Je unzufriedener Max Verstappen wird, desto mehr meckert der Niederländer. Vor dem fünften Rennen in Miami am Wochenende ist klar: Der Weltmeister ist trotz der Red-Bull-Dominanz sehr unzufrieden – zuletzt in Baku kritisierte er nahezu alles.

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Es ist ein schmaler Grat für Max Verstappen. Im Sport möchte man Athleten, die offen ihre Meinung sagen, die ein wenig polarisieren, die nicht den üblichen PR-Einheitsbrei von sich geben. Der Formel-1-Weltmeister hat zwar auch jede Menge Plattitüden im Repertoire, kann aber auch auf das verbale Gaspedal treten, wenn er will.

Dann kommt es aber schon mal vor, dass es zu viel des Guten wird. Dann lässt das Gesagte tief blicken, wie zuletzt beim Rennwochenende in Baku, als Verstappen alles und jeden kritisierte und ihn der Ruf einholte, ein schlechter Verlierer zu sein.

Die Formel-1-Macher bekamen ihr Fett weg – für das Sprint-Format. "Das könnt ihr alles über Bord werfen. Wir sollten zum alten System zurückkehren und lieber darauf achten, eine höhere Leistungsdichte im Feld zu erreichen. Das wäre viel gescheiter als all diese künstlichen Eingriffe", sagte Verstappen, der den Sprint als "reine Show" bezeichnete. "Ich bin ein Racer durch und durch, aber das ist kein Racing. Das ist pures Entertainment." Der Niederländer war bei dem Kurz-Rennen auf dem Stadtkurs nur Dritter geworden.

Verstappen den WM-Pokal sofort geben

"Vielleicht sollten wir ja Max besser den WM-Pokal gleich überreichen und uns nicht weiter um all das kümmern. Das ist schon derbe. Das zeugt von einem schlechten Verlierer", wetterte der frühere Formel-1-Weltmeister Damon Hill bei Sky. Man muss dazu sagen: Verstappen konnte mit dem Sprint-Format noch nie etwas anfangen, auch nach Siegen echauffierte er sich darüber.

Damit war Verstappen in Baku aber noch längst nicht fertig, er knöpfte sich auch seinen Mercedes-Kollegen George Russell vor, der dem Weltmeister beim Sprint bei einem harten Manöver in die Seite gefahren war und den Seitenkasten beschädigt hatte. Eine Strafe gab es für Russell nicht, dafür eine Schimpftirade von Verstappen, der Russell vor laufenden Kameras als "Schwachkopf" bezeichnete, später auch als "Prinzessin George". Ausserdem kündigte er an, dass Russell das nächste Mal das Gleiche erwarten könne.

"Am Ende des Tages fallen solche Worte auch immer in der Hitze des Gefechts. Es war ein kleiner Rennzwischenfall", sagte Russell, der von Verstappens Vehemenz und Wut überrascht war. "Seine Kommentare haben mich ein wenig enttäuscht. Max ist ein super netter Kerl, ein grossartiger Fahrer, nur sind solche Worte einfach unnötig", sagte der Mercedes-Pilot.

Gleiche Einstellung wie bei Senna oder Schumacher

Für Hill sei das "genau die Einstellung, die wir früher bei Senna oder Schumacher erlebt haben. Solche Fahrer können einfach nicht akzeptieren, dass sie bei einem Vorfall möglicherweise so etwas wie eine Mitschuld tragen", sagte Hill: "Eigentlich müsste Verstappen ja wissen, wie das ist. So eine Aktion hat er gegen Hamilton in Monza 2021 versucht. Damals hat er sich ein Eigentor geschossen."

Ein Eigentor schoss sich das Team dann im Hauptrennen, als man Verstappen trotz des Crashs von Nyck de Vries (AlphaTauri) an die Box holte, kurz vor dem Einsatz des Safety Cars. Der Niederländer verlor so die Führung an seinen Teamkollegen Sergio Perez, der den Sieg, den zweiten nach dem Erfolg im Sprint, nicht mehr abgab.

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Kritik am eigenen Team

Dumm gelaufen, kann passieren – man kann das als Fahrer abhaken und intern aufarbeiten. Nicht mit Verstappen. "Wir müssen überprüfen, ob da bei uns wirklich alles ideal gelaufen ist", sagte der 25-Jährige und spielte darauf an, dass seine Mannschaft hätte ahnen müssen, dass nach dem Unfall ein Safety Car kommen würde.

"Das Team hat hier den besseren Überblick als ich. Wir werden uns ansehen müssen, ob man da nicht etwas anders hätte machen müssen." Öffentliche Kritik am Team – nichts Neues bei Verstappen, der wohl einer der wenigen Fahrer ist, der sich das erlauben kann. Doch Hill findet: "Max ist das ganze Wochenende von der Rolle gewesen."

Und das alles zeigt, wie viel Zündstoff in diesem WM-Kampf trotz der Red-Bull-Dominanz steckt, wie hoch der Druck ist. Denn Perez agiert auf Augenhöhe, er kommt mit dem Auto in dieser Saison besser zurecht, wirkt in seinem dritten Red-Bull-Jahr bereit wie nie. "Es ist offensichtlich, dass sich die Verstappen-Seite einen neuen Teamkollegen wünscht, diese Gerüchte höre ich überall", unterstreicht Sky-Experte Ralf Schumacher in seiner Kolumne, wie zerrüttet das Verhältnis zwischen den beiden Teamkollegen inzwischen ist.

Aber: "Perez weiss, dass seine Zeit bei Red Bull ablaufen wird. Deshalb wird er jetzt egoistischer", so Schumacher. "Er kämpft um seine Chance, vorne mitzugeigen, Siege einzufahren und ein Wörtchen um den Titel mitzureden."

Der Mexikaner hat nur noch sechs Punkte Rückstand auf Verstappen und meldet seine WM-Ambitionen immer öfter und lauter an. Doch Verstappen weiss ganz genau, wie er seine eigene Stellung im Moment verbal zementiert, wenn es auf der Strecke gerade nicht klappt. Doch so lange sein Teamkollege erfolgreich Druck ausübt, bleibt das für Verstappen ein schmaler Grat.

Verwendete Quellen:

  • Sky Sport: Formel 1 Kolumne: Schumacher: "Dann würde es Sinn ergeben, sich von Perez zu trennen"
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