Nun muss sich auch die Formel 1 dem Coronavirus beugen. Nachdem ein Mitarbeiter von McLaren positiv getestet wurde, steht nun fest: Das Auftaktrennen in Australien fällt aus.

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Nach dem ersten Coronavirus-Fall in der Formel 1 ist das Auftaktrennen in Australien abgesagt worden, die weitere Saison stürzt ins Chaos. Nach einer Wirrwarr-Nacht für die Königsklasse des Motorsports teilten diese Entscheidung die Formel 1 zusammen mit dem Motorsport-Weltverband FIA und dem lokalen Veranstalter am Freitag mit. Der erste Grand Prix des Jahres hätte am Sonntag (6.10 Uhr/MEZ/Sky und RTL) in Melbourne stattfinden sollen. Nach Gesprächen mit den verbliebenen neun von zehn Teamchefs sei es die "Sicht der Mehrheit der Rennställe" gewesen, nicht zu fahren. Die Ticketinhaber sollen voll entschädigt werden.

McLaren meldet positiven Test bei Mitarbeiter

Wenige Stunden zuvor hatte McLaren um seinen deutschen Teamchef Andreas Seidl den positiven Test bei einem seiner Mitarbeiter bestätigt und sich als Konsequenz für das Rennen zurückgezogen.

Die Rennorganisatoren nahmen anschliessend mit der Formel 1, dem Motorsport-Weltverband Fia sowie dem Ministerium für Gesundheitspflege und Soziale Dienste Gespräche auf, um über die "weiteren Auswirkungen" zu sprechen und die "nächsten Schritte" abzustimmen. Es folgten Stunden voller Ungewissheit für die Fans, die am Freitagmorgen (Ortszeit) sogar vor verschlossenen Toren ausharren mussten. Die Konsequenzen fielen dann mit der kurzfristigen Verschiebung nur wenige Stunden bevor beim Auftakttraining die ersten Formel-1-Motoren losheulen sollten drastisch aus.

Der Angestellte des englischen Traditionsrennstalls wurde kurz nach Auftreten erster Symptome isoliert und wird von lokalen Gesundheitsbehörden betreut. McLaren hatte am Mittwoch zusammen mit dem US-Team Haas die ersten Verdachtsfälle auf das Coronavirus im Fahrerlager bestätigt. Es handelte sich um eine Person bei den Engländern und um insgesamt vier Mitarbeiter von Haas. Die Ergebnisse beim US-Team fielen negativ aus.

Grand-Prix-Chef Andrew Westacott sprach später von insgesamt acht Testergebnissen aus dem Fahrerlager sowie einer neunten Person, die aber nicht im Umfeld der Rennserie zu verorten ist.

Auch GP von China wird verschoben

Das erste von ursprünglich einmal 22 geplanten Saisonrennen findet damit vorerst nicht statt. Angesichts von Reisebeschränkungen in der Coronavirus-Krise vor allem für Teams aus Italien hatte Formel-1-Sportchef Ross Brawn vor wenigen Tagen gesagt: "Wenn ein Team an der Einreise in ein Land gehindert wird, dann können wir kein Rennen haben." Alles andere wäre "nicht fair".

Die Formel 1 musste wegen der Epidemie bereits das für den 19. April in China geplante Rennen verschieben. Der Grand Prix von Bahrain am 22. März wird im besten Fall und aus Sicherheitsgründen vor leeren Rängen ausgetragen. Die anschliessend angesetzte Vietnam-Premiere in Hanoi am 5. April steht ausserdem in Frage. Nicht ausgeschlossen, dass die Formel 1 in diesem Jahr erst am 3. Mai in Zandvoort in den Niederlanden in die Saison startet.

Vor der krachenden Nachricht von McLaren hatte Weltmeister Lewis Hamilton die Austragung des Formel-1-Auftakts in Australien scharf kritisiert. "Ich bin sehr, sehr überrascht, dass wir hier sind", äusserte der Titelverteidiger sein Unverständnis. "Ich denke, es ist grossartig, dass wir Rennen haben können, aber für mich ist es schockierend, dass wir alle in diesem Raum sitzen."

