Das F-Wort beschert Max Verstappen Sozialarbeit in Ruanda, für Carlos Sainz wird ein Klo-Gang teuer. Die Formel 1 streitet um den Strafenkatalog der Fahrer.

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Vor dem US-Trip der Formel 1 nach Miami hat Weltverbandsboss Mohammed Ben Sulayem den Versöhnungskurs eingeschlagen. Der wegen seiner Amtsführung und Regelungswut unter Dauerkritik stehende Funktionär aus den Vereinigten Arabischen Emiraten will im Streit um den von ihm verschärften Strafenkatalog für die Fahrer plötzlich einlenken.

Wie weit aber will Ben Sulayem die schon als Maulkorb-Paragraf titulierte Benimmfibel tatsächlich aufweichen? Und wird das die Laune verärgerter Fahrer wie Max Verstappen nachhaltig heben?

Der Chef des Motorsportweltverbandes hat kurz vor dem Abstecher der Formel 1 nach Miami an diesem Wochenende "konstruktives Feedback" von Piloten aus den verschiedenen Fia-Rennserien bekommen. So berichtete es Ben Sulayem auf seinem eigenen Instagram-Account.

Formel 1: FIA-Boss geht bei Instagram in die Offensive

Deshalb ziehe er "Verbesserungen" zu Anhang B im Internationalen Sportkodex in Betracht, wo für die Stewards die Sanktionen zum Fluchen und Schimpfen von Fahrern aufgeführt sind. "Als ehemaliger Rallyefahrer verstehe ich die Anforderungen, denen sie ausgesetzt sind, besser als die meisten anderen", meinte Ben Sulayem.

Gerade aus seiner alten Szene hat der Funktionär aus Dubai ebenfalls viel Kritik einstecken müssen. Nach einer 10.000-Euro-Strafe gegen Hyundai-Pilot Adrien Fourmaux wegen Fluchens in einem TV-Interview nach der Rallye in Schweden im Februar äusserten seine Fahrerkollegen, ähnlich wie zuvor schon die Piloten in der Formel 1, ihren Ärger.

"Die Härte der Sanktionen, die wegen geringfügiger, vereinzelter und unbeabsichtigter sprachlicher Ausrutscher verhängt werden, hat in alarmierender Weise zugenommen", schrieb die Gewerkschaft der Rallyefahrer. "Das hat ein inakzeptables Ausmass erreicht." Man müsse einvernehmlich und dringend eine Lösung finden.

Klo-Gang vor Nationalhymne: 10.000 Euro Strafe für Carlos Sainz

Ben Sulayem hatte Ende Januar einen verschärften Strafenkatalog veröffentlicht, der das Fluchen sanktioniert, weil dadurch der Automobil-Weltverband "moralischen Schaden" nehmen könne. Ob durch Worte, Taten oder Schriften. Das alles ist in dem heftig umstrittenen Anhang B festgehalten und mutet einigen wie Zensur an.

Max Verstappen und seine Formel-1-Kollegen fühlen sich von der Fia gegängelt und beklagen offen die Regelungswut des Verbandschefs. Zudem bemängeln sie fehlende Transparenz bei der Fia. Williams-Fahrer Carlos Sainz musste saftige 10.000 Euro berappen, weil er wegen eines Klo-Gangs vor dem Rennen in Japan zu spät zur Nationalhymne erschien. "Ich hoffe, dass mir jemand verrät, wo diese 10.000 Euro hingehen", sagte der Spanier.

Max Verstappen macht Sozialarbeit in Ruanda

Red-Bull-Star Verstappen verhängte beim letzten Rennen in Saudi-Arabien sogar einen Maulkorb gegen sich selbst, als er immer wieder auf die aus seiner Sicht ungerechtfertigte Fünf-Sekunden-Strafe wegen Abkürzens angesprochen wurde. "Das Problem ist, dass ich meine Meinung dazu nicht sagen kann, weil ich bestraft werden könnte. Also ist es besser, nicht darüber zu sprechen", zischte der viermalige Weltmeister.

Verstappen weiss aus eigener Erfahrung, wohin einen das Fluchen bringen kann. Im September vergangenen Jahres hatte er sich beim Grand Prix in Singapur über das Verhalten seines Red Bull aufgeregt und dabei das englische Wort "Fuck" benutzt. Als Strafe musste Verstappen Ende des Jahres am Rande der Fia-Gala in Ruandas Hauptstadt Kigali Sozialarbeit ableisten.

Mercedes-Boss Toto Wolff: "Geht um Respekt"

Im aktuellen Strafenkatalog werden die Geldbussen für Formel-1-Fahrer mit dem Faktor vier multipliziert. So muss ein Pilot bei bestimmten Vergehen gleich 40.000 Euro bezahlen, beim zweiten Verstoss 80.000 Euro und beim dritten sogar 120.000 Euro - eine einmonatige Sperre und einen Punktabzug inklusive.

Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff hält Massnahmen gegen schlechtes Verhalten generell für angebracht. "Für mich geht es um Respekt vor den Konkurrenten, Respekt vor den Offiziellen und darum, niemanden zu beleidigen, egal ob es sich um die eigenen Leute oder um einen Konkurrenten auf der Strecke handelt", erläuterte er einmal.

"Wir wollen die Fahrer und ihre Emotionen nicht stummschalten."

Mercedes-Motorsport Toto Wolff freut sich, dass Schimpfwörter im Funkverkehr erlaubt bleiben

Für Ausbrüche in der Hitze des Gefechts hat Wolff aber volles Verständnis. "Wir wollen die Fahrer und ihre Emotionen nicht stummschalten", sagte er. Immerhin haben die Piloten schon das erreicht: Schimpfworte im Funkverkehr bleiben ohne Konsequenzen.

Für Ben Sulayem, der Ende des Jahres als Fia-Präsident wiedergewählt werden will, bleibt Anhang B ein "wichtiger Teil" des Internationalen Sportkodex. Er trage "entscheidend dazu bei, dass der Sport für die gesamte Sportfamilie zugänglich" bleibe, schrieb Ben Sulayem. "Menschen machen die Regeln und Menschen können die Regeln verbessern. Dieses Prinzip der kontinuierlichen Verbesserung ist etwas, an das ich immer geglaubt habe, und es ist das Herzstück all unseres Handelns bei der Fia." (dpa/bearbeitet von msb)