Maja Hoffmann, die neue Präsidentin des Filmfestivals Locarno, bringt vor der ersten Durchführung unter ihrer Ägide frischen Wind in die Festivalleitung. Seit Amtsantritt arbeitet sie an einem neuen Führungsstil, der mehr auf das Kollektiv setzt.
Hoffmann besuchte das Locarno Film Festival erstmals im Alter von 22 Jahren. Jahre später folgt sie auf Marco Solari, der das Festival über 20 Jahre lang präsidiert hatte. Lange Zeit habe sie sich gegen das Präsidium gesträubt, sagte Hoffmann in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA in Zürich. Aus verschiedenen Gründen könne sie sich nicht mit Solari vergleichen.
Ihre Präsidentschaft werde sich von jener ihres Vorgängers unterscheiden, indem sie sich sehr auf das Team und auf die Präsenz des Vizepräsidenten Luigi Pedrazzini vor Ort im Tessin stütze.
Nach ihrer Wahl durch die Generalversammlung im August vergangenen Jahres waren im Tessin Befürchtungen laut geworden, dass Hoffmann nicht of in Locarno sein werde, hat die 68-jährige Kunstsammlerin und Roche-Erbin doch zahlreiche Verpflichtungen zwischen Basel, Zürich und Arles (F). Ihre teilweise Abwesenheit kompensiere Pedrazzini, sagte sie.
Relevantes Festival
Organisatorisch ist für sie im ersten Jahr zentral, dass sie die Aktivitäten umstrukturieren kann und versucht, dem Festival die besten Möglichkeiten für die Zukunftsentwicklung zu verschaffen. Und gleichzeitig müsse das Festival für die aktuelle Zeit relevant bleiben.
"Ich leugne nicht, dass mein Interesse eher im künstlerischen und kulturellen Bereich liegt als im Fundraising oder in der politischen Positionierung", erklärte Hoffmann. Das Team ergänze sich in diesen Fragen aber gut, es handle sich um eine kollektive Aufgabe.
Sie gehe von einer vertikalen zu einer etwas transversaleren Struktur in der Leitung über. Eine derartige Struktur habe sich im Lauf der Jahre in ihrer privaten Luma-Stiftung in Arles bewährt. Dort habe sich gezeigt, dass die Stärke aus einer lokalen Verankerung komme. Ziel sei, diese Logik auf eine breitere Ebene auszudehnen.
Keine starre Vision
"Ich komme also mit wenig Ego, aber mit dem tiefen Wunsch, die Dinge voranzubringen und die Mission des Festivals weiterzuführen, die ich bereits sehr gut definiert finde", sagte Hoffmann. Sie stellte sich dagegen, viele neue Sponsoren zu finden, die eigene Projekte in das Festival einbringen. Sie will sich zunächst auf die Kernaktivitäten konzentrieren.
Statt einer starren Vision bevorzugt Hoffmann einen offenen Geist. "Wir müssen das Vertrauen derer, die uns unterstützen, aufrechterhalten und neue Leute gewinnen, die in Zukunft die Wege ebnen. Wir müssen versuchen zu analysieren, was in der Welt passiert und dürfen nicht auf zu starren Positionen beharren."
Wenn das Festival Filmemacher anziehen wolle, die im Mittelpunkt des Programms stehen, müsse es offen sein, sonst würden diese nicht kommen. Bei dieser Mission sieht sich die international vernetzte Hoffmann als positives Element.
Plädoyer für die Kultur
"Ich mag es, dass dieses Festival unabhängig ist, dass es eine freie Auswahl gibt, aber auch, dass man diskutieren und Ideen sammeln kann, wenn sie auftauchen", führte die Baslerin aus.
Die Herausforderungen für das Kino, die Kultur und die Gesellschaft insgesamt sieht Hoffmann in der Beschleunigung und im Bewusstsein für alles, was in der Welt geschieht. Dabei gelte es, optimistisch zu sein und die Handlungsfreiheiten wahrzunehmen.
Die Herausforderungen für den Film seien nur in Verbindung mit anderen kulturellen Disziplinen zu bewältigen. Der erste Schritt sein die Unterstützung der Kultur. Denn die Kultur sei das Werkzeug zur Problemlösung und Weiterentwicklung. © Keystone-SDA
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