Der in Geldnot steckende Stahlkonzern Swiss Steel kann aufatmen: Die Aktionäre haben an der ausserordentlichen Generalversammlung am (heutigen) Donnerstag mit überwältigender Mehrheit der geplanten Kapitalerhöhung zugestimmt.
Mit dem frischen Geld soll die Sanierung des Unternehmens vorangetrieben werden. Konkret votierten die Aktionäre mit 99,79 Prozent "Ja". Mit dem Aktionärsbeschluss kann Swiss Steel wie geplant 3,1 Milliarden neue Aktien ausgeben. An der Veranstaltung im Swiss-Steel-Werk in Emmenbrücke waren 132 Aktionäre anwesend, die rund 90 Prozent des stimmberechtigten Aktienkapitals vertraten.
Das Unternehmen will mit der Kapitalerhöhung mindestens 300 Millionen Euro einnehmen, umgerechnet rund 295 Millionen Franken. Um dies zu erreichen, hat das Unternehmen eine Währungsabsicherung abgeschlossen, wie es in einem Communiqué vom Donnerstagabend hiess. Der Bruttoerlös werde demnach 286,8 Millionen Franken betragen.
Eigenkapital stark geschmolzen
Das Geld soll in die Sanierung des angeschlagenen Konzerns fliessen. Diese ist dringend notwendig, denn im Vorjahr fuhr das Unternehmen einen Verlust von fast 300 Millionen Franken ein. Das Eigenkapital schmolz daraufhin regelrecht dahin. So verringerte sich die Eigenkapitalquote auf rund 12 Prozent von zuvor 22 Prozent.
Swiss Steel leidet vor allem unter der globalen Schwäche in der Stahlbranche, bedingt durch eine geringe Nachfrage. Zudem konnte der Innerschweizer Konzern zuletzt mehrere defizitäre Stahlwerke in Frankreich nicht wie geplant verkaufen.
Die Aktienmärkte bewerteten die Annahme der Kapitalerhöhung positiv. Folglich gingen die Swiss-Steel-Aktien mit einem Plus von 8,5 Prozent auf 0,078 Franken aus dem Handel.
Haefner sieht Unternehmen auf Kurs
Grossaktionär Martin Haefner, der über seine Gesellschaft Bigpoint fast ein Drittel der Anteile hält, hat an der Generalversammlung mit einem flammenden Plädoyer für die Kapitalerhöhung und die Zukunftsfähigkeit von Swiss Steel geworben. Das Unternehmen sei "kein Fass ohne Boden", wie es ein prominenter Aktionär gesagt habe. Vielmehr betrachte er die inzwischen dritte Kapitalerhöhung seit 2019 als letzten wichtigen Schritt, um den eigeleiteten Umbau- und Sanierungsmassnahmen zum Erfolg zu verhelfen.
So sei "Swiss Steel nicht mehr das gleiche Unternehmen wie noch vor vier Jahren", sagte Haefner weiter. Es habe sich von einem eher zufällig zusammengekauften Gemischtwarenladen zu einer Firma mit einem klaren Fokus gewandelt. In diesem Zuge sprach er dem Management ein Lob für das Meistern der zurückliegenden Krisen aus.
Nun müsse das Management aber auch zeigen, ob es ausser Krisenbewältigung auch die die Erneuerung des Unternehmens schaffen könne. "Daran werden wir Sie messen, Herr Koch", sagte Haefner an den Konzernchef Frank Koch gerichtet.
Haefner hob auch noch einmal hervor, dass er im Zuge der Kapitalerhöhung alle Aktien erwerben wolle, für welche die Bezugsrechte nicht ausgeübt würden. Dennoch würde er es begrüssen, wenn auch die anderen Aktionäre mitziehen würden, sofern sie den einen oder anderen "Batzen" übrig haben sollten.
Auch wenn Haefner im Zuge der Kapitalerhöhung die Schwelle von einem Drittel der Anteile überschreitet, muss er nicht wie üblich ein Pflichtangebot an die übrigen Aktionäre unterbreiten. Diesbezüglich hat die Übernahmekommission (UEK) eine Ausnahmeklausel (Opting-out) zur Sanierung genehmigt.
Spuhler zieht wohl nicht mit
Dagegen wird der andere Grossaktionär Peter Spuhler wohl passen. Aktuell hält er rund ein Fünftel der Aktien. Diese Anteile wolle er verkaufen, hiess es in Medienberichten.
Der Entscheidung Spuhlers war ein Streit mit Haefner um Veränderungen im Verwaltungsrat vorausgegangen. Spuhler hatte sich für seinen Vertrauten Barend Fruithof als neuen Verwaltungsratspräsidenten stark gemacht, konnte sich damit aber nicht durchsetzen. Wenig später erklärten daher Fruithof und auch der Spuhler-Vertreter Oliver Streuli ihren sofortigen Rückzug aus dem Aufsichtsgremium.
Anpassungen im Wahlrecht für VR
Im Rahmen der ausserordentlichen GV stimmten die Aktionäre auch verschiedenen Anpassungen der Statuten zur Wahl von Verwaltungsräten zu. Künftig braucht ein Aktionär oder eine Aktionärsgruppe nur noch 10 Prozent des Aktienkapitals, um eine Person für den VR nominieren zu können. Davor lag die Schwelle bei 17,5 Prozent. Dagegen wurde der Passus gestrichen, der die Nominierung von zwei VR-Mitgliedern ab einem Aktienkapitalanteil von 35 Prozent ermöglichte.
Die Anpassungen wurden vorgenommen, da im Zuge der Kapitalerhöhung mit einer Verschiebung der Mehrheitsverhältnisse zu rechnen ist. Denn für eine erfolgreiche Refinanzierung sei das Mitziehen eines oder aller Hauptaktionäre notwendig und deren Stimmrechtsanteil werde sich entsprechend erhöhen. Dies wird insbesondere bei der Bigpoint-Beteiligung von Haefner der Fall sein. © Keystone-SDA
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