Die Ausgaben für Krankenkassenprämien werden für Haushalte nicht auf maximal zehn Prozent des verfügbaren Einkommens begrenzt. Volk und Stände haben die Prämienentlastungs-Initiative der SP überraschend deutlich abgelehnt - mit 55,5 Prozent der Stimmen.
Gemäss den Endresultaten aus den Kantonen sagten 1'391'400 Stimmende Nein zur Vorlage. 1'116'900 befürworteten sie. Die Stimmbeteiligung lag bei 45,4 Prozent.
Der Blick auf die Abstimmungskarte zeigt einen tiefen Sprachgraben. Alle Westschweizer Kantone und das Tessin befürworteten die Prämienentlastungs-Initiative. Mit Ausnahme des Kantons Basel-Stadt lehnten dagegen alle Deutschschweizer Kantone das Volksbegehren ab.
Der deutlichste Nein gab es in Appenzell Innerrhoden mit 80 Prozent. Der Kanton Jura am anderen Ende des Spektrums nahm die Initiative mit 72 Prozent an.
"Keine Protestabstimmung"
Eine Begrenzung der Krankenkassenbeiträge war nicht mehrheitsfähig, obwohl hohe Versicherungskosten von der Schweizer Bevölkerung regelmässig als Sorgenthema Nummer eins empfunden werden. Während des Abstimmungskampfs zur Initiative schrumpfte die Zustimmung in Umfragen.
Politologe Lukas Golder vom Forschungsinstitut gfs.bern erklärte dies damit, dass die Debatte in der Deutschschweiz zuletzt von der Finanzpolitik geprägt worden sei. Nach dem Ja zur 13. AHV-Rente im März sei der Bevölkerung bewusst geworden, dass das Volksbegehren grosse Kostenfolgen gehabt hätte.
Auch die erwartete durchschnittliche Stimmbeteiligung habe der Initiative nicht in die Karten gespielt, so Golder. "Es gab keine Protestabstimmung."
Nicht finanzierbare Subventionen
Die Initiative forderte, dass alle Haushalte höchstens zehn Prozent ihres verfügbaren Einkommens für die Prämien aufwenden müssen und dass sie für den Betrag darüber hinaus eine Prämienverbilligung erhalten. Gemäss Initiativtext sollte der Bund zwei Drittel der Gesamtausgaben übernehmen. Die Kantone sollten ein Drittel finanzieren.
Bundesrat, Parlament, Kantone und namhafte Wirtschaftsverbände lehnten die SP-Initiative ab. Es gebe schon Programme zur Unterstützung von Bedürftigen, gaben sie zu bedenken. Ein Ausbau der Prämienverbilligungen im Sinne der Initiative hätte die Steuerzahlenden im Jahr 3,5 bis 5 Milliarden Franken gekostet und wäre nur durch Steuererhöhungen finanzierbar gewesen, lautete das Kernargument der Gegnerschaft.
Mit der Initiative wäre das Problem der steigenden Gesundheitskosten zudem nur symptomatisch, nicht aber an der Wurzel bekämpft worden, machten bürgerliche Kräfte geltend. Die grossen Herausforderungen seien mit mehr Markt und Eigenverantwortung zu lösen statt mit zusätzlichen Subventionen.
Kantone müssen mehr machen
Die Gegner verwiesen im Abstimmungskampf jeweils auf den vom Parlament verabschiedeten indirekten Gegenvorschlag, der nach dem Nein in Kraft tritt. Die Kantone müssen demnach künftig einen Mindestbeitrag von 3,5 bis 7,5 Prozent der Kosten der obligatorischen Grundversicherung für die Prämienverbilligung aufwenden.
Der Gegenvorschlag bedeutet für sie Mehrkosten von etwa 356 Millionen Franken. Bis 2030 könnten diese Kosten auf 960 Millionen Franken ansteigen.
Kantone mit hohen Gesundheitskosten werden künftig mehr Prämienverbilligungen zahlen müssen als Kantone mit niedrigen Kosten. Der Bundesanteil bleibt unverändert.
Druck auf Entlastung bleibt hoch
Anders als bei der Abstimmung für eine 13. AHV-Rente gelang es der Linken nicht, die Kostenfolgen der Initiative mit stärkeren Argumenten zu kompensieren. Familien, untere und mittlere Einkommen litten am meisten unter der Prämienexplosion, machten die Initiantinnen und Initianten geltend.
Ausserdem verschöbe sich der Druck der steigenden Gesundheitskosten weg von den Prämienzahlenden hin zur Politik. Bund und Kantone bekämen einen Anreiz, vorwärtszumachen, um die Gesundheitskosten in den Griff zu bekommen, so die Befürworter.
Tatsächlich dürfte der Druck auf weitere Entlastungsmassnahmen auch nach dem Nein zur Prämienentlastungs-Initiative nicht abnehmen. Das Vergleichsportal Comparis prognostiziert für 2025 einen weiteren Anstieg der Grundversicherungsprämien um durchschnittlich sechs Prozent. In einzelnen Kantonen und Prämienregionen könnten die Prämien demnach sogar um über zehn Prozent steigen. © Keystone-SDA
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