• Michael Andretti möchte mit seinem Team in die Formel 1 einsteigen.
  • Er erfährt allerdings eine ablehnende Haltung der Teams, die unter anderem fürchten, Geld zu verlieren.
  • Die Königsklasse zeigt sich so mal wieder von ihrer höchst politischen Seite.

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Die Formel 1 ist bisweilen seltsam. Höchst politisch war sie schon immer, dazu bunt, schillernd und laut. Aber auch sehr widersprüchlich, ein Haifischbecken, in dem jeder auf seinen eigenen Vorteil bedacht ist und jeder gegen jeden kämpft.

Deshalb sollten die aktuellen Entwicklungen nicht verwundern – sie sind ein Paradebeispiel dafür, wie der Milliardenzirkus funktioniert. Denn mit Michael Andretti will eine echte Rennsport-Grösse in die Formel 1 einsteigen, doch die Zurückhaltung ist gross, es gibt teils sogar Ablehnung.

Wie kann das sein, wenn ein namhafter Neueinsteiger mehr Wettbewerb, Unterhaltung und Vielfalt für die Startaufstellung mitbringt? Dazu noch einer aus dem boomenden US-Markt? Und Andretti kommt nicht mit irgendwem, der 60-Jährige hat ein Paket mit General Motors und Cadillac und wohl auch mit Alpine geschnürt.

Kühle Mitteilung der Formel 1

"Es gibt derzeit grosses Interesse an der Formel 1, mit einer ganzen Reihe von Gesprächen, die teils sichtbar sind, teils weniger. Wir alle wollen sicherstellen, dass die Weltmeisterschaft glaubwürdig bleibt und stabil. Jeder neue potenzielle Bewerber wird unter die Lupe genommen, um solchen Anforderungen zu entsprechen. Jeder neue Wettbewerber braucht die Zustimmung der Formel 1 und der Fia", hiess es in einer überraschend kühlen Mitteilung der Formel 1.

Unbändige Freude liest sich anders. Mercedes-Teamchef Toto Wolff hatte bereits vor Monaten, als es erste Bemühungen Andrettis gab, erklärt, dass ein Neueinsteiger einen Mehrwert bringen müsse, ansonsten sei die Vergrösserung des Starterfelds nicht wünschenswert. Auch Teams wie Ferrari oder Red Bull Racing betonten, dass die Stabilität erhalten bleiben müsse. Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass es wohl kein waschechter Hersteller-Einstieg wird, sondern Andretti offenbar Motoren von Alpine beziehen will.

Keine Frage: Offene Arme sehen anders aus. Dabei kann ein ernsthaft agierendes Team mit einem starken Fundament dafür sorgen, dass die Formel 1 für eine mögliche Krise breiter aufgestellt ist. Doch ohne eigenen Motor ist das Vorhaben den etablierten Teams, die ihrerseits viel Geld in ihre Formel-1-Projekte gesteckt haben, nicht ernsthaft genug. Denn das ist in ihren Augen der günstige Weg in die Königsklasse – und für viele schlicht zu billig, um vom grossen Kuchen naschen zu dürfen.

Andretti feuert nun seinerseits zurück – und kritisiert die Haltung scharf. "Es geht nur um Geld", sagt er bei Forbes. "Erstens denken sie, dass sie ein Zehntel ihres Preisgeldes verwässert bekommen, aber sie werden auch sehr gierig, weil sie denken, dass wir auch alle amerikanischen Sponsoren mitnehmen."

Macht, Geld und Politik

Das sind die Punkte, die die Formel 1 zum Haifischbecken machen: Macht und Geld. Andretti würde natürlich seinen Anteil am Preisgeld erhalten, womit für die anderen Teams weniger übrig bleibt. Er ist zudem ein sportlicher Konkurrent, der recht schnell um Siege und Titel fahren will. Die Sorge, dass der US-Amerikaner seinen heimischen Sponsoren-Markt erfolgreich beackert, sind auch nicht von der Hand zu weisen.

Überrascht sei er nicht, sagte er: "In der Formel 1 kümmern sich die Besitzer um sich selbst und nicht darum, was das Beste für die Serie ist." Parallel stellt sich aber auch die Frage, ob Andretti mit seinem Gepolter mehr erreicht, als wenn er nur seine Bewerbung für sich sprechen lassen würde. So macht er sich schon im Vorfeld Feinde.

Deshalb mischt sich auch Mohammed Ben Sulayem in die Diskussion ein. Der Präsident des Automobil-Weltverbandes kann die Probleme, die sich die Formel 1 aktuell selbst macht, nicht nachvollziehen. "Wir sollten aussichtsreiche Bewerbungen von Weltfirmen wie GM und von Vollblut-Racern wie Andretti ermutigen", sagte er am Rande der Rallye Dakar: "Ein solches Engagement wäre der Vielfalt der Formel 1 zuträglich und würde die Anziehungskraft der Königsklasse erweitern".

Fia-Boss hat sich positioniert

Als Boss des Weltverbandes ist auch bei ihm immer Politik im Spiel. Denn klar: Die Fia verdient mit einem weiteren Team mehr Geld. Fakt ist: Er hat sich positioniert. "Wir reden über GM, einer der Top-5-Automobilhersteller der Welt. Und nicht über irgendjemanden, der ein Abenteuer in der Formel 1 haben will", meinte Ben Sulayem: "Wir müssen so etwas fördern. Zudem wäre es ein Team aus den USA, das wäre wichtig für die Formel 1 und würde eine Tür öffnen."

Das letzte Wort ist bei dem Streit daher noch nicht gesprochen, denn Andretti spornt der Widerstand sogar an. "Man muss sich auf seine Arbeit konzentrieren und nicht auf die Pessimisten hören. Ich nutze die Pessimisten sogar als Motivation. Es macht immer Spass, sie zum Schweigen zu bringen", sagte er. Allerdings müssen alle an einem Strang ziehen, damit es gemeinsam weitergeht. Im Moment sind die Beteiligten aber noch Gegner. Und das schon vor dem Einstieg. Die Formel 1 ist bisweilen seltsam.

Verwendete Quelle:

  • forbes.com: Michael Andretti Sounds Off On Formula One Pushback; Remains Optimistic He Checked All The Boxes For F1 Bid
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