Das Verhältnis zwischen Fahrer und Renningenieur ist in der Formel 1 entscheidend. Weltmeister Max Verstappen und Gianpiero Lambiase haben eine spezielle Beziehung, sie sind "wie ein altes Ehepaar". Was für Unterhaltung sorgt.

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Max Verstappen war sauer. Der Niederländer hatte gerade den dritten Abschnitt im Qualifying zum Rennen in Belgien erreicht. Allerdings nur als Zehnter, also gerade eben so. "Wir hatten nicht genug Temperatur in den Reifen. Wir hätten einfach zwei Runden durchpushen sollen, wie ich gesagt habe", schnauzte er seinen Renningenieur Gianpiero Lambiase am Funk an. Was folgte, war die Darbietung eines ungewöhnlichen Verhältnisses zwischen Fahrer und Renningenieur. Für Fans ein gefundenes Fressen, es war einer der seltenen Einblicke in die Zusammenarbeit.

Dass Lambiase nun betonte, dass Verstappen trotzdem durch sei, machte den Weltmeister nur noch wütender. "Das schert mich einen feuchten Dreck, ob ich als Zehnter durch bin. Das war schlecht durchgeführt." Lambiase liess sich das nicht gefallen: "Okay, aber für die letzte Runde war die Strecke zwei Sekunden schneller. Du hättest keine Batterie mehr übrig gehabt. Wie wäre das gewesen? Aber sag mir in Q3, was du tun willst, und wir tun es. Kein Problem. Reifensätze, Benzin, Runplan."

Seit 2016 der Mann an Verstappens Seite

Bumm. Das sass. Wenig später, nach der Pole Position, entschuldigte sich Verstappen für seinen verbalen Ausrutscher. "Ich gewöhne mich langsam daran", antwortete Lambiase, der seit 2005 in der Formel 1 arbeitet. Seit 2016 ist "GP", wie er auch genannt wird, der Mann an der Seite von Verstappen, seit 2022 ist er zudem der leitende Renningenieur des gesamten Teams. In erster Linie ist er aber Verstappens Mann im Ohr, der erste Ansprechpartner, der "Mülleimer", auch verbaler Sparringspartner. Beide haben eine Chemie gefunden, eine Wellenlänge, die auf den ersten Blick seltsam anmutet, aber in ihrer Vielschichtigkeit passt. Immerhin hat auch Lambiase seinen Anteil an den ersten beiden WM-Titeln und der aktuellen Triumphfahrt Richtung WM-Krone Nummer drei.

Dass ein Fahrer seinen Renningenieur anpampt, ist gar nicht so ungewöhnlich, das kommt immer wieder vor. Bei Verstappen und Lambiase aber in schöner Regelmässigkeit, und der Umgangston beruht auf Gegenseitigkeit. Weitere Kostproben davon gab es im Rennen in Spa. "Du hast eine Menge Reifen auf einer Outlap verbraucht, Max. Ich bin mir nicht sicher, ob das vernünftig war", funkte Lambiase. Und wenig später: "Dieser Reifen [Soft] hat im ersten Stint ziemlich abgebaut. Ich würde dich bitten, deinen Kopf etwas mehr zu benutzen." Verstappen antwortete kurze Zeit später: "Wie wäre es, wenn ich einfach noch mal in die Box komme? Dann könnt ihr ein bisschen üben." Lambiase konterte den flapsigen Spruch mit einem "diesmal nicht".

Ernst oder Spass? "Wahrscheinlich 50:50"

Verstappen wurde auf der Pressekonferenz nach seinem achten Sieg in Folge gefragt, wie viel am Funk denn ernst gemeint und wie viel Spass sei. Der Niederländer bezifferte das Verhältnis auf "wahrscheinlich 50:50. Ich weiss, dass das Team nicht gerne einen weiteren Stopp einlegt, aber ich erwähne es gerne, damit sie vielleicht ein bisschen nervös werden. Das ist schon in Ordnung. Wir kennen uns sehr gut und haben ein sehr gutes Verhältnis zueinander", sagte Verstappen. "Ich denke, wir können beide ziemlich deutlich oder emotional werden. Aber wir regeln das anschliessend immer."

Das Grundehrliche sorgt für Emotionen, ist aber ein Faustpfand, wenn es auf der Strecke mal nicht so läuft. Dann wissen beide sofort, woran sie sind. Herumgedruckse oder Missverständnisse kosten nur wertvolle Zeit.

"Die Zwei sind, das habe ich eh schon einmal gesagt, wie ein altes Ehepaar. Da kracht es jeden Tag", sagte Red Bulls Motorsportberater Helmut Marko bei "Sky" mit einem Augenzwinkern. Verstappen sei anspruchsvoll und man müsse ein starker Charakter sein, um damit umzugehen, sagte Teamchef Christian Horner. "Es herrscht grosser Respekt zwischen den beiden. Das kommt vom gegenseitigen Vertrauen, das du mit deinem Ingenieur haben musst." Immerhin hören bei den Gesprächen zwischen den beiden zudem rund 200 Millionen Menschen zu.

"Viele Renningenieure würden an diesem Druck zerbrechen"

Dass es trotzdem mal kracht, liegt am Temperament Verstappens. Der zweimalige Weltmeister "kommt schnell auf Touren", weiss Horner, "beruhigt sich dann aber auch wieder schnell. GP vergisst das nicht." Lambiases Coolness ist ein wichtiger Faktor in der direkten Zusammenarbeit: "Viele Renningenieure würden an diesem Druck zerbrechen. GP hat die Stärke und den Charakter, damit umzugehen. Und er hat den Respekt und das Vertrauen zwischen den beiden", so Horner.

Die Beziehung zum Renningenieur sei sehr wichtig, betonte Verstappen, der auch gefragt wurde, was denn passiere, wenn Lambiase eines Tages nicht mehr da sei. "Dann wäre das definitiv nicht ideal", sagte Verstappen. Und untertrieb dabei masslos.

Verwendete Quellen:

  • Pressekonferenzen
  • TV-Übertragung Sky
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