Mercedes-Teamchef Toto Wolff und Superstar Lewis Hamilton sind über die gemeinsamen Jahre in der Formel 1 zu Freunden geworden. Das war allerdings nicht immer einfach. Ein Schlüsselerlebnis änderte alles. Was aktuell zum gemeinsamen Glück noch fehlt, ist ein neuer Vertrag.

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Auch Freunde müssen nicht immer einer Meinung sein. Dabei haben Toto Wolff und Lewis Hamilton einen ähnlichen Musikgeschmack. Glaubt zumindest der Mercedes-Teamchef. "Natürlich ist seiner viel anspruchsvoller", sagte Wolff der BBC. Und erinnert sich, dass er vor vielen Jahren Hamilton fragte, was der davon halten würde, wenn bei den Silberpfeilen AC/DC's Thunderstruck in der Garage gespielt würde, bevor die Autos rausfahren. Damit alle Mechaniker dieses Lied hören. Hamilton sagte: "Dann müsste ich kotzen!" Womit das Thema erledigt war.

Diese Episode mag lustig sein, dabei war das Verhältnis zwischen Wolff und Hamilton nicht immer so locker. Im Gegenteil: Trotz der Erfolge, die es zu Beginn gab, wie die WM-Titel 2014 und 2015, war die Beziehung lange eine nüchterne, geschäftliche, anstrengende. Und irgendwann auch eine angespannte, weil die Rivalität mit seinem Teamkollegen Nico Rosberg nicht nur die Fahrer, sondern auch das Team belastete. Vor allem 2016, als sich Hamilton und Rosberg ein Duell lieferten, das auch über die Grenzen des Erlaubten hinausging.

Der Tiefpunkt war auch der Wendepunkt

2016 war der Tiefpunkt, aber zugleich auch der Wendepunkt. In dem Jahr unterlag Hamilton seinem einstigen Jugendfreund Rosberg im Duell um den Titel, beim Saisonfinale in Abu Dhabi widersetzte sich Hamilton mehrfach Anweisungen des Teams – ein absolutes No-Go, weil das Team letztendlich immer über den Fahrern steht. Doch danach änderte sich vieles.

"Ein Schlüsselmoment war Ende 2016, als wir eine Zeit lang nicht miteinander gesprochen haben. Also lud ich ihn ein, in meine Küche in Oxford zu kommen, sich hinzusetzen und zu plaudern", erinnerte sich Wolff an die damalige Zeit. Beide kotzten sich in Wolffs Küche aus, es kam alles auf den Tisch, die Fragen, die Probleme, die Vorwürfe. Alles, was sich in den zurückliegenden Jahren aufgestaut hatte. Eine echte Aussprache, gute fünf Stunden lang.

Wolff verglich dabei sein Verhältnis mit Hamilton mit seiner Ehe mit Susie Wolff, mit der er auch streitet. "Selbst wenn wir uns anschreien, selbst wenn wir uns streiten, denken wir nie an eine Scheidung, und deshalb habe ich ihm gesagt: 'Ich will mich nicht von dir scheiden lassen und du auch nicht. Denn ich will den besten Rennfahrer in unseren Autos haben und du willst die besten Autos haben.'" Das wirkte. "Darauf aufbauend ist es uns gelungen, eine noch stärkere Beziehung aufzubauen", sagte Hamilton rückblickend.

Brutale Ehrlichkeit

Man sei zu dem Schluss gekommen, dass man Konflikte haben, dabei aber eine Atmosphäre schaffen könne, in der man brutal ehrlich zueinander sein könne, so Wolff, "und manchmal sind wir uns einig, dass wir uns nicht einig sind, aber wir machen weiter". Das war der Moment beziehungsweise die Phase, die die geschäftliche Beziehung in eine freundschaftliche transportierte. "Lewis ist ein Freund geworden, und über die Jahre haben wir schwierige Phasen und sehr gute Momente erlebt. Wir haben viele Titel gefeiert und wir hatten Diskussionen untereinander, die nicht immer einfach waren", so Wolff.

So wie jetzt, und das aus zwei Gründen. Zum einen spielt Mercedes sportlich nur noch die zweite Geige, Titelkonkurrent Red Bull Racing mit Weltmeister Max Verstappen ist enteilt. 2022 war man chancenlos, 2023 ist man es auch, und Hamilton wartet seit Dezember 2021 auf einen Sieg. Doch das inzwischen für seine Verhältnisse verständnisvoll und geduldig. Wolff bezeichnet ihn beim US-Magazin "Boardroom" deshalb als "Lewis 2.0", weil Hamilton lernt, damit umzugehen, im Moment nicht mehr der beste Fahrer der Formel 1 zu sein.

"Er war eine grosse Unterstützung für das Team, wenn es nötig war, und diese Dynamik geht in beide Richtungen", so Wolff. "Wenn es ihm mental nicht so gut geht, wie das Auto läuft, versuchen wir, ihn zu unterstützen, und wenn man sieht, dass die Ingenieure am Rennwochenende nicht wussten, was sie als Nächstes auf der Strecke tun sollten, war er es, der alle aufgemuntert hat und die richtige Einstellung mitbrachte", erklärte der Österreicher und lobte die Partnerschaft als eine, die über den Rennsport hinausgehe, so Wolff, "weil wir im selben Boot sitzen. Er sagt immer, wir gewinnen und verlieren zusammen".

Was fehlt zum neuen Vertrag?

Die zweite Sache ist die grosse Frage, die sich im Fahrerlager alle stellen: Wie lange noch? Denn der Vertrag von Hamilton läuft nach dieser Saison aus – und eine Verlängerung ist immer noch nicht fix, auch wenn alle Seiten betonen, dass man weiter zusammenarbeiten wolle und man sehr nah dran sei. Doch auch vor dem anstehenden Rennen in Zandvoort nach der Sommerpause wurde immer noch kein Vollzug vermeldet. Und so lange nichts offiziell ist, halten sich die Gerüchte, dass Hamilton zu Ferrari wechseln könnte, hartnäckig.

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Was ist also das Problem? Offenbar hängt es tatsächlich nur noch an Kleinigkeiten. Wie es heisst, haben sich Wolff und Hamilton sowohl auf die Laufzeit (zwei weitere Jahre) als auch auf das Salär geeinigt. Knackpunkt soll die Frage sein, wie viel Zeit Hamilton in Zukunft für Mercedes-Sponsoren aufwenden muss. Wie die "Sun" berichtet, soll der siebenmalige Weltmeister in dem Punkt knallhart verhandeln. Denn klar: Auch Freunde müssen nicht immer einer Meinung sein.

Verwendete Quellen:

  • boardroom.tv: The Benz and the Billions: Along the Road with Mercedes F1 Boss Toto Wolff
  • bbb.co.uk: 10 things we learned from Toto Wolff's Desert Island Discs
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