Der Bundesrat hat am Mittwoch seine wöchentliche Sitzung in Neuenburg abgehalten. Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter wählte diesen Ort nicht zufällig aus. Am Nachmittag nahm der Bundesrat ein Bad in der Menge.

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Als Teenager besuchte die St. Gallerin die Handelsschule in Neuenburg. "Ich habe eine besondere Verbindung zum Kanton und zur Stadt", sagte die Bundespräsidentin vor den Medien im Hof des Neuenburger Schlosses.

"Hier habe ich Französisch gelernt, in einer Klasse von Suisses-totos" (etwas despektierliche Bezeichnung für Deutschschweizer), erinnerte sich Keller-Sutter und erwähnte, dass sie in Colombier einen Freund gehabt habe. Neben den Erinnerungen an die Stadt Neuenburg und die Seeufer habe bei ihr die damalige Krise der Uhrenindustrie einen prägenden Eindruck hinterlassen.

Zu aktuellen Themen äusserte sich die Bundespräsidentin nicht. Im Zusammenhang mit dem Handelskonflikt mit den USA bekräftigte sie lediglich, dass man einen "kühlen Kopf" bewahren und nach einer Lösung suchen müsse, mit "Gedanken an die Uhrenindustrie". Die Uhrenindustrie ist für den Kanton Neuenburg und auch die gesamte Schweizer Exportindustrie von besonderer Bedeutung.

In Bezug auf die Bundesratssitzungen "extra muros", also ausserhalb der Mauern des Bundeshauses, sprach Keller-Sutter von einem Element des "nationalen Zusammenhalts": Die Tagesordnung sei nicht zu schwer befrachtet, um den Zeitplan einhalten zu können.

Die Bundesratsmitglieder tauschten sich auch "informell" mit dem Neuenburger Staatsrat aus, dessen Präsidentin Florence Nater sie am frühen Morgen offiziell in Neuenburg empfangen hatte.

Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter war eine beliebte Gesprächspartnerin beim Apéro mit der Neuenburger Bevölkerung. Die St. Gallerin spricht als ehemalige Dolmetscherin fast perfekt Französisch © KEYSTONE/ANTHONY ANEX

Nach ihrer Sitzung begab sich der gesamte Bundesrat ins Stadtzentrum, wo eine Begegnung mit der Bevölkerung stattfand. Die Bundespräsidentin sprach von einem Moment der "Geselligkeit und Freundschaft". Dies sei eine "schöne Tradition", sagte sie.

Apéro mit der Bevölkerung

Bei strahlendem Sonnenschein und angenehmen Temperaturen bekamen rund 300 Teilnehmerinnen und Teilnehmer während eines Apéros die Gelegenheit, die Bundesrätinnen und Bundesräte anzusprechen, um ihnen Fragen zu stellen. Diese Tradition sei "eine gute Gelegenheit, um zuzuhören und in einen Dialog zu treten", der nicht technisch sei, sagte die Bundespräsidentin. Mit von der Partie war auch der Gemeinderat (Exekutive) der Stadt Neuenburg.

Die Bundespräsidentin schwärmte in ihrer Rede von Neuchâtel als ihrer "Herzensstadt" und hob die Qualität des Französisch im Kanton Neuenburg hervor. Dort werde das beste Französisch der Westschweiz gesprochen, so Keller-Sutters schmeichelhafte Worte. In ihren Augen vereint Neuenburg ausserdem "Tradition und Innovation".

Kleine Störung durch Demonstranten

Die Neuenburger Regierungspräsidentin Florence Nater sprach die Ungewissheit und die vielfältigen Herausforderungen an, mit denen der Kanton konfrontiert sei. Die Reden wurden durch pro-palästinensische Demonstrierende leicht gestört.

Nach dem "Bad in der Menge" stand ein gemeinsames Essen mit den Vertretern der kantonalen und kommunalen Behörden auf dem Programm, bevor die "sieben Weisen" in die knapp 50 Kilometer entfernte Bundesstadt zurückkehrten.

Mit seiner Sitzung in Neuenburg hat der Bundesrat zum 20. Mal ausserhalb des Bundeshauses getagt. Diese Tradition der Sitzungen "extra muros" wurde 2010 mit Besuchen in den Kantonen Tessin und Jura eingeführt.  © Keystone-SDA