff in die Natur und zerstört den Lebensraum vieler Tiere und Pflanzen. Der Boden wird planiert, was dafür sorgt, dass Wasser nicht mehr aufgenommen werden kann. Dies führt zu Überschwemmungen, Geröll- und Schlammlawinen. Und natürlich sind die Bedingungen für Pflanzen, im Sommer zu wachsen, stark erschwert. Nicht nur für die Pisten muss die Landschaft verändert werden, auch für Parkplätze, Zufahrtsstrassen, Hotels, Restaurants, Campingplätze und Liftanlagen werden riesige Flächen plattgewalzt und bebaut.
Auf der Piste
Skigebiete brauchen eine Sache ganz dringend: Schnee. Ohne die weissen Flocken funktioniert es eben einfach nicht. Leider fällt der aufgrund des Klimawandels schon immer später und auch weniger. Es kommen dann Schneekanonen zum Einsatz, die Kunstschnee auf die Piste pusten. Dafür wird jede Menge Energie und Wasser verbraucht, die dann wieder Mitverursacher des Klimawandels sind. Ein Teufelskreis.
Für den Kunstschnee wird das Wasser vor Ort angezapft, manche Flüsse führen deswegen bis zu 70 Prozent weniger Wasser. Weil aber auch das den riesigen Bedarf nicht deckt, werden künstliche Wasserdepots ausgehoben, über 400 gibt es davon allein in Österreich. Diese stellen einen erneuten Eingriff in die Natur dar. Ist das Wasser allerdings einmal im Skigebiet, befindet es sich in einem Wasserkreislauf und muss nicht ständig neu gewonnen werden.
Ein anderes Problem des Kunstschnees ist, dass er dichter ist als der echte Schnee. Das und die Präparierung der Pisten sorgen dafür, dass die Luftzufuhr zum Boden und auch der gesamte Wasserhaushalt gestört ist, was wiederum Auswirkungen auf die Pflanzenwelt hat.
Der Wald und seine Bewohner
Die Pisten und bebauten Gebiete sind nicht die einzigen Orte, an denen Wintertouristen in die Natur eingreifen. Wer abseits der Piste fährt oder wandert, verändert zwar nicht die Landschaft, stört dafür aber die Tiere, die sich dort aufhalten. Besonders im Winter ist das kritisch, da die Tiere lange Ruhephasen benötigen, um Energie zu sparen und so durch die kalte Jahreszeit zu kommen. Im schlimmsten Fall müssen sie immer wieder vor Menschen flüchten, verbrauchen ihre Reserven und sterben so den Erschöpfungstod. Auch der Lärm, der vor allem abends durch die Schneekanonen und Pistenbullys entsteht, sowie Flutlicht auf den Pisten, stört den natürlichen Rhythmus der Waldbewohner.
Anfahrt
Trotz all dieser Faktoren ist eine simple und offensichtliche Klimasünde der Hauptemissionstreiber. Die Anfahrt im Auto. Laut der ETH Zürich macht diese bei einem einwöchigen Skiurlaub 75 Prozent der Emissionen aus. Das liegt vor allem daran, dass die meisten Urlauber und Urlauberinnen eben nicht in den Alpen wohnen, sondern von weit her anreisen. Die unbequeme Alternative, mit der Ausrüstung in Bus und Bahn anzureisen, ist höchst unbeliebt. Nur etwa fünf Prozent der Wintertouristen reisen mit den Öffis an. Auch müssen für die vielen Autos Parkplätze, breite Strassen und Tankstellen gebaut werden.
Skifahren und dennoch auf die Umwelt achten
All diese Auswirkungen hören sich abschreckend an. Am besten wäre es für die Natur sicher, wenn niemand mehr Skifahren würde. Für den Menschen allerdings hängen viele Arbeitsplätze, Infrastruktur und auch Nostalgie am Wintersport. Was, wenn wir nun doch nicht bereit sind, das Skifahren gänzlich aufzugeben, aber trotzdem auf die Umwelt achten wollen?
Für den einzelnen Skifahrer und die einzelne Snowboarderin gibt es einige Dinge, die man beachten kann.
