Nach Einschätzung des Syngenta-Chefs ist die Landwirtschaft in Europa den USA und Brasilien weit hinterher. Den Protest der Bauern hierzulande könne er verstehen. Es sei wichtig, den Landwirten zuzuhören.
Syngenta-Chef Jeff Rowe hält die Landwirtschaft in Sachen Innovation für eine der spannendsten Branchen überhaupt.
"Dort gibt es wirklich coole und innovativen Entwicklungen", sagte Rowe, der als Bauernsohn in den USA aufgewachsen ist, am Swiss Economic Forum in Interlaken.
Allerdings seien andere Regionen in Bezug auf die Anwendung technologischer Hilfsmittel schon sehr viel weiter als Europa, sagte der Chef des Agrochemiekonzerns. "In den USA und Brasilien haben die Bauernhöfe Zugang zu Top-Technologien und innovativen Hilfsmitteln", sagte er. Hier sei das viel weniger der Fall.
"Darum haben sie einen strategischen Nachteil", so Rowe. Er könne den Unmut der Bauern und ihre Proteste deshalb ein Stück weit nachvollziehen. "Wenn die Bauern unzufrieden sind, ist es wichtig, dass man ihnen zuhört", sagte er.
Als Amerikaner wollte er sich nicht zu den bevorstehenden Präsidentschaftswahlen in seinem Land äussern. Er wies jedoch darauf hin, dass Syngenta bereits einmal eine Trump-Präsidentschaft überstanden habe. "Uns ging es in dieser Zeit gut", so Rowe.
Dass die Beziehung zwischen den USA und China derzeit sehr zerrüttet ist, missfällt ihm allerdings. "Die Welt wäre ein besserer Ort, wenn die beiden Staaten eine Möglichkeit fänden, miteinander auszukommen." China sei der grösste Kunde für amerikanische Agrikulturprodukte.
Erhöhte Nachfrage stösst auf Herausforderungen des Klimawandels
Rowe sieht sein Unternehmen als wichtigen Akteur, wenn es um die Sicherstellung der Welternährung geht: "Wir steuern auf eine Weltpopulation von zehn Milliarden Menschen zu." Die Lebensmittelnachfrage werde deshalb um 50 bis 70 Prozent steigen, sagte er mit Verweis auf Statistiken.
Zu dieser erhöhten Nachfrage kämen jedoch die Herausforderungen des Klimawandels. "Wetterextreme erschweren eine zuverlässige, gleichmässige Ernte."
Wenn man also mehr produzieren wolle, müsse man die Produktivität und die Effizienz in der Landwirtschaft erhöhen. "Denn wenn wir das nicht können, brauchen wir mehr Anbaufläche. Und das wiederum würde bedeuten, dass wir Landstriche kultivieren müssten, die man nicht kultivieren sollte, wie etwa Regenwälder", so Rowe. Das hätte einen katastrophalen Effekt auf das Klima.
Einen Teil der Lösung für mehr Effizienz sieht er auch in der Umstellung auf regenerative Landwirtschaft. Denn aktuell seien etwa 40 Prozent der Weltlandwirtschaftsfläche "degradiert", also überbeansprucht. Bei der regenerativen Landwirtschaft schützen die Bauern ihre Böden, beispielsweise durch das Anpflanzen verschiedener Pflanzen, also durch Biodiversität. Eine Umstellung auf diese Form der Produktion brauche jedoch viel Zeit, so Rowe. "Es wird nicht schnell gehen, aber es wird stark sein." (SDA/tas)
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