Lance Stroll steht nach seinem sowohl kuriosen als auch peinlichen Aus beim Grand Prix in Brasilien in der Kritik. Nicht wenige fragen sich: Hat der Kanadier überhaupt noch Lust auf die Formel 1?

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Lance Stroll blieb stoisch. Wo man anderen Fahrern eine routinierte Abgeklärtheit zusprechen würde, besteht der Verdacht, dass es bei dem Kanadier eine inzwischen sehr ausgeprägte Gleichgültigkeit ist, die ihn nach einem Abflug in der Einführungsrunde des Formel-1-Rennens in Brasilien eine so nüchterne Bestandsaufnahme wie "Ich bin gecrasht" gelangweilt-monoton in den Funk sprechen lässt.

Dass er nach dem trotz der schwierigen Wetterbedingungen in Sao Paulo eher peinlichen Ausrutscher anschliessend bei der angepeilten Fahrt zurück in die Box den Weg durch das Kiesbett wählte und mit seinem Aston Martin prompt steckenblieb, setzte der Farce die Krone auf. "Ja, ich bin gestrandet", meinte er lapidar. Seinem Renningenieur fehlten am Funk kurzzeitig die Worte.

"Drugovich, Drugovich"-Rufe des Publikums

Unter "Drugovich, Drugovich"-Rufen war das Rennen für Stroll beendet, bevor es überhaupt begonnen hatte. Felipe Drugovich ist Test- und Ersatzfahrer bei Aston Martin und Brasilianer, weshalb die Sprechchöre auf den Tribünen keine Überraschung waren.

Sie sind aber auch nicht aus der Luft gegriffen, denn es ist nicht das erste Mal, dass Fragen nach der Motivation Strolls aufkommen. Durch solche Aktionen werden sie nur drängender. Der 26-Jährige ist seit 2017 in der Formel 1 und fuhr in der Zeit dreimal auf das Podium. Seinem aktuellen Teamkollegen Fernando Alonso ist er in der Regel deutlich unterlegen, parallel macht er immer wieder einen lustlosen Eindruck.

Und das nicht nur auf der Strecke, sondern auch in Interviews oder Pressekonferenzen. Was eine Diskussion auslöst, ob er nicht jüngeren und vor allem motivierteren Fahrern Platz machen sollte.

Stroll fand Abflug "seltsam"

Stroll nannte hinsichtlich des Abflugs in Kurve 4 der Aufwärmrunde die Bremsen als Grund für das Aus: "Das war seltsam. Sobald ich auf die Bremse bin, haben die Räder hinten blockiert und ich war ein Passagier. Das habe ich noch nie im Auto gespürt, von daher war es vielleicht ein Bremsproblem. Das müssen wir uns anschauen", sagte er.

Sky-Experte Timo Glock sparte trotzdem nicht mit Kritik: "Da waren heute ein paar Dinge dabei. Das Auto auf dem Weg (in die Startaufstellung, Anm.d.Red.) verloren, dann da geparkt, im Qualifying das Auto kaputt gemacht, die Teilnahmslosigkeit (in den Interviews, Anm.d.Red.), da gibt es ja auch das eine oder andere Video aus der Pressekonferenz, da kannst du nur den Kopf schütteln", sagt der Deutsche, den das Ganze "sprachlos" macht. "Da gibt es viele, viele Talente da draussen, die den Platz mehr verdient hätten."

"Dem ist alles egal, er fährt halt"

Für den früheren Formel-1-Piloten Christian Danner war es "eine Mischung aus Unüberlegtheit, Doofheit und Gleichgültigkeit, das war eine Lachnummer", wie er bei "Motorsport-Magazin.com" erklärte. Und Gleichgültigkeit sei etwas, das man Stroll tatsächlich vorwerfen könne: "Dem ist alles egal, er fährt halt. Ich habe von Anfang an an seinen fahrerischen Fähigkeiten in Sachen Speed nicht ganz so viel auszusetzen gehabt. So langsam ist er gar nicht", betonte Danner: "Aber will er überhaupt Formel 1 fahren? Ganz ehrlich, das musste man immer hinterfragen und die Antwort war: Ich glaube nicht."

Danner bezeichnet ein Aus bei Aston Martin aber als "völlig undenkbar, denn der Mann, dem der Rennstall gehört, ist nun mal Papa Stroll". Lance ist der Sohn von Teambesitzer Lawrence Stroll und hat daher seinen Platz im Team sicher, sollte er nicht gerade seine Karriere beenden.

Es dürften trotzdem unangenehme Gespräche geführt worden sein. "Wenn man das Invest abwägt gegen das, was der wichtigste Angestellte dieses Teams macht, gibt es eine gewisse Diskrepanz", sagte Danner.

Soll heissen: "Wenn ich sehe, dass ich Milliarden ausgebe, die besten Ingenieure der Welt einkaufe, einen irrsinnigen Aufwand betreibe mit einer neuen Fabrik, mit einem Honda-Werksvertrag für die kommenden Jahre, und dann habe ich einen Fahrer, der so eine Slapstick-Einlage macht und das ist mein Sohn - ich würde gerne wissen, wie die das zu Hause im Wohnzimmer ausdiskutieren", so Danner. Dass Lance Stroll dabei gewohnt stoisch bleibt, ist zumindest nicht auszuschliessen.

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