DOTA 2, LOL, Counter Strike. Das alles sind längst nicht mehr nur Computerspiele, sondern Disziplinen im Bereich des eSports, der immer mehr an Bekanntheit und Bedeutung gewinnt. Grosse Sportvereine wie der FC Schalke 04 investieren bereits in eigene Teams. Experten prognostizieren den Aufstieg zu einer der weltweit fünf grössten Sportarten.
Unter eSport versteht man im weitesten Sinne das wettbewerbsmässige Spielen von Computer- oder Videospielen im Einzel- oder Mehrspielermodus.
Dabei sind sowohl Spielkönnen (Hand-Augen-Koordination, Reaktionsschnelligkeit), als auch strategisches und taktisches Verständnis (Spielübersicht, Spielverständnis) gefordert.
Eine Definition, die Jörg Müller-Lietzkow bereits im Jahr 2006 in seinem Aufsatz "Sport im Jahr 2050: E-Sport! Oder: Ist E-Sport Sport?" niederschrieb und die heute, gut zehn Jahre später, immer noch zutreffend ist.
Dass wir uns jedoch noch lange nicht im Jahr 2050 bewegen, zeigt, wie rasant der eSport-Markt in den letzten Jahren gewachsen ist und immer noch wächst.
eSport-Boom: kein Ende in Sicht
Am Sonntag überträgt ProSieben zum ersten Mal ein Counter-Strike-Event live im Fernsehen. Bei den Intel Extreme Masters in Okaland spielen Profis des wohl bekanntesten Ego-Shooters in der Oracle Arena (ca. 20.000 Zuschauer) um ein Preisgeld von einer halben Million Euro.
Die Übertragung markiert einen Meilenstein für den eSport-Sektor in Deutschland, der verdeutlicht, wie populär das professionelle Computerspielen mittlerweile ist.
Im Jahr 2016 wurden im eSport weltweit 493 Millionen Euro umgesetzt. Rund 320 Millionen schauten bei Veranstaltungen live in der Halle oder am heimischen Computer-Bildschirm zu.
Laut einer Prognose von Peter Warman, Analyst des IT-Unternehmens Newzoo, das sich mit der eSport-Szene beschäftigt, hat der eSport das Potenzial, "weltweit zu einer der fünf grössten Sportarten zu werden".
In den führenden eSport-Nationen China und Russland kann man dieses Potenzial bereits sehen. Wie selbstverständlich werden bei Grossevents riesige Multifunktionshallen gefüllt.
Tickets werden für einen stolzen Preis zwischen 50 und 100€ verkauft. Die besten Spieler werden in der Szene wie Popstars gefeiert, schliessen hoch dotierte Werbeverträge mit einschlägigen Unternehmen ab. Es ist ein Multimillionen-Dollar-Geschäft.
Einer der erfolgreichsten eSportler der Welt ist der Berliner Salehi Takhasomi.
Unter dem Pseudonym "KuroKy" gewann er mit seinem Team "Liquid" das höchstdotierte eSport-Event der Welt: "The International".
Dabei handelt es sich um die Weltmeisterschaft im Spiel DOTA 2, einem Fantasy-Rollenspiel, bei dem zwei Teams - bestehend aus jeweils fünf Spielern - versuchen, die Basis des anderen Teams mit ihren unterschiedlichen Charakteren (Helden) zu zerstören.
Bei "The International" kämpften insgesamt 18 Teams aus 25 Nationen um ein Preisgeld von 24,6 Millionen US-Dollar.
Durch den Sieg im Finale gegen das chinesische Team "Newbee" kassierte "Liquid" ein Rekordpreisgeld von 10,8 Millionen Dollar und machte KuroKy zum erfolgreichsten eSport-Profi der Welt.
Insgesamt strich der erste deutsche eSport-Millionär in seiner Karriere schon 3,5 Millionen Euro an Preisgeldern ein.
Alte Vorurteile und der Kampf um Anerkennung
Trotz dieser horrenden Preisgelder, voller Hallen und Millionen begeisterter Fans rund um den Globus, kämpft der eSport überall auf der Welt, und besonders im vom Fussball dominierten Deutschland, immer noch gegen alte Vorurteile.
Nur in wenigen Ländern (z.B. Brasilien oder China) wird eSport auch von Sport-Verbänden als "richtige" Sportart anerkannt. Doch was ist überhaupt "richtiger" Sport?
Der DOSB (Deutscher Olympischer Sportbund) definiert Sport dadurch, "dass die Ausübung der Sportart eine eigene, sportartbestimmende motorische Aktivität eines jeden zum Ziel haben muss", der sie betreibt.
Allerdings gibt es Einschränkungen: "Diese eigenmotorische Aktivität liegt insbesondere nicht vor bei Denkspielen, Bastel- und Modellbautätigkeit, Zucht von Tieren, Dressur von Tieren (…) und Bewältigung technischen Gerätes ohne Einbeziehung der Bewegung des Menschen."
Letzteres trifft auf eSport zu und dennoch wird er von grossen Teilen der "echten" Sport-Fans in Deutschland belächelt.
Dass nun aber auch erste grosse Sportvereine wie der FC Schalke oder der VfL Wolfsburg den eSport-Markt für sich entdeckt und eigene Teams verpflichtet haben, könnte jedoch schon bald zu einem Umdenken im grossen Stile sorgen.
Überholt eSport die Fussball-Bundesliga?
Auch in Deutschland wächst der eSport-Markt unaufhaltsam weiter. Das in Köln sitzende Unternehmen Turtle Entertainment betreibt die grösste Liga für Computerspieler in Europa und veranstaltet Turniere weltweit.
Zehntausende eSport-Fans besuchten Veranstaltungen in der Kölner Lanxess Arena oder der Commerzbank Arena in Frankfurt. Was ist also drin für den eSport in den nächsten Jahren?
Karsten Hollasch von der Sport Business Gruppe prognostiziert Grosses: "eSport ist zwar noch kein Konkurrent für die Fussball-Bundesliga - trotz respektabler Zuwächse bei Fans und Umsatzerlösen. Andere Ligen wie die BBL (Basketball), DEL (Eishockey) oder HBL (Handball) liegen bei diesen Parametern jedoch in Reichweite, sodass eSport sich diesen Ligen bis zum Ende des Jahrzehnts weiter annähern oder diese vielleicht sogar überholen wird."
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