Das Coronavirus hat sich inzwischen in mehr als 110 Ländern ausgebreitet. Die Weltgesundheitsorganisation spricht von einer Pandemie.

Seidl und McLaren-Geschäftsführer Zak Brown informierten die Bosse der Formel 1 und den Motorsport-Weltverband FIA am Abend über ihren Entschluss. "Die Entscheidung wurde aus einem Gefühl der Vorsorge nicht für die Formel-1-Angestellten von McLaren und Partner getroffen, sondern auch für die Wettbewerber, die Formel-1-Fans und die Anteilseigner der Formel 1", hiess es in der Mitteilung.

Eine Verschärfung der Lage trat aber ein. "Ich würde hoffen, dass es nicht so weit kommt", hatte Vettel zu einer eskalierenden Situation rund um den Albert Park Circuit gesagt. "Wenn es soweit kommen sollte, dann zieht man auf jeden Fall die Bremse."

Fahrer haben Verständnis

Vettels Plan für dieses Wochenende sah eigentlich vor, sich mit seinem auf den Namen "Lucilla" getauften neuen Ferrari-Dienstwagen einen Schub für seine Titelmission zu verschaffen. Das ist erstmal aufgeschoben. "Wie Lewis gesagt hat, ist es angemessen zu fragen, warum man hier ist."

Hamilton verwies unter anderem darauf, dass zum Beispiel andere Sportarten wie die NBA der Coronavirus-Krise mit einer Unterbrechung ihres Spielbetriebs begegnen. "Es scheint, als ob der Rest der Welt reagiert", sagte der sechsmalige Weltmeister, der in diesem Jahr den Titelrekord von Michael Schumacher einstellen will.

Und die Formel 1? Sowohl Geschäftsführer Chase Carey als auch FIA-Boss Jean Todt gerieten nach der McLaren-Entscheidung und langem Schweigen unter Zugzwang. Sie wollten dieses Rennen unbedingt austragen wie auch der lokale Veranstalter, dem der Grand Prix eigentlich viel Geld einbringen sollte.

Lage war nicht unter Kontrolle zu halten

Der Bundesstaat Victoria lässt sich das Spektakel dem Vernehmen nach alleine rund 60 Millionen australische Dollar kosten, das sind umgerechnet etwa 35 Millionen Euro. "Geld regiert die Welt", antwortete Hamilton bei der Pressekonferenz auf die Frage, warum man am Rennen festhalten wollte. "Um ehrlich zu sein, weiss ich es aber nicht." Die Menschen im Land seien besorgt, stellte Hamilton fest. "Wir bringen einen ziemlich grossen Zirkus hierher. Es ist definitiv für mich beunruhigend."

Im Fall von positiven Tests wurde von Regierungsseite im Bundesstaat Victoria längst die Notbremse ins Spiel gebracht. "Wir haben diesen Zeitpunkt noch nicht erreicht, an dem wir diese extremen Massnahmen ergreifen müssen", hatte die zuständige Gesundheitsministerin, Jenny Mikakos, gesagt. "Wir werden aber nicht zögern, diese Schritte zu ergreifen, wenn wir diesen Hinweis bekommen." Extreme Massnahmen wurden dann nach stundenlangen Beratungen doch ergriffen.

Die Formel 1 versuchte zuvor, die Lage mit Vorsorgemassnahmen im Fahrerlager irgendwie unter Kontrolle zu halten. Es gab zusätzliche Möglichkeiten zur Handdesinfektionen, die Rennställe gingen auf Distanz. So nahm Haas-Teamchef Guenther Steiner zum Beispiel hinter einem schwarzen Absperrband Platz, um Abstand zu Journalisten zu wahren. Am Ende legte die Formel 1 eine Vollbremsung ein. (ska/dpa)

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