Ein Chemieunfall in Schweizerhalle bei Pratteln BL ist in der Nacht auf Samstag offenbar glimpflich ausgegangen. Verletzt wurde niemand. Messungen hätten zu keinem Zeitpunkt erhöhte Werte angezeigt, bilanzierte die Polizei am Samstagmorgen.
Nach rund sieben Stunden haben die Einsatzkräfte kurz nach 04.00 Uhr früh definitiv Entwarnung gegeben, wie aus einer Mitteilung der Baselbieter Kantonspolizei vom Samstag hervorging. Zuvor war die Bevölkerung über Alertswiss sowie Radiodurchsagen vorsorglich gewarnt worden.
Auslöser der Warnungen war ein Austritt von Acetylchlorid aus einem Produktionsgebäude der Firma Cabb kurz nach 21.00 Uhr. Der Austritt führte zu einer gut sichtbaren Säurewolke und starken Geruchsbelästigungen.
Die Flüssigkeit Acetylchlorid oder Essigsäure werde als Zwischenprodukt im Werk verwendet, sagte ein Sprecher der Firma Cabb auf Anfrage. Die Einsatzkräfte seien sofort vor Ort gewesen, teilte das Unternehmen mit. Wie es zum Stoffaustritt gekommen ist, und wie gross die ausgetretene Menge war, war zunächst noch unklar. Eine Untersuchung des Zwischenfalls sei im Gang.
Über 200 Einsatzkräfte
Zur Bekämpfung der Havarie wurden gemäss der Polizeimitteilung sämtliche notwendigen Einsatzkräfte aufgeboten. Durch den Kantonalen Führungsstab seien ein Schadenplatzkommando zur Bewältigung des Ereignisses eingesetzt und der Kommandoposten in Liestal hochgefahren worden.
Im Einsatz gestanden hätten über 200 Einsatzkräfte verschiedener Ereignisdienste. Über die von den Behörden eingerichtete Kantonale Notfall-Hotline seien über 500 Anrufe eingegangen.
Vorsorgliche Warnung
Der Kanton Basel-Landschaft warnte über den Warndienst des Bundesamts für Bevölkerungsschutz Alertswiss vor einem möglicherweise giftigen Stoffaustritt. Die Warnung galt auch für die Stadt Basel und Umgebung.
Die Bevölkerung war zwischenzeitlich angehalten, sich nicht im Freien aufzuhalten. Fenster und Türen sollten geschlossen und Lüftungen ausgeschaltet bleiben. Die Warnung sei vorsorglich erfolgt, sagte ein Sprecher der Kantonspolizei Basel-Landschaft am Freitagabend zu Keystone-SDA.
Cabb bedauert das Ereignis. Werkleiter Uwe Müller: "Wir verfügen über ein umfassendes Sicherheitsdispositiv und Einsatzmanagement, das bei einem Ereignis sofort zum Tragen kommt. Das war auch hier der Fall. Es ist eine Tatsache: In der chemischen Produktion arbeiten wir mit Stoffen und Produkten verschiedener Gefahrenklassen. Diesen Gefahren sind wir uns aber jederzeit bewusst und beherrschen diese."
Wiederholt Chemieunfälle
Bereits in der Vergangenheit war es in Gebäuden im Raum Schweizerhalle BL zum Austritt chemischer Stoffe gekommen. Die grösste Chemiekatastrophe ereignete sich 1986, nachdem in einer Lagerhalle der Chemiefirma Sandoz Feuer ausgebrochen war.
Bei der Firma Cabb selber war es in jüngerer Vergangenheit ebenfalls wiederholt zu Zwischenfällen mit Chemikalien gekommen. Im Mai 2021 wurden sechs Menschen nach einem Austritt von Chemikalien verletzt. 2014 war es sogar zu einem Todesfall gekommen.
Nach wiederholten Zwischenfällen hatten 2016 der Werksleiter und ein Anlagenverantwortlicher das Unternehmen verlassen. Trotz des damals eingeleiteten Neuanfangs und Sicherheitsüberprüfungen kam es in den darauf folgenden Jahren erneut zu Zwischenfällen.
Die Cabb Group ist eines der führenden Unternehmen in der Herstellung und Entwicklung von kundenspezifischen Wirkstoffen im Bereich Crop Science. Cabb stellt ausserdem hochspezialisierte Inhaltsstoffe für Kunden aus der Life-Science und Performance-Materials-Branche her. Im Geschäftsjahr 2022 setzte die Gruppe mit rund 1.200 Mitarbeitern über 755 Millionen Euro um. © Keystone-SDA
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