• Vor 30 Jahren, am 25. August 1991, absolvierte Michael Schumacher sein erstes Formel-1-Rennen. Der Weg dorthin war mehr als ungewöhnlich.
  • Die Konkurrenz war schnell beeindruckt und alarmiert. "Ich wusste, dass er ein neuer, unangenehmer Spieler ist, der uns in Zukunft das Leben schwer machen wird", sagt Gerhard Berger.
  • Kurios: Schumachers Debüt endete nach einem starken Qualifying nach nur 500 Metern.

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Die legendäre Karriere von Michael Schumacher startete mit Pfefferspray, einer Gefängnisstrafe und einer Lüge. Hollywoodreif könnte man sagen.

Denn zu der Geschichte seines Debüts in der Formel 1 am 25. August 1991 gehört auch die ungewöhnliche Vorgeschichte. Sie zeigt: Ein Selbstläufer war der Sprung ins Jordan-Cockpit vor 30 Jahren nicht. Im Gegenteil. Es brauchte auch den einen oder anderen Kniff, um die so erfolgreiche Karriere des heute 52-Jährigen überhaupt in Gang zu bringen.

Unverhoffte Chance für Schumacher

Der Weg wurde erst frei, weil Jordan-Stammfahrer Bertrand Gachot nach einem Streit mit einem Taxifahrer, den er mit Pfefferspray attackierte, verhaftet und zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wurde. Für Schumacher, 22 Jahre alt und in der Formel 3000 und der Sportwagen-WM unterwegs, eine unverhoffte Chance vor dem elften Saisonrennen 1991 in Spa.

Weil sein Manager Willi Weber dann auch noch log. Weber machte Teamchef Eddie Jordan den jungen Deutschen schmackhaft. "Who, the fuck, is Schumacher?", fragte Jordan zurück. "Du, Eddie, das ist der, der Macau gewonnen hat, du warst doch dabei!", erinnert sich Weber in seiner am 27. August erscheinenden Autobiografie, aus der der "Express" vorab Auszüge zitiert, an den Dialog. Macau. Der sass. Dort gewinnt noch heute nicht jeder. Macau war schon immer eine echte Empfehlung.

Dann kam die Fangfrage von Jordan: Kennt Schumacher die Strecke? "'Aber Mikel kennt die Strecke wie seine Westentasche!', lüge ich das Blaue vom Formel-Himmel. 'Das ist seine, nun, Hausstrecke, musst du wissen, Eddie'", schreibt Weber rückblickend. Tatsächlich war Schumacher zuvor noch keinen Meter auf dem Ardennenkurs gefahren.

Wahnsinnig im positiven Sinne

Eine Empfehlung gab er bei den 80.000 Dollar teuren Tests, die Weber zahlte, in Silverstone dann aber auch noch selbst ab. Schumacher brannte so sehr, dass die Ingenieure baten, er solle doch langsamer machen, den Motor bräuchte man noch in Spa.

"Der Typ ist eine Rakete", war die Rückmeldung, Schumacher sei "wahnsinnig". Im positiven Sinne freilich. Am Ende legte die Schumacher-Seite mit Hilfe von Mercedes auch die vom Teamchef geforderten 450.000 Dollar auf den Tisch.

Und dann mischte Schumacher die Formel 1 auf. Merkte die Konkurrenz schnell, dass da ein Ausnahmetalent von jetzt auf gleich im Fahrerlager stand? "Wenn man es genau beobachtet hat: Ja", sagt der heutige DTM-Chef Gerhard Berger im Gespräch mit unserer Redaktion. Er fuhr damals für das Topteam McLaren, war Teamkollege des legendären Ayrton Senna.

Berger über Schumacher: "Unnachgiebig, stur und unangenehm"

Schumacher war "unnachgiebig, stur und unangenehm. Also genau so, wie sich ein zukünftiger Star geben muss", erzählt Berger, der sich mit seinem Teamkollegen verbündete. Denn auch Senna merkte, dass Schumacher kein normaler Rookie war. Laut Weber sagte Senna damals in Spa: "Der Junge ist mit einem besonderen Talent gesegnet. Der kann uns gefährlich werden!"

