Sebastian Vettel und Max Verstappen haben die Formel-1-Verantwortlichen am Wochenende mit ihrer Fahrweise erzürnt. Dabei hatte deren Zweikampf echten Motorsport-Fans zuvor so viel Vergnügen beschert. Für kurze Zeit war die Langeweile der vergangenen Rennen vergessen. Die Strafen durch die FIA werden diese schon bald zurückbringen. Ein Kommentar.

Fabian Teichmann
Ein Kommentar

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Der Grosse Preis von Mexiko war lange Zeit keine Werbung für die Formel 1. Wenige Überholmanöver, ein ungefährdeter Start-Ziel-Erfolg von Lewis Hamilton, kaum Racing-Action.

Doch kurz vor Ende des Rennens geschah Spektakuläres. Um den letzten verbliebenen Podiumsplatz hinter den überlegenen Silberpfeilen von Hamilton und WM-Spitzenreiter Nico Rosberg entbrannte in den letzten Runden ein wilder Kampf. Die Beteiligten: Youngster Max Verstappen, Routinier Sebastian Vettel und der Australier Daniel Ricciardo.

Kampf um Platz drei wird zum Eklat

Verstappens Red Bull hatte mit deutlich nachlassenden Reifen zu kämpfen. Der Niederländer konnte das Tempo des von hinten heranrauschenden Ferrari von Vettel nicht annähernd mitgehen. Aber der vierfache Weltmeister hatte seine Rechnung ohne den 19 Jahre alten Senkrechtstarter gemacht, denn Verstappen verteidigte seine Position vehement.

Die beiden Hitzköpfe reizten die Leistungsfähigkeit ihrer Boliden komplett aus. Als Verstappen nach einem Verbremser von der Strecke abkam, somit abkürzte und seine Position gegen Vettel nur deshalb verteidigen konnte, platzte diesem der Kragen. Via Boxenfunk beleidigte Vettel seinen Kontrahenten und in der Folge sogar Charlie Whiting, der als Renndirektor über strittige Szenen entscheiden muss und während des Rennens auf eine Bestrafung der Aktion Verstappens verzichtete.

Daniel Ricciardo wird zum Profiteur

Doch damit nicht genug: Da sich die beiden Raufbolde so sehr mit ihrem Kleinkrieg um Platz drei beschäftigten, schloss Verstappens Teamkollege Ricciardo von hinten auf und setzte seinerseits Vettel unter Druck.

So mancher Formel 1-Anhänger traute seinen Augen kaum. Das war Racing! Endlich mal wieder. Während die ersten 65 der 71 Runden so zäh verlaufen waren, wünschte man sich nun sogar noch eine Verlängerung dieses Spektakels. Erinnerungen wurden wach an legendäre Duelle der Vergangenheit: Hunt gegen Lauda, Senna gegen Prost, Schumacher gegen Villeneuve - auch dort war es oft mehr als ruppig zur Sache gegangen. Viele Fans hat dieser Sport auch nur wegen solcher Rivalitäten gewinnen können.

FIA übertreibt mit diesen Strafen

Hochkochende Emotionen, quietschende Reifen und sich berührende Autos: Für Motorsportliebhaber kann es nichts Schöneres geben. Und für die Rennleitung im Herbst des Jahres 2016? Offenbar schon. Denn sie stellte mit zwei Zeitstrafen gegen Verstappen wegen des Abkürzens und gegen Vettel wegen zu harschen Verteidigens gegen Ricciardo das Rennergebnis auf den Kopf. Beide ernteten Platzierungen abseits des Podiums (4 und 5). Ricciardo durfte sich nachträglich über Rang drei freuen.

Als Fan macht das geradezu betroffen. Ja, Verstappen hat es beim Kampf um seine Position übertrieben. Ja, die rabiate Fahrweise des 19-Jährigen ist auch generell kritisch zu betrachten. Ja, Sebastian Vettel hat es gegen Ricciardo ebenfalls übertrieben. Und ja, die Beleidigungen gegenüber Verstappen und der Rennleitung waren eines vierfachen Weltmeisters sicher nicht würdig.

Mexiko war keine Werbung für die Formel 1

Dennoch muss die FIA aufpassen, ihren eingeschlagenen Weg des "In-Watte-Packens" von Rennfahrern nicht zu übertreiben. Wer will eine Formel 1 ohne Zweikämpfe, Überholmanöver und harte Positionskämpfe? Sicherlich niemand. Doch mit der inflationären Aussprache solcher Strafen steht zu befürchten, dass auf lange Sicht genau dieses Szenario immer wahrscheinlicher wird.

Was vom Grossen Preis von Mexiko letztlich in Erinnerung bleiben wird, ist schon wieder keine Werbung für die Formel 1. Obwohl die letzten Runden dank zweier aussergewöhnlich guter Rennfahrer so viel Anlass dazu gegeben hätten.

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