Betrugsverdacht, mangelndes Vertrauensklima, fehlende Transparenz und Kontinuität, unzureichende Fehlerkultur: Die Finanzkontrolle stellt die Ruag erneut an den Pranger. Das Fazit von drei Prüfberichten ist vernichtend. Die Behörde fordert Verbesserungen.

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In den drei am Montagabend veröffentlichten Berichten hat die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) die Verwaltung und Steuerung der Ruag MRO harsch kritisiert. Es geht unter anderem um mögliche Betrugsfälle innerhalb des bundeseigenen Rüstungskonzerns, insbesondere im Zusammenhang mit den Leopard-1-Panzern, und die Lagerbewirtschaftung.

Seit der Trennung der Ruag in einen Schweizer Teil mit der Ruag MRO und einen internationalen Teil mit der Ruag International im Jahr 2020 haben sich fünf CEOs an der Spitze der Ruag MRO abgewechselt. Diese zahlreichen Wechsel hätten den Aufbau von stabilen Managementprozessen und einer konzisen Steuerung behindert, so die EFK.

Aufgrund der fehlenden Kontinuität habe kein Vertrauensverhältnis zum Verwaltungsrat aufgebaut werden können. Ein Schwachpunkt, den auch die Ruag MRO einräumt.

Betrug im zweistelligen Millionenbereich

Die EFK kritisiert auch das Eidgenössische Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) in seiner Rolle als Ruag-Eigentümer. Die Ziele des Rüstungskonzerns seien zu optimistisch eingeschätzt worden. Die Finanzkontrolle empfiehlt dem Departement, wieder proaktiver zu werden und die Protokollführung der Eignergespräche zwischen Bund, Ruag und dem Bundesamt für Rüstung (Armasuisse) zu übernehmen.

Besonders schwer wiegen die Erkenntnisse der EFK rund um die Geschäfte mit den Leopard-1- und Leopard-2-Panzern. Bei deren Kauf waren Unregelmässigkeiten festgestellt worden, und Ruag beauftragte eine Anwaltskanzlei mit einer externen Untersuchung. Diese ist noch im Gange.

Gemäss dem EFK-Bericht gibt es bereits jetzt genügend Anhaltspunkte für einen möglichen Betrugsfall in zweistelliger Millionenhöhe. Mindestens ein ehemaliges Kadermitglied soll darin involviert sein. Laut der EFK soll Material zu Preisen verkauft worden sein, die weit unter dem Marktpreis lagen.

Es seien Transaktionen durchgeführt worden, die wirtschaftlich nicht zu rechtfertigen gewesen seien, zum Nachteil des Unternehmens. Hinzu kämen Geldstrafen und ausstehende Mehrwertsteuerzahlungen für Geschäftstätigkeiten in Italien.

Chaos in Armeemateriallager

Kritisiert wird auch die unzureichende Kontrolle der Lagerbestände durch die Ruag, die für die Verwaltung der Materialbestände der Armee zuständig ist. Der Rüstungskonzern soll mutmasslich Material verschrottet oder verkauft haben, ohne die Armee darüber in Kenntnis zu setzen.

Obwohl sie dazu berechtigt sind, führten weder die Armee noch ihre Logistikbasis Inspektionen oder Kontrollen bei der Ruag durch, wie dem EFK-Bericht weiter zu entnehmen ist. Die EFK empfiehlt dem Bund deshalb, die Überwachung der sogenannten Konsignationslager zu verstärken.

Die externe Untersuchung ist noch im Gang, weshalb die von der EFK präsentierten Berichte ein Zwischenergebnis sind. Die Finanzkontrolle erinnert daran, dass die Unschuldsvermutung gilt. Ruag MRO versichert in einer Stellungnahme, alles zu tun, um den Kulturwandel fortzusetzen. (SDA/bearbeitet von phs)

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