Am 19. August feiert der ehemalige Renault-Pilot Nico Hülkenberg seinen 33. Geburtstag. Vielleicht der Auftakt zu einem besonderen Jahr: Zum Ende der Formel-1-Saison 2019 bekam er nach 177 Grand-Prix-Einsätzen keinen neuen Vertrag mehr. Ein positiver Corona-Test bei Hülkenbergs einstigem Teamkollegen Sergio Perez aber sorgte für ein unerwartetes Comeback. Es ist Hülkenbergs Chance, ein Cockpit zu erobern, das auch Sebastian Vettel im Auge haben soll. Renn-Legende Hans-Joachim Stuck sagt, warum Hülkenberg die bessere Wahl wäre.

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Acht Monate lang sass Nico Hülkenberg in keinem Formel-1-Auto. Der 32-jährige Deutsche erhielt bei Renault nach seinem 177. Grand-Prix-Einsatz keinen neuen Vertrag.

Unverhofft ergab sich für Hülkenberg anlässlich des vierten WM-Laufs in Silverstone die Chance, seinen einstigen Force-India-Kollegen Sergio Perez im Nachfolgeteam Racing Point zu ersetzen. Perez war nach seinem Heimat-Urlaub bei der Familie in Mexiko positiv auf eine Infektion mit dem Coronavirus getestet worden. Vermutet wird, dass sich Perez bei seiner erkrankten Mutter angesteckt hat.

Stuck: "Hülkenberg ist fahrgeiler als alle anderen"

Perez' Leid ist Hülkenbergs Freud': "Der Nico ist ein Renntier", freut sich der langjährige Formel-1-Pilot Hans-Joachim Stuck im Gespräch mit unserer Redaktion für einen Landsmann, den er "gut genug" kenne, um sagen zu können: "Für den Nico ist das das Höchste. Er ist im Moment fahrgeiler als alle anderen."

Da auf die Schnelle für Hülkenberg kein Rennanzug zu schneidern war, schlüpfte der Deutsche in ein Modell seines Teamkollegen Lance Stroll. Beide Männer sind mit 1,84 Meter (Hülkenberg) und 1,82 Meter (Stroll) annähernd gleich gross. Auf Twitter ist in einem Video zu sehen, wie Hülkenberg im Rennanzug Richtung Piste spurtete.

Auf diese Gelegenheit habe Hülkenberg nur gewartet. "Für ihn wird es eine Wonne sein, den Motor zu hören." Dabei spiele es keine Rolle, dass er länger nicht gefahren sei. "Das verlernt man nicht. Er braucht zehn Runden, und dann weiss er, wo es hingeht."

Hülkenberg bestätigte aus dem Stand Stucks Erwartungen, obwohl er am Morgen lediglich 45 Simulatorminuten in dem ihm unbekannten Auto hatte. Zudem musste er neben Strolls Anzug auch Strolls Sitz im Wagen benutzen.

Hülkenberg fährt im zweiten Training die siebtbeste Zeit

Hülkenberg landete im Vormittagstraining mit einer Rundenzeit von 1:28,592 Minuten auf Rang neun, 1,170 Sekunden hinter dem Schnellsten. Das war Max Verstappen im Red Bull vor Weltmeister Lewis Hamilton. Dritter wurde Hülkenbergs Racing-Point-Kollege Lance Stroll.

Sebastian Vettel erzielte im Ferrari als einziger Teilnehmer keine Zeit. Nach zwei Runden war für den scheidenden Ferrari-Star das Training wegen Kühlproblemen an seinem Auto beendet.

Am Nachmittag, im zweiten freien Training, setzte Hülkenberg noch einen drauf: Platz sieben in 1:27,910 Minuten. Teamkollege Stroll liess gar mit der Bestzeit aufhorchen: 1:27,274 Minuten, vor Alexander Albon im Red Bull und Valtteri Bottas im Mercerdes. Titelverteidier und WM-Leader Lewis Hamilton bleibt trotz seines mageren fünften Platzes (1:27,581 Minuten) erster Anwärter auf seinen siebten Sieg in Silverstone.

Vettel landete in 1:28,860 Minuten nur auf Rang 19. Die technischen Probleme an seinem Wagen bekam Ferrari nicht in den Griff.

Die Frage, wo es für Vettel nach der Saison hingeht, stellt sich seit Monaten. Vettel steht am Saisonende - wie Hülkenberg seinerzeit - ohne Team da. Vettels Abschied von Ferrari steht nach sechs Jahren ohne WM-Titel fest.

Vettel zu Racing Point? "Will sicher sein, das Richtige zu machen"

Pikanterweise kam das Gerücht auf, Vettel wechsele 2021 zu Racing Point - als Perez' Nachfolger. Teamchef Otmar Szafnauer ist schon länger ein guter Kumpel Vettels. Der Rennstall wird ab 2021 das neue Werksteam von Aston Martin. Vettel sagte dazu in Silverstone nur: "Es ist eine aufregende Zeit. Ich will sicher sein, dass ich das richtig mache. Gute Dinge sollten nicht überhastet werden."

Hülkenbergs Rückkehr auf die Rennpiste verleiht dem Geschehen indes eine unvorhergesehene Dynamik. "Der Nico muss sich jetzt beweisen", sagt Stuck - und Hülkenberg tritt damit in direkte Konkurrenz zu Vettel, wenn es um die Besetzung des Racing-Point-Cockpits in der kommenden Saison geht. Aber auch andere Teamchefs, ist sich Stuck sicher, würden "nachdenken", wenn Hülkenberg in Silverstone "einen guten Job" mache.

Stuck: "Hülkenberg ist für das Team unkomplizierter als Vettel"

Stuck wirft den finanziellen Aspekt in die Diskussion. Vettel sei nicht nur "vielfacher Weltmeister", sondern koste dementsprechend "auch viel Geld." Zudem, obwohl Vettel nur einen Monat älter als Hülkenberg ist, spreche für Letzteren aus Stucks Sicht dessen "jugendliche Frische. Hülkenberg ist unkomplizierter als Vettel."

Stuck präzisiert: "Wenn sie einen Sebastian Vettel als vielfachen Weltmeister ins Team holen, dann dampft die Kacke aus allen Rohren. Dann bekommen sie als Team Haue, denn die Journalisten warten ja nur darauf, dass es nicht wie erwartet läuft. Diesen Fokus haben sie auf den Hülkenberg nicht."

Stuck vermutet, dadurch sei ein "konzentrierteres und ruhigeres Arbeiten als mit Vettel" möglich. Für das Team, in das Vettel komme, sei es im Vergleich mit Hülkenberg "schwieriger, das Umfeld zu schaffen, das Vettel erwartet."

Mit Material der dpa
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