In den folgenden Jahren, bis zum Tod Sennas 1995, geriet Schumacher mit Senna immer wieder aneinander. "Wenn es um den sportlichen Erfolg ging, konnte Michael schon ziemlich unangenehm werden", weiss Berger, der damals mit Schumacher nicht warm wurde. Besser gesagt: Er konnte den Neuen nicht ausstehen. Berger: "Weil ich wusste, dass er ein neuer, unangenehmer Spieler ist, der uns in Zukunft das Leben schwer machen wird."

Zwischen Berger und Schumacher entspannte sich das Verhältnis mit der Zeit. "Wir hatten ein sehr gutes Verhältnis und auch lustige Zeiten miteinander. Ich schätze seine Leistung sehr", sagt Berger.

Der "Pakt" mit Senna war für den heutigen DTM-Chef "eher eine natürliche Reaktion auf einen 'aufgehenden Stern' am Himmel. Ich war in der Beobachterrolle. Ayrton hatte den besten Weitblick – er wusste, dass Schumacher extrem stark werden würde."

Das zeigte Schumacher bereits am damaligen Rennwochenende, auch wenn die Rahmenbedingungen alles andere als Formel-1-Glamour versprühten. Dass er im Overall seines Teamkollegen fahren musste? Geschenkt. Dass er, weil etwas mit der Hotelreservierung schiefgegangen war, in einer Jugendherberge nächtigen musste? Kein Ding, bis auf die Tatsache, dass er erkältet war und die Heizung nicht funktionierte. Dass das Team seinen Namen anfangs dauernd falsch schrieb? Ein Running Gag. Dass sein Debüt auf der Kippe stand, weil bei Jordan der Gerichtsvollzieher auftauchte? Bekam Schumacher gar nicht mit.


Schumacher brilliert auf der Strecke

Schumacher brillierte stattdessen im Training in seinem froschgrünen Jordan-Renner mit Top-Ten-Platzierungen und stand für das Rennen auf dem siebten Startplatz. Weber erinnert sich an das Qualifying. "Michael gibt Vollgas, Runde um Runde, Funken sprühen, Bremsscheiben glühen. Er ist in seinem Element. Ein Fisch, den man ins Wasser geworfen hat."

Als Schumacher in die Box kam, hielt Weber die Luft an: "Er ist eine Dreiviertelsekunde schneller als Andrea de Cesaris, Jordans Stammfahrer! Unglaublich."

Die Formel 1 befand sich in einer Art Schockzustand: "Who, the fuck, is Schumacher?" Er hatte in Rekordzeit bewiesen, was ihn auszeichnete: Er konnte sich immer schnell auf neue Gegebenheiten, neue Strecken, neue Herausforderungen einstellen. Und alles um sich herum ausblenden. "Ich war selbst davon überrascht, wie entspannt ich vor dem Start gewesen bin. Vielleicht, weil alles gepasst hat. Richtiger Ort, richtige Zeit, richtiges Auto, richtige Leute", sagte Schumacher.

Ende nach nur 500 Metern

Doch der ganz grosse Traum, der vom sensationellen Sieg, der zerplatzte auf Platz fünf liegend kurz nach dem Start nach der Eau Rouge – Kupplungsschaden. Ganze 500 Meter weit kam Schumacher. Bitter. "Michael kommt zurück in die Box und ist schrecklich enttäuscht", erinnert sich Weber. "'Kopf hoch!', muntere ich ihn auf. 'Du hast genug gezeigt von deinem Können. Wart’s mal ab.'"

Weber sollte Recht behalten. Damals wusste Schumacher noch nicht, dass er noch viele Chancen bekommen sollte. Und dass er ganz viele davon nutzen würde. Ganz ohne Lügen oder Pfefferspray.

Verwendete Quellen:

  • express.de: "Who the hell is Michael Schumacher?" Willi Weber über Schumis Formel-1-Debüt in Spa
  • Offizielle Webseite von Michael Schuhmacher
  • auto-motor-und-sport.de: "Karriere begann mit einer Lüge"
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