Streit um den Schweizer Sportartikelhersteller Scott: Die Velo- und Ski-Marke trennt sich per sofort von ihrem bisherigen CEO und langjährigen Patron Beat Zaugg. Dieser prangert den Entscheid an, rechtlich ist die Kündigung laut dem Verwaltungsrat jedoch bindend.
"Ich bin weiterhin im Büro und arbeite", sagte der langjährige Chef und das Verwaltungsratsmitglied Beat Zaugg am Dienstag auf Anfrage der Nachrichtenagentur AWP. Er sei nach wie vor "an vorderster Front" und werde "nicht einfach einknicken".
Am Vortag hatte Scott mitgeteilt, dass Juwon Kim vom südkoreanischen Mehrheitsaktionär Youngone den Chefposten per sofort übernehme. Das Ziel dieser Entscheidung sei es, die internationale Entwicklung der Marke voranzutreiben.
"Klar kann man mich als CEO abwählen, der Verwaltungsrat kann dies entscheiden", sagte Zaugg. Er sei aber an keiner Verwaltungsratssitzung diesbezüglich dabei gewesen. Er kritisiert unter anderem, dass die Mitarbeitenden nicht vorab über den CEO-Wechsel informiert worden seien.
Für den 66-Jährigen, der derzeit einen Aktienanteil von 47 Prozent an Scott hält, ist es nicht undenkbar, sich eines Tages von seinem Investment zu trennen. Ein möglicher Käufer müsse jedoch "die Branche und die Kultur der Firma verstehen". Bei Youngone sei dies nicht der Fall, so Zaugg.
Zaugg leitete das Unternehmen seit 1993. Der gebürtige Berner war von 2005 bis 2013 Alleinaktionär von Scott gewesen, im März 2015 übertrug er dem Konzern Youngone 50,01 Prozent der Aktien. Damit wurde er zum Minderheitsaktionär und hat folglich keine alleinige Entscheidungsgewalt mehr.
Kündigung bindend
Der vom Verwaltungsrat ernannte neue CEO Juwon Kim sagte gegenüber AWP, der Verwaltungsrat der operativen Gesellschaft Scott Sports habe am vergangenen Mittwoch, dem 27. März, entschieden, Zaugg fristlos zu entlassen. Dieser habe am selben Tag von seiner Entlassung erfahren. Die Gründe dafür wolle man zum jetzigen Zeitpunkt nicht mitteilen.
Dem Entscheid hat laut Kim zudem die Mehrheit des Verwaltungsrats der Holdinggesellschaft Scott Corporation, in welchem sowohl Zaugg als auch Kim sitzen zugestimmt - dies in Anwesenheit von Zaugg. Das Management arbeite seither an einem reibungslosen Übergang.
"Wir verstehen, dass es für Herrn Zaugg angesichts seiner langjährigen Funktion als CEO schwierig sein kann, seine Kündigung zu akzeptieren", so der neue CEO Kim. Dies sei aber letztlich irrelevant: "Das letzte Entscheidungsorgan eines Unternehmens ist der Verwaltungsrat, und dieser hat eindeutig das Recht, dem CEO zu kündigen."
Mehrheitsaktionär unterstützt Entscheid
Kim ist seit 2022 Mitglied des Verwaltungsrats der Scott Corporation. Er verfügt laut einer am Montag veröffentlichten Mitteilung des Verwaltungsrats über langjährige Erfahrung im Investmentbanking, unter anderem bei der Credit Suisse. Zudem war Kim Mitbegründer eines Start-up-Unternehmens in Südkorea, bevor er beim Scott-Mehrheitsaktionär Youngone die Leitung Wachstumsstrategie und M&A übernahm. Als CEO werde Kim von Steve Meineke und Mathias Seidler beraten, zwei Branchenexperten aus der Velo- und Outdoor-Industrie, heisst es.
Youngone sprach dem bestehenden Management und den Mitarbeitenden das "volle Vertrauen" aus: Der 1974 gegründete Hersteller und Vertreiber von Outdoor-Bekleidung und -Ausrüstung für globale Top-Marken sehe sich als "starker Partner und langfristiger Aktionär" von Scott. Youngone arbeitet seit 1997 mit Scott zusammen, ist seit 2013 am Unternehmen beteiligt und seit 2015 Mehrheitsaktionär.
Scott wurde 1958 in den USA gegründet. Das Unternehmen beschäftigt derzeit rund 1000 Mitarbeitende, davon 400 in der Schweiz. Es hat seinen Hauptsitz in Givisiez im Kanton Freiburg. © Keystone-SDA
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.