Berlin (dpa/tmn) – Flüchtlinge, Erdogan, Trump, der Brexit: Es sind unruhige Zeiten mit vielen Umbrüchen. Terroranschläge wie der am Dienstagabend auf dem Atatürk-Flughafen in Istanbul tragen ebenfalls erheblich zu Verunsicherung in der Gesellschaft bei. Hat all das auch Einfluss auf das Reisen?

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Spielen Angst sowie Image und Politik eines Landes heute eine grössere Rolle bei der Urlaubswahl als früher? Antworten gibt die Vorsitzende der Geschäftsführung beim Veranstalter Thomas Cook, Stefanie Berk, im Interview mit dem dpa-Themendienst.

Ganz grundsätzlich gefragt: Wie politisch ist der Urlauber, der bei Ihnen ins Reisebüro kommt?

Nicht so wahnsinnig politisch. Aber natürlich interessiert die Weltlage. Im Gespräch mit dem Kunden spielen die Themen Terrorgefahr und Flüchtlinge schon eine Rolle. Da gibt es immer wieder Rückfragen.

Davon dürfte es nach dem erneuten schweren Terroranschlag in Istanbul nun besonders viele geben. Wie wirkt sich solch ein Anschlag auf die Fragen und auf die Buchungsentscheidungen im Reisebüro aus?

Der Anschlag macht uns alle sehr betroffen und ist für das Reiseland Türkei ein erneuter Rückschlag. Bei den Reisenden nehmen wir unmittelbar nach solchen Ereignissen in der Regel erstmal eine Art Innehalten wahr. Viele warten dann ab, wie sich die Lage weiter entwickelt, der Tag danach ist ein schlechter Buchungstag. Aber die Buchungen entwickeln sich dann meist langsam wieder aufwärts. Denn für die Feriengebiete im Süden der Türkei um Antalya schätzen auch die Gäste die Sicherheitslage anders ein als in Istanbul und Ankara.

Auch mittelfristig wirkt sich solch ein Anschlag also nicht auf die Buchungen für die Badeziele aus?

Die Häufung der Anschläge in diesem Jahr hat natürlich ihre Auswirkungen gehabt auf die Türkei-Buchungen, das kann man ja auch an den offiziellen Einreisezahlen ablesen. Insgesamt muss man sagen, dass nach den Anschlägen - auch zum Beispiel denen in Paris im vergangenen Jahr - eine allgemeine Verunsicherung eingesetzt hat. Die führt dazu, dass man sich nirgendwo mehr sicher fühlt. Jetzt in der Haupturlaubszeit und in der Phase mit Last-Minute-Buchungen stellt man aber doch fest, dass die Leute weg wollen. Alle wollen in Urlaub. Und da sehen wir bei den Reiseströmen in diesem Jahr den Trend zum westlichen Mittelmeer, zu Autozielen und zu Fernzielen - und damit eine geringere Nachfrage nach Zielen in Nordafrika und der Türkei.

So viel zum Thema Sicherheit. Oft wird ja gesagt, dass der Urlauber sich dafür interessiert, nicht aber für die Politik des Reiselandes. Wenn man sich die Türkei und Erdogan anschaut: Spielt das Image eines Landes wirklich keine Rolle bei der Urlaubswahl?

Doch, das Image spielt immer eine Rolle. Aber für einen typischen Neckermann-Urlauber, der in der Hauptsaison mit seiner Familie verreist, sind andere Kriterien ausschlaggebend – vor allem das Preis-Leistungsverhältnis. Ich hätte gedacht, dass die Politik zumindest bei den Deutschtürken, die bei uns mit Öger Tours verreisen, noch mehr Auswirkungen hat. Aber das ist nicht so.

Bewertet ein Sonne-und-Strand-Urlauber das Image eines Landes anders als ein Urlauber im Premiumbereich?

Menschen mit einer grossen Reisekasse haben sowieso die freie Auswahl und sind dadurch generell flexibler als Urlauber, die genau schauen müssen, was sie wo für ihr Budget bekommen. Wir sehen bei Paaren eher einen Schwenk zu anderen Reisezielen als bei Familien, für die der Preis zählt. Generell will jeder Gast Sicherheit, Ruhe und Entspannung – das, was er im Alltag nur schwierig bekommt.

Die politische Weltlage beschäftigt die Menschen sehr, viele sind aufgebracht. Gibt es mehr Beratungsbedarf im Reisebüro?

Die Beratungsgespräche dauern länger, die Kunden sind unentschlossener. Sie lassen sich alle Optionen zeigen und überlegen dann lange. Die Urlaubsentscheidung dauert deutlich länger als in der Vergangenheit.

Glauben Sie, ein möglicher Präsident Trump könnte einen Effekt auf die Nachfrage nach USA-Reisen haben?

Der Hauptfaktor für die Nachfrage ist der Dollarkurs, und das seit Jahren schon. Ich würde sagen, es gibt 10 bis 15 Prozent 'politische Gäste', die dann nicht in die USA reisen würden. Aber die überwiegende Mehrheit lässt sich von anderen Faktoren leiten. Das kann man aber nicht statistisch sagen, das ist nur mein persönlicher Eindruck.

Welche Auswirkungen wird der Brexit auf Reisen nach Grossbritannien haben?

Das könnte zum Beispiel für London-Reisen durchaus einen positiven Effekt im kommenden Jahr haben. Das Pfund war ja bislang recht stark und hat jetzt abgewertet. Aber Grossbritannien ist für uns als deutscher Veranstalter kein grosser Markt.

Die Gesellschaft wirkt sehr polarisiert – die Welt des Reisens davon aber recht unbeeinflusst. Denkt beim Urlaub jeder nur an sich?

Am Ende geht es um die Frage: Was betrifft mich im Urlaub? Gerade in einer schwierigen Welt braucht der Mensch Abstand und Erholung. Urlaub ist da nicht wegzudenken. Es gibt ein ganz starkes Bedürfnis, weiterhin zu reisen. Die Leute wollen die Welt entdecken. Dafür sprechen auch die starken Buchungszahlen auf der Fernstrecke.   © dpa

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