Zuallererst die Anreise. Wer mit Bus und Bahn anreist, spart viel CO2 ein. Wer nicht Ski und Schuhe mitschleppen möchte, kann zum Beispiel auch Boards und Schuhe im Skigebiet leihen. Bei der Urlaubsplanung ist auch zu beachten, dass ein längerer Urlaub schonender ist als mehrere kurze Fahrten. Die CO2-Bilanz der Tagestouristen ist die höchste.
Im Skigebiet sollte man in Pistennähe bleiben, um Tiere nicht zu stören. Das schützt auch vor Lawinenunfällen. Auch hilft es, sich nicht auf das Abfahrts-Skifahren zu versteifen. Langlaufen, Rodeln und Skitouren sind oft weniger schädliche Alternativen. Dabei sollte man aber auch darauf achten, in den ausgeschriebenen Gebieten zu bleiben. Weiter lohnt es sich, in kleinere Skigebiete zu fahren, die auf Neuerschliessungen und künstliche Beschneiung verzichten. Wenn nicht genug Schnee liegt, kann man ja auch mal wandern gehen oder den Wellness-Bereich nutzen. Für Hotels und Restaurants gibt es verschiedene Siegel, die Bemühungen wie Wassersparmassnahmen, Strom aus regenerativen Energien und Regionalität sowie Saisonalität der Produkte auszeichnen.
Umweltschutz, der über den Einzelnen hinaus geht
Als "Alpine Pearls" haben sich 19 Orte in den deutschen, österreichischen, französischen, italienischen und slowenischen Alpen zusammengeschlossen, die auf den Umweltschutz achten. Hier muss die Mobilität mit den öffentlichen Verkehrsmitteln garantiert werden, Konzepte für schonenden Tourismus und Müllvermeidung Verwendung finden und das ursprüngliche Ortsbild beibehalten werden. Wer Bergbahnen oder Schneekanonen betreibt, muss dabei zu mindestens 80 Prozent auf erneuerbare Energien zurückgreifen.
Noch mehr als der oder die Einzelne können auch die Bahnbetreiber und Skigebiete einen grossen Beitrag leisten. Die Silvrettabahn in Ischgl wirbt mit dem grossen Versprechen, klimaneutral zu sein. Sie sparen CO2 ein und unvermeidbare Emissionen werden über Klimaschutzprojekte ausgeglichen. So super, wie sie sich darstellen, ist das natürlich nicht. Auch erneuerbare Energielieferanten wie Stauseen sind ein Eingriff in die Alpenlandschaft und dem österreichischen Rotwild hilft das Klimaschutzprojekt in Peru nichts.
Skigebiete können als Massnahme die Bus- und Bahnanreise z.B. durch Kombitickets fördern, Ausleihen von Material günstiger anbieten und ausreichend Rückzugsräume für Tiere und Naturschutzgebiete festlegen. Auch die Investition in alternative Wintersportarten und mehr Angebote für den Sommertourismus sind ein wichtiger Beitrag. Denn um auch im Sommer attraktiv zu sein, darf man nicht die ganze Landschaft verschandeln und man kann über das ganze Jahr Gewinn erwirtschaften. So ist man nicht auf hohe Besucherzahlen im Winter angewiesen, die dann für städtische Verhältnisse sorgen.
Auswirkungen des Klimawandels sind schon jetzt auf der Piste zu spüren
Die Auswirkungen des Klimawandels sind schon jetzt für Wintersportler zu spüren. Die Gletscher schmelzen, die Schneefallgrenze steigt. Wenn die globalen Emissionen nicht verringert werden, wird die Schneedecke bis zum Ende des Jahrhunderts um 70 Prozent reduziert werden. Wem also etwas am Wintersport liegt, der sollte sich auch für eine Nachhaltigkeitsreform und allgemein für den Umweltschutz einsetzen. Es geht darum, Lösungen zu finden, Vergnügen und Verantwortung zu vereinbaren. Und wenn jeder an den Stellschrauben dreht, die er selbst beeinflussen kann, kann sich vieles bewegen. Dazu braucht es Druck auf Betreiber und Verantwortliche von Skigebieten, laute Stimmen und Initiative. Und zwar schnell, denn uns rennt die Zeit davon.
Verwendete Quellen:
- Slf.ch: Schnee und Klimawandel
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