Dennis Schröder und die deutsche Basketball-Nationalmannschaft schreiben bei der WM Geschichte mit dem ersten Titelgewinn. Der DBB-Kapitän brilliert dabei als Führungspersönlichkeit und unterstreicht einen bemerkenswerten Wandel.
Es lief die letzte Minute im Basketball-WM-Finale zwischen Deutschland und Serbien, als wieder einmal die grosse Stunde von Dennis Schröder schlug. Der Kapitän der deutschen Nationalmannschaft zog, beim Stand von 79:77 aus deutscher Sicht, an seinem serbischen Bewacher Aleksa Avramovic unwiderstehlich vorbei in Richtung Korb. Kein anderer serbischer Spieler konnte Schröder aufhalten, der dann mit einem Korbleger das WM-Finale historisch zugunsten Deutschlands entschied.
Mit 28 Punkten übernahm der 29-Jährige die Hauptlast seines Teams in Sachen Scoring. Doch damit nicht genug, beschäftigte er sich defensiv ausgiebig mit Serbiens Topstar Bogdan Bogdanovic, der vor allem für seine Dreier-Würfe in Serie gefürchtet ist. Insbesondere in der zweiten Hälfte war davon aber mit gerade einmal zwei Pünktchen durch Bogdanovic nichts zu sehen – speziell ein Verdienst
Basketball-WM 2023: Dennis Schröder als MVP ausgezeichnet
Im Halbfinale glänzte der Point Guard mit neun Korbvorlagen und null (!) Ballverlusten als umsichtiger Ballverteiler, der zudem noch 17 Punkte beisteuerte. Mit Ausnahme der Partie gegen Lettland im Viertelfinale, als Schröder danach vom "schlechtesten Spiel meiner Karriere" sprach und das deutsche Team mit einem dunkelblauen Auge davonkam, lieferte der NBA-Star auf dem Parkett konstant ab und wurde mit dem MVP-Award (Most Valuable Player) als wertvollster Spieler des Turniers ausgezeichnet.
Zug zum Korb, Mitteldistanz oder eiskalte Dreipunkte-Würfe, die mit entsprechender "Ice in my Veins"-Geste gefeiert wurden, er zeigte sein komplettes Offensivrepertoire und auch defensiv war Schröder voll auf der Höhe. So mancher Experte sprach hier bereits vom "besten Schröder aller Zeiten".
Ein bemerkenswerter Wandel, schliesslich wurde ihm in der Vergangenheit oft Egoismus vorgeworfen, als Folge dessen er dem Spiel des DBB-Teams schaden würde. Diese Kritik wurde bereits während der EM im Vorjahr leiser und ist spätestens nach dem historischen WM-Titel für das DBB-Team endgültig verstummt.
"Löwe" Schröder mit bemerkenswertem Wandel
Denn auch abseits des Parketts ging Schröder immer voran und unterstrich immer wieder die besondere Chemie im Team. "Was würde ich geben, mit all den zwölf Jungs in der NBA spielen zu dürfen? Dafür würde ich sehr, sehr viel geben", sagte er im Turnierverlauf. In den Auszeiten war er auch immer wieder als Wortführer zu hören und mahnte oftmals zu mehr Ruhe und Gelassenheit im Spiel.
Unvergessen aber auch Schröders Wortgefecht während einer Auszeit gegen Slowenien mit Teamkollege Daniel Theis und Bundestrainer Gordon Herbert, das in anderen Mannschaften wohl zum kompletten Bruch zwischen Superstar und Coach geführt hätte. Doch Herbert, ausgestattet mit einem Psychologie-Studium, hatte im Umgang mit Schröder gesagt, dass es ihm lieber sei, einen Löwen zu zähmen, statt eine Katze zum Löwen zu machen.
Kein Abbild von Dirk Nowitzki
Ein Löwe war Schröder schon von Beginn an in seiner Basketball-Laufbahn, denn das Selbstbewusstsein war beim gebürtigen Braunschweiger nie ein Problem. Auf einem Skaterplatz entdeckt, machte er sich im Lauf der Jahre schnell einen Namen im deutschen Basketball und galt früh als Hoffnungsträger und "nächster
Nach enttäuschenden Auftritten mit der Nationalmannschaft, insbesondere nach dem Vorrunden-Aus bei der EM 2015 sowie bei der WM 2019, gab es an Schröder eine Menge Kritik in Deutschland. Er sei nicht in der Lage, ein Team anzuführen, er sei zu egoistisch, lauteten unter anderem die Vorwürfe in Richtung des Aufbauspielers.
Schröder selbst drohte zwischenzeitlich sogar mit dem Rücktritt aus der Nationalmannschaft: "Wenn eine Zeitung negativ über einen Spieler berichtet, dann muss der Verband hinter ihm stehen. Wenn das nicht so ist, bin ich eben in Zukunft raus." Aber auch Schröder selbst übte teilweise öffentlich deutliche Kritik, auch an taktischen Entscheidungen seiner Coaches.
Schröder mit "Superpower" und Nachricht an Kritiker
Kurzum: Eine Liebesbeziehung war es zwischen Deutschland und seinem grössten Basketball-Star über lange Zeit nicht. Ex-BBL-Profi Per Günther lieferte bei "MagentaSport" eine sinnige Erklärung für all diese Probleme zwischen Basketball-Deutschland und seinem besten Spieler. So sei der Unterschied zwischen Schröders NBA-Karriere und einer "normalen" Profi-Laufbahn, dass dieser eben jenes Selbstbewusstsein als "Superpower" habe und so gut wie frei von Selbstzweifeln sei, was in der Öffentlichkeit gerne als Arroganz oder Überheblichkeit ausgelegt werde.
Aber spätestens mit der Eurobasket 2022 im eigenen Land wandelte sich das Bild von Schröder etwas, schliesslich war er es, der das DBB-Team zur ersten Turnier-Medaille seit 2005 führte. Der erste Schritt raus aus Nowitzkis Schatten war spätestens jetzt getan. Die vorläufige Krönung und der Aufbruch in neue Sphären folgten dann am Sonntag in Manila mit dem Gewinn der Weltmeisterschaft mit dem deutschen Team.
Und Schröder wäre nicht Schröder, hätte er danach nicht noch deutliche Worte in Richtung seiner Kritiker gefunden: "Im Endeffekt will ich meinen Respekt, der Trainer seinen und meine Teammates ihren Respekt. Für alle, die mich supportet haben über die Jahre: Ich küsse ihre Herzen natürlich. Alle anderen, die können trotzdem wegbleiben. Ich will nichts mehr über meinen Namen hören."
Verwendete Quellen:
- WM-Übertragungen "Magenta Sport" (25.8-10.9.)
- ntv.de: Die erstaunliche Wandlung des Dennis Schröder
- zeit.de: Zur Krönung gereift
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