Also doch. Das Chassis von Vettels Formel-1-Ferrari hatte einen Schaden. Der viermalige Weltmeister tritt nun mit einem neuen an. In Spanien erwartet ihn und sogar Titelverteidiger Lewis Hamilton aber noch eine andere Herausforderung. Sie heisst nicht Verstappen.

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Ferrari greift zum letzten Mittel: Die Scuderia wechselt beim lahmenden Formel-1-Rennwagen von Sebastian Vettel das Chassis. In der Analyse nach dem Rennen in Silverstone sei ihnen ein kleiner Fehler aufgefallen, erklärte Chassis-Chefingenieur Simone Resta am Mittwoch. Verursacht wurde der Schaden durch einen schweren Aufprall auf die Randsteine.

Schon nach dem erneut desaströsen Vettel-Abschneiden am vergangenen Sonntag hatte der ebenfalls schwer unter Druck stehende Teamchef Mattia Binotto einen möglichen Wechsel des Chassis nicht ausgeschlossen.

In der Vorschau auf den Grossen Preis von Spanien am kommenden Sonntag (15:10 Uhr/Sky und RTL) kam er nicht zu Wort, Vettel äusserte sich darin auch nicht zu dem neuen Fahrgestell seiner "Roten Göttin". Dafür erklärte Resta: "Es hätte nicht grossen Einfluss auf die Leistung, aber es war die logische Entscheidung."

Vettel landete in Silverstone nur auf Platz zwölf

Wie gross nun berechtigte Hoffnungen auf Besserung sein dürfen, bleibt abzuwarten. Vettel nutzte die Mini-Pause nach dem erneuten Frustrennen von Silverstone mit Platz zwölf am vergangenen Sonntag, um bei einer Familie auf einem ehemaligen Gutshof in der Schweiz durchzuatmen und sicher auch das Gemüt etwas herunterzukühlen. Zuletzt hatte er offen via Funk das Team scharf kritisiert nach einem aus seiner Sicht zu frühen Reifenwechsel.

Das neue Chassis soll nun die Kehrtwende aus der Ergebnis-Sackgasse bringen. Zehn Punkte aus den bisherigen fünf Rennen holte Vettel. 130 wären möglich gewesen. Teamkollege Charles Leclerc kommt immerhin auf 45 Punkte. Experten hatten unlängst bereits einen Chassis-Wechsel bei Vettels Rennwagen als möglichen Ausweg aufgezeigt. So schlecht könne Vettel einfach nicht fahren, so der Tenor. Auch der Weltmeister von 2016, Nico Rosberg, sieht die Probleme eher beim Auto als beim Fahrer.

"Ich versuche alles, was ich kann. Ich stehe morgens auf und versuche, das Positive zu sehen", meinte Vettel selbst, ehe der Chassis-Wechsel bestätigt wurde. Sicher ist er sich, dass sich das Blatt irgendwann mal wenden wird. Aber schon jetzt? Schon auf dem Kurs, der im Februar die Schwächen des SF 1000 für die Saison mit dem 1.000. Rennen der italienischen Traditionsmarke in der Formel 1 gnadenlos offenlegte?

Wenig Optimismus bei Ferrari vor Barcelona-Rennen

Restas weitere Worte fallen nicht unbedingt in die Kategorie zuversichtsstärkend. "Wir kommen in Barcelona an mit dem Wissen, dass es für uns kein leichtes Wochenende werden wird", sagte der 49 Jahre alte Ingenieur.

Der grösste Unterschied zu den Tests vor rund einem halben Jahr wird kein Leistungssprung des in diesem Jahr zu schwachen Ferrari-Motors sein, sondern ein anderer, der allerdings alle zehn Teams und die gesamten 20 Fahrer betrifft. Die Hitze. Um die 30 Grad, dazu meist sonnig. Der ohnehin reifenverschleissende Asphalt des Circuit de Barcelona-Catalunya wird noch einige Grad heisser sein.

Entsprechend sorgt sich auch WM-Spitzenreiter Lewis Hamilton. "Ich gehe davon aus, dass wir auf dem Kurs die gleichen Probleme haben werden", sagte der Sechsfach-Weltmeister: "Es wird eine ernsthafte Herausforderung für uns."

Die Silberpfeile hatten zuletzt bei hohen Temperaturen in England die grössten Probleme mit den Reifen. Zuerst platzte Hamilton und Bottas jeweils ein Reifen, beim zweiten Grand Prix binnen einer Woche bildeten sich Blasen und die bremsten beide gehörig ein.

Nur eine "Handvoll Tage" bleibe, um die Gründe herauszufinden, betonte Teamchef Toto Wolff. "Allerdings folgten in der Vergangenheit auf unsere schlechten Tage auch meistens unsere grössten Lernfortschritte", meinte Rennchefingenieur Andrew Shovlin.

Max Verstappen ist Lewis Hamiltons neuer Herausforderer

Die Zeiten, in denen Vettel sich verstärkt Hoffnungen bei ausnahmsweise schwächelnden Silberpfeilen machen durfte, sind in seiner Abschiedssaison nicht gegeben. Das trifft eher auf Max Verstappen zu, der zuletzt dank cleverer Strategie und einer starken Fahrt den Sieg vor Hamilton und Bottas gefeiert hatte. 30 Punkte Rückstand hat der 22 Jahre alte neue Herausforderer auf den 35 Jahre alten Titelverteidiger.

2016 triumphierte Verstappen schon einmal auf dem Kurs und kürte sich zum jüngsten Grand-Prix-Sieger, als Mercedes sich mit grösseren Malaisen plagte. Allerdings in Form eines zünftigen Stallzoffs. Hamilton und dessen damaliger deutscher Stallrivale Nico Rosberg waren sich gegenseitig in der ersten Runde in die Autos gefahren und ausgeschieden.

In den Folgejahren machte Hamilton den Sieg-Hattrick in Spanien perfekt. Vor einem Jahr kam Verstappen auf Rang drei vor Vettel. Dessen letzter Sieg in Katalonien liegt schon eine Weile zurück, 2011 gewann er dort zuletzt mit Red Bull. Auch mit neuem Ferrari-Chassis wird sich an dieser Bilanz wohl nichts ändern. (dpa/lh)

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