• Guanyu Zhou wird der erste chinesische Stammfahrer der Formel 1 und soll Alfa Romeo und der Motorsport-Königsklasse Türen in China öffnen. Möglich macht das Cockpit aber auch eine Millionen-Mitgift.
  • Fast gleichzeitig muss das deutsche Talent Lirim Zendeli seine Formel-2-Saison vorzeitig beenden: Ihm geht das Geld aus.
  • Antonio Giovinazzi muss für Zhou das Cockpit räumen und kritisiert, die Formel 1 könne "auch gnadenlos sein, wenn Geld die Regeln diktiert".

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Anfang November war Schluss. Aus und vorbei, Ende. Das deutsche Talent Lirim Zendeli stieg aus der Formel 2 aus, dem Unterhaus der Formel 1. Dem Bochumer war das Geld ausgegangen. Ohne Kohle kein Cockpit – da ist das Milliarden-Geschäft Motorsport erbarmungslos. Fast schon pervers wirkt es, wenn man sieht, was keine zwei Wochen später passiert ist: Zendelis Ex-Konkurrent Guanyu Zhou wurde als neuer Fahrer für Alfa Romeo verkündet. Er soll der erste chinesische Stammpilot in der Geschichte der Formel 1 werden. Ein Knackpunkt bei seiner Verpflichtung: Eine Mitgift, die bei 25 Millionen Dollar liegen soll.

Hinzu kommt, dass Zhou sowohl für das Team als auch für die Formel 1 selbst ein Türöffner für den so wichtigen chinesischen (Auto-)Markt sein kann beziehungsweise sein soll. "Es ist sowohl aus sportlicher als auch aus kommerzieller Sicht grossartig", erklärte Alfa-Romeo-Teamchef Fredric Vasseur. "Es ist eine grosse Chance für das Team und den Sport."

Nicht immer entscheidet Talent

Es ist vor allem eine Personalie, die das ganze Problem im Motorsport treffend aufzeigt: Nicht immer entscheidet Talent bei der Vergabe der Cockpits, sondern oft auch die Grösse der Geldbörse. Das sprach Antonio Giovinazzi deutlich an, der Italiener muss für Zhou seinen Platz bei Alfa Romeo räumen. "Die Formel 1 ist Talent, Auto, Risiko, Geschwindigkeit. Aber sie kann auch gnadenlos sein, wenn Geld die Regeln diktiert", schrieb er bei Twitter: "Ich glaube an kleine und grosse Siege, die man aus eigener Kraft erreicht."

"Paydriver" nennt man die Fahrer etwas abschätzig, die durch Sponsoren den Weg in die Königsklasse finden und mit dem Geld das Team unterstützen, das den betreffenden Piloten unter Vertrag nimmt. Sie zahlen also faktisch für ihr Cockpit, während andere Stars wie Lewis Hamilton oder Sebastian Vettel Millionen-Gehälter kassieren. Gleichzeitig schnappen sie klammen Talenten oft die limitierten Plätze weg. Zur Orientierung: Eine Saison bei einem Topteam in der Formel 2 soll bis zu 2,5 Millionen Dollar kosten.

"Die Pandemie hat mein sehr schmales Budget noch kleiner gemacht", begründete Zendeli sein Aus, schrieb von unerwarteten Budgetlücken und nicht eingehaltenen Versprechen. "Ich bin stolz darauf, dass ich die Chance bekommen habe, in der F2 zu fahren, obwohl ich aus einer ‚normalen Familie‘ komme", betonte er.

Auch Paydriver können fahren

Man muss dazu sagen, dass es einen wichtigen Unterschied zu früher gibt: In inzwischen vielen Fällen können die Paydriver auch Auto fahren, Zhou zum Beispiel kämpft in der Formel 2 aktuell um den Titel, ist Gesamtzweiter. Auch andere, wie zum Beispiel Lance Stroll, Sohn von Milliardär und Aston-Martin-Mitbesitzer Lawrence Stroll, haben in den Nachwuchsserien Siege und Titel geholt. Und ja - auch Fahrer wie Hamilton und Vettel bekamen in jungen Jahren Unterstützung – in ihren Fällen durch Hersteller – was aber vor allem an ihren Leistungen lag.

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Ein fader Beigeschmack bleibt in vielen Paydriver-Fällen auch deshalb, weil Geld im Nachwuchs natürlich automatisch den Weg zu besseren Möglichkeiten und damit einer schnelleren Entwicklung ebnet, Türen öffnet, die im Normalfall verschlossen bleiben würden. Wer nicht genug Geld oder keinen Förderer wie einen Hersteller im Rücken hat, bekommt schnell finanzielle Probleme. Und dann auch sportliche. Und wenn Teams die Wahl haben zwischen einem finanzstarken Youngster und einem etwas talentierteren Piloten ohne Mitgift, verzichten viele auf das Plus an Talent.

"Manche Teams haben einen fragwürdigen Geschmack oder eine fragwürdige Entscheidungsfindung", kritisierte Nico Hülkenberg zuletzt bei Motorsport.com die Fahrerwahl einiger Teams. Auch er wurde mit Alfa Romeo in Verbindung gebracht, er hat die Formel 1 inzwischen abgehakt. Er habe das Gefühl, so Hülkenberg, "die ersten zehn, vielleicht die ersten zwölf Fahrer haben eine wirklich hohe Qualität und sind echte Top-Fahrer. Aber in der unteren Hälfte ist die Qualität nicht mehr so hoch, wie sie sein sollte. Aus meiner Sicht ist das natürlich ein bisschen schade und enttäuschend, aber so ist es halt", sagte Hülkenberg weiter.

Micks Teamkollege bringt Millionen mit

Mick Schumacher, der seit 2019 zur Ferrari-Nachwuchsakademie gehört, sich aber auch so während seiner Lehrjahre keine Sorgen um die Finanzen und die nächste Saison machen musste, denkt, "dass die FIA und Formel 1 in dieser Hinsicht bereits sehr viel unternehmen. Der Sport muss es möglich machen, dass sich zukünftig auch die Talente durchsetzen und in den Nachwuchsklassen behaupten können", so Schumacher bei der dpa.

Ein mahnendes Beispiel ist ausgerechnet Schumachers Haas-Teamkollege Nikita Mazepin, der bei seiner Formel-1-Karriere durch seinen Vater, Milliardär Dmitry Mazepin, entscheidend gefördert wurde. Auch ihm half ein Millionen-Paket für den Einstieg beim klammen Team Haas. Auf der Strecke hilft es dem jungen Russen allerdings nicht - er hat gegen Schumacher keine Chance und steht für sein Verhalten auf und abseits der Strecke seit Saisonbeginn in der Kritik. Doch solange der Rubel rollt, diktiert Geld oft noch die Regeln.

Verwendete Quellen:

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