Das Waadtländer Berufungsgericht hat am Montag den Freispruch für sechs Lausanner Stadtpolizisten in einem Fall von mutmasslicher Polizeigewalt bestätigt. 2018 war ein Drogendealer bei einem Polizeieinsatz ums Leben gekommen.

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Der 39-jährige Nigerianer hatte sich bei einer Drogenkontrolle in Lausanne widersetzt und war bei seiner Festnahme durch die sechs angeklagten Polizisten ums Leben gekommen. Nach einem Freispruch in erster Instanz im Juni 2023 und einem dreitägigen, aufsehenerregenden Berufungsverfahren lag es an den drei Richtern des Berufungsgerichts zu entscheiden, ob sich die sechs Beamten der fahrlässigen Tötung schuldig gemacht hatten.

Zudem mussten die Richter auch über Amtsmissbrauch urteilen, der in zweiter Instanz als Anklagepunkt hinzugefügt worden war. Sie sprachen die Polizisten in beiden Punkten frei.

Die Richter verwiesen insbesondere auf die gerichtsmedizinischen Gutachten. Diese hatten festgestellt, dass es unmöglich sei, mit Sicherheit zu sagen, dass der Dealer aufgrund des Polizeieinsatzes und insbesondere aufgrund des Festhaltens in Bauchlage gestorben sei.

Das Berufungsgericht befand ausserdem, dass die Polizisten ihre Sorgfaltspflicht nicht "schuldhaft" verletzt hätten. Der Nigerianer habe "nie aufgegeben, sich mit heftigem Widerstand zu wehren", argumentierten sie.

"Einsatz verhältnismässig"

"Man kann den Polizisten nichts vorwerfen. Die Festnahme war gerechtfertigt, legitim und verhältnismässig", sagte der Gerichtspräsident. Der Herz-Kreislauf-Stillstand sei somit unabhängig von der Art und Weise der Positionierung des Opfers eingetreten, so die Richter.

"Die Ursachen für seinen Tod sind multifaktoriellen Ursprungs", erklärten sie, wie es auch das Strafgericht in Lausanne getan hatte. Damit schlossen sie einen kausalen Zusammenhang zwischen der Art und Weise des Eingreifens der Polizisten und dem Tod des festgenommenen Nigerianers aus.

Weiterzug wahrscheinlich

Der Anwalt der Familie des Opfers, Simon Ntah, hatte eine Verurteilung der Polizisten gefordert. Seiner Ansicht nach haben die Polizisten bei der Festnahme unverhältnismässig viel Gewalt angewendet. Nach der Urteilsverkündung wollte er sich nicht äussern. Er hatte jedoch immer angedeutet, dass er den Fall bis zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) weiterverfolgen würde.  © Keystone-SDA

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