Die Formel 1 startet am Wochenende mit dem Saisonauftakt in Australien in eine neue Ära. Alles ist anders, Mensch und Maschine werden an ihr Maximum getrieben - und Sebastian Vettel kämpft im Ferrari um den Titel. Gesucht werden neben dem Weltmeister auch Helden wie Michael Schumacher. Es wird spannend.

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Bei Nico Hülkenberg kribbelt es. "Ich bin schon ganz aufgeregt", grinst der Renault-Pilot, und natürlich kennt er den Grund seiner nervösen Vorfreude: der Formel-1-Saisonstart in Melbourne. Am Sonntag beginnt der schnellste Kreisverkehr der Welt, ein Rennjahr, das den Beginn einer Ära markiert.

Mit 2016 hat die Formel 1 nicht mehr viel gemeinsam, das ist Hülkenberg bereits aufgefallen: "Wenn eines der neuen Autos an einem vorbeifährt, denkst du: Was ist das für ein Lkw!?"

Breiter, wuchtiger, bulliger sind Wagen wie Reifen geworden, insgesamt aggressiver, ergo schwerer zu beherrschen. Umgekrempelte Aerodynamik und freie Motorenentwicklung verleihen der Formel 1 jenen Charakter, den sie sich gerne selbst gibt: Speerspitze des Motorsports.

Vier Weltmeister, ein Debütant, zwei Geheimtipps

Nun denn. Die Klasse von 2017 umfasst 20 Piloten aus 14 Nationen, aufeinander vereinen sie 1942 Grand-Prix-Teilnahmen, 163 Siege und zehn Titel.

Trotz Nico Rosbergs Rücktritt sind vier Champions dabei: Sebastian Vettel (Ferrari), Lewis Hamilton (Mercedes), Fernando Alonso (McLaren) und Kimi Räikkönen (Ferrari), mit 37 zugleich Alterspräsident. Sein Gegenstück ist Lance Stroll (18, Williams), einziger Debütant der Saison. Dennoch bedeutet ein Schnitt von 26,5 Jahren das jüngste Feld der Geschichte.

Auf wen zu achten ist? Neben den grossen Tieren aus den Lagern Mercedes, Ferrari, Red Bull womöglich auf Carlos Sainz, der im Toro Rosso die Experten verblüffte. Oder auf Sergio Pérez, der bei Force India meist zur Stelle ist, wenn Podien abzustauben sind; mutig hat er Konstrukteursrang drei für den Rennstall mit den rosa Boliden als Ziel formuliert.

Hamilton sicher: Ferrari ist Favorit!

Das Red-Bull-Duo um Daniel Ricciardo und "Kannibale" Max Verstappen gilt als beste Fahrerpaarung, und was Rosbergs Mercedes-Nachfolger Valtteri Bottas leisten kann, wird ohnehin mikroskopisch beäugt.

Der vom Deutschen entthronte Hamilton sieht Vettel als ersten Titelanwärter, sein Boss Niki Lauda sagt: "Wer glaubt, dass wir die Favoriten sind, ist naiv." Tatsächlich wirkte die Scuderia bei den Tests in Barcelona stark und stabil, was allerdings nichts heissen muss - Test bleibt Test.

Das Fachmagazin "auto motor und sport" zitiert einen namentlich nicht genannten "Mercedes-Mann" mit diesen Worten: "Wenn Ferrari alles richtig macht, dürfen wir uns nicht den geringsten Fehler erlauben." Klingt verheissungsvoll. Allein eine Konkurrenzsituation wäre nach Jahren der Mercedes-Monotonie ein Zugewinn für den Zuschauer.

Vettel fährt um seine Zukunft

"Wir müssen unschlagbar werden wie in der Schumacher-Ära", trommelt Ferrari-Firmenchef Sergio Marchionne, nachdem in der vergangenen Dekade lediglich Räikkönen einen Titel nach Maranello holte (2007).

So kämpft Vettel um die WM-Krone und andererseits um Weiterbeschäftigung; sein Ferrari-Vertrag endet, Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff hat Avancen lanciert: "Er würde zum Team passen. Es wäre fahrlässig, Sebastian nicht auf der Rechnung zu haben ..."

Legende Schumacher schlägt indes den Bogen zu Ross Brawn, früher Ferraris Denkfabrik, heute Sportdirektor von Liberty Media, der neuen Formel-1-Führung aus den USA. Kurzfristig sind nur Eingriffe in die Vermarktung möglich, auf Sicht soll der Sport ikonische Figuren produzieren - wie einst Schumacher.

Autos wie "Monster", Fahrer wie "Gladiatoren"

"Er war ein Held, genau wie Senna, Mansell oder Prost", sagt Brawn zu "Auto Bild Motorsport". Diese Ausprägung wurde gehemmt, weil Marken über Menschen thronten, als Diktat der einflussreichen Konzerne, Hersteller und Sponsoren. Das soll sich ändern. "Die Besitzer kommen aus einer Welt voller Stars und wollen diese Herangehensweise in der Formel 1 implementieren. Wenn wir Helden fördern statt unterdrücken, können sie sich auch wieder entwickeln", betont Brawn.

Und wie? Etwa mit brachialeren Rennmaschinen, die Force Indias Esteban Ocon als "Autos für echte Männer" bezeichnet. Rosberg staunte bei seinem Barcelona-Besuch über Boliden, die "wie Monster" aussehen würden. "Genau so muss es sein, dann werden die Fahrer zu Gladiatoren!"

In diesem Kontext hilft die gekappte "Verstappen-Regel", Spurwechsel in der Bremszone - wie vom Teenager salonfähig gemacht und dann verboten - sind fortan gestattet, sofern sie die Sicherheit nicht gefährden. Die Rennkommissare greifen bloss bei eindeutigen Delikten ein, die Strafenflut soll Vergangenheit sein, härteres Racing die Zukunft.

Formel 1 "wird abgehen wie Luzi"

Formel 1 anno 2017, es wird spektakulär, mit Wagen, die bis zu 40 km/h flotter durch Kurven flitzen als zuvor. Das bedingt erhöhte Fliehkräfte, weshalb die Piloten ihr Trainingsprogramm drastisch intensivierten. Motto: Muskelaufbau statt Magerwahn. "Kopf und Zunge werden hängen", glaubt Rosberg, während Hamilton von Belastungen "jenseits aller Vorstellungskraft" spricht.

Die Simulatoren eröffneten einen Eindruck. "Das wird hart", berichtet Hülkenberg, "im Vergleich dazu war‘s früher eine Kaffeefahrt". Zu einer Passage auf dem Kurs von Melbourne sagt er: "Die schnelle Links-Rechts-Kombination - also die Kurven 11 und 12 - werden jetzt abgehen wie Luzi."

Ein stellvertretender Satz für den aufgemotzten PS-Zirkus. Die Formel 1 rast endlich los. Start frei!

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