Mercedes hat zuletzt beim elften Saisonrennen in Spielberg das erste Mal seit 2022 wieder einen Sieg feiern können. Doch Teamchef Toto Wolff hätte fast alles versaut. Wofür sich der Österreicher auch sehr schämt.
George Russell war fuchsteufelswild. Der Brite fauchte seinen Teamchef beim Grossen Preis von Österreich dermassen an, dass man sich um die Zukunft Russells fast schon Sorgen machen musste. Denn wer seinen Boss so anpflaumt, kann im normalen Berufsleben durchaus mit Konsequenzen rechnen. "Lass mich verdammt nochmal fahren", hatte Russell Mercedes-Teamchef Toto Wolff ziemlich deutlich per Funk mitgeteilt. Es gab dann auch eine Entschuldigung - von Wolff.
Denn der Österreicher wurde beim elften Saisonrennen von seinen Emotionen übermannt. Als Weltmeister Max Verstappen (Red Bull Racing) und Lando Norris im McLaren in der 64. Runde an der Spitze des Feldes kollidierten, war der Weg für Russell frei. Und da Mercedes schon länger nicht mehr vom Erfolg verwöhnt wurde, unterlief Wolff ein Anfängerfehler.
Russell nimmt es mit Humor
"Ich habe die grösste Dummheit in meinen zwölf Jahren Formel 1 gemacht", sagte Wolff bei ServusTV: "Als ich gesehen habe, dass die kollidiert sind, habe ich den Funk aufgemacht und gesagt: 'We can win this!' Während er auf der Bremse gestanden ist von 300 auf Kurve drei", so Wolff. Mitten in der wohl intensivsten Konzentrationsphase palavert der Chef in den Funk. Russell nahm es nach seinem zweiten Formel-1-Sieg und dem ersten für die Silberpfeile nach Brasilien im November 2022 mit Humor.
"Auf einmal hörte ich Toto schreien: 'Du kannst das gewinnen!' Ich wäre fast gecrasht, weil er mir so in die Ohren geschrien hat. Es war echt laut. Aber das zeigt auch, wie viel Leidenschaft wir alle haben", sagte der 26-Jährige der Presse.
Man muss bei aller Kritik, die Wolff für seinen Fauxpas einstecken muss, aber auch Verständnis für ihn aufbringen. "In Brasilien 2022 war ich nicht dabei. Das letzte Mal, dass ich gewonnen hab, war irgendwann mal in 2021", verriet Wolff. Deshalb sei ihm ein Stein vom Herzen gefallen. Denn die sieglose Zeit beschäftigte ihn nicht nur selbst, der Druck von aussen stieg mit jedem ernüchternden Auftritt.
Der dümmste aller Funksprüche
Trotzdem wird der Fehler den 52-Jährigen noch eine Zeit lang verfolgen. "Ich habe überhaupt nicht auf GPS geschaut, wo er ist, einfach nur emotional auf den Knopf gedrückt. Ich werde mich dafür immer schämen. Damit hätte ich ihn raushauen können. Man stelle sich mal vor, wie sich das angefühlt hätte ... wirklich peinlich", sagte Wolff bei Sky.
So peinlich, dass er zum ehemaligen Haas-Teamchef Günther Steiner, der heute als Experte fungiert, sagte: "Ich glaube, damit habe ich dich abgelöst, mit dem dümmsten aller Funksprüche. Ich bin jetzt die Nummer eins, eindeutig."
Dabei ist es das Ziel von Mercedes, wieder die Nummer eins in der Formel 1 zu werden. Bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg, denn als
Doch auch wenn es "nur" ein abgestaubter Sieg war: Er gebe Mercedes "ganz viel Auftrieb" für das anstehende Heimspiel in Silverstone, so Wolff. "Ein Motivationsschub für alle, sehr positiv. Wir haben nie den Kopf hängen lassen, einfach immer weiter gepusht. Es sind viele Mitarbeiter hier, die noch nie ein Rennen gewonnen haben, junge Leute. Deswegen ist es wichtig, dass wir das jetzt eingefahren haben."
Wichtig ist der Erfolg auch für Russell, der im internen Duell seinen Teamkollegen
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"Wir reiten im Moment auf einer Welle. Die letzten drei Rennen waren unglaublich", so Russell. Hamilton und er fuhren jeweils einen dritten Platz ein, bestätigten den Aufwärtstrend, der am Wochenende beim Rennen in Silverstone fortgesetzt werden soll. Punktemässig ist Mercedes mit 196 Zählern derzeit hinter Red Bull (355), Ferrari (291) und McLaren (268) nur die vierte Kraft.
Doch Mercedes will natürlich mehr. Wolff kündigte Upgrades für die kommenden Rennen an. "In Ungarn kommt etwas, in Spa kommt etwas - und vielleicht können wir diese zwei Zehntel, zweieinhalb Zehntel im Schnitt, die uns fehlen, dann aufholen." Damit Siege aus eigener Kraft möglich sind. Sofern sich der Chef dann auch brav zurückhält.
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