Seit 70 Jahren stellen sich Forschende am Cern in Genf den grossen Fragen des Universums. Am 29. September 1954 ratifizierten sieben der damaligen zwölf Mitgliedstaaten das Übereinkommen zur Gründung des "Conseil européen pour la recherche nucléaire" (Cern).

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Damit war das Forschungszentrum offiziell gegründet. Mit dem neuen Forschungszentrum wollten die Gründerinnen und Gründer die während des Zweiten Weltkriegs eingesetzte Abwanderung von Fachkräften in die USA stoppen, wie das Cern auf seiner Webseite schreibt. Wichtig war ihnen dabei, die friedliche Forschung zu fördern. "Die Organisation befasst sich nicht mit Arbeiten für militärische Zwecke", hiess es im ratifizierten Übereinkommen zur Errichtung des Cerns. Stattdessen sollten die am Cern gemachten Entdeckungen allgemein zugänglich gemacht werden.

Das Kerngeschäft des Cern ist seit diesem Moment nichts weniger als die Erforschung des Universums. "Unsere Arbeit hier wird dazu beitragen, herauszufinden, woraus das Universum besteht und wie es funktioniert", heisst es vom Cern. So versuchen Physikerinnen und Physiker am Cern etwa herauszufinden, was in den ersten Sekunden nach dem Big Bang, der Geburtsstunde des Universums, geschah.

Die Entdeckung des Higgs-Teilchens

Um den Zustand unmittelbar nach dem Urknall zu simulieren, lassen Forschende im "Large Hadron Collider" (LHC) Protonen oder Ionen mit hoher Energie aufeinanderprallen. Mit seinem 27 Kilometer langen, ringförmigen Tunnel 100 Meter unter der Erde im schweizerisch-französischen Grenzgebiet, ist der LHC der grösste Teilchenbeschleuniger der Welt.

Am 4. Juli 2012 gelang in einem dieser Experimente der Nachweis des Higgs-Bosons. Mit dieser Entdeckung sorgte das Cern für weltweite Aufregung. Denn Forschenden hatten Jahrzehntelang nach dem Teilchen gesucht. Die Forscher Peter Higgs, François Englert und Robert Brout hatten das Higgs-Teilchen in den 1960er-Jahren theoretisch vorgeschlagen, um zu erklären, warum andere Elementarteilchen Masse haben. Dem Modell zufolge wird das Universum von einem Higgs-Feld durchzogen, das andere Teilchen bremst. Wäre die Existenz des Higgs-Teilchens ausgeschlossen worden, wäre das gesamte Erklärungsmodell der Physiker zum Grundaufbau der Materie auf der Kippe gestanden.

Wie am Cern das Internet entstand

Quasi als Nebenprodukt dieser Grundlagenforschung entstanden in Genf auch so einige Dinge, die jeder und jede im Alltag spürt. So ist das Cern der Geburtsort des "World Wide Web" (WWW). Der britische Wissenschaftler Tim Berners-Lee erfand das World Wide Web 1989, um den Informationsaustausch zwischen Wissenschaftlern in Universitäten und Instituten auf der ganzen Welt zu vereinfachen. Die erste Webseite der Welt lautete info.cern.ch. Im April 1993 stellte das Cern den Programmcode des World Wide Web (WWW) der Öffentlichkeit zur Verfügung.

Ausserdem fanden Technologien, die ursprünglich für die Teilchenphysik entwickelt wurden, Anwendung in der Medizin. So etwa die Positronen-Emissions-Tomographie (PET). Im Cern werden damit Teilchen gemessen, in der Medizin machen sogenannte PET-Scans Zellen oder Gewebe sichtbar, die viel Energie verbrauchen, darunter entzündetes oder Tumorgewebe.

Zu den Materialien und Prozessen, die am Cern für Experimente entwickelt wurden, gehören auch besonders leistungsstarke Sonnenkollektoren und die Touch-Screen-Technologie.  © Keystone-SDA

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