Selten war die 2. Bundesliga so ausgeglichen wie in der anstehenden Saison. Einen echten Favoriten gibt es eigentlich nicht, dafür eine ganze Reihe ambitionierter Klubs. Fast die halbe Liga macht sich Hoffnung auf den Aufstieg - mindestens drei Vereine dürften aber besonders grosse Chancen haben.
Mit Superlativen sind die TV-Programmmacher ja immer schnell bei der Hand, seit Jahren übertreffen sich deshalb die Claims mit jeder Saison aufs Neue.
Die "beste", "härteste", "geilste" 2. Liga aller Zeiten hat es schon gegeben. Immer noch lauter und spektakulärer wurde geworben.
Dabei war der gebotene Fussball eben das, was man von ihm erwarten konnte: selten berauschend, dafür erdig und stets kampfbetont.
Wenn die 2. Bundesliga heute in die nächste Saison startet, dann wäre eine leise, demütige Beschreibung angemessen: Die ausgeglichenste 2. Liga aller Zeiten.
Aber das will natürlich niemand hören oder lesen.
Dabei ist es genau so: Die beiden Absteiger sind nicht wie fast immer automatisch gleich wieder die Topkandidaten für den sofortigen Wiederaufstieg.
Dazu haben die letzten Spielzeiten gezeigt, dass viele unterschiedliche Mannschaften in einer einzigen Saison immer mal ganz nach oben gespült werden können.
In der vergangenen Saison war es besonders prekär, weil mit Stuttgart und Hannover zwei turmhohe Favoriten im Unterhaus aufschlugen und sich am Ende auch durchsetzten.
Jetzt kommen mit Ingolstadt und Darmstadt zwei Klubs zurück, die man per se eher in die 2.Liga verorten würde und deren Aufenthalt in der Bundesliga ohnehin eher zufälliger Natur war.
Ingolstadts starke Neuzugänge
Es ist einigermassen schwer, einen oder mehrere echte Favoriten auf den Aufstieg zu benennen.
Darmstadt hat ein paar wichtige Spieler verloren, aber auch einige Hochkaräter eingekauft, allen voran Kevin Grosskreutz.
Wie sich Alphatiere wie der Weltmeister, Kapitän Sulu oder Routinier Niemeyer aber zu einem Team zusammenraufen können, bleibt die grosse Frage.
Da erscheint Mitabsteiger Ingolstadt eine Spur gefestigter.
Zwar haben die Ingolstädter mit Pascal Gross, Markus Suttner oder Matthew Leckie wichtige Stammspieler verloren. Andererseits konnten die Oberbayern aber auch schlau zukaufen.
Im Angriff haben sich die Schanzer mit Antonio Colak und vor allem Stefan Kutschke hervorragend verstärkt, dazu konnte überraschend auch Dario Lezcano gehalten werden.
Der Brasilianer Paulo Otavio als Suttner-Ersatz auf der linken Seite verspricht geballte Offensivpower, dazu wurden neben Lezcano auch fast alle anderen Leistungsträger gehalten.
Ingolstadt dürfte über den besten aller Kader verfügen. Und ist deshalb - und weil Trainer Maik Walpurgis mit dem FCI in der Bundesliga eine durchaus beachtenswerte Rolle gespielt hat - so etwas wie der Mini-Favorit.
Union Berlin gilt als Mitfavorit
Die spielerisch beste Mannschaft der vergangenen Saison sollte auch in dieser Spielzeit wieder oben angreifen können.
Der 1. FC Union hat kaum wichtige Spieler verloren, dafür aber mit Routinier Marc Torrejon, Akaki Gogia oder Grischa Prömmel ordentlich Qualität eingekauft.
Trainer Jens Keller wird das tragende Spielsystem weiter verfeinern und nach Platz vier den Angriff auf den Aufstieg anpeilen.
Immerhin zehn von 18 Zweitligatrainern sehen die Eisernen auch als einen der beiden direkten Aufsteiger.
Selbstverständlich macht Keller selbst auf Understatement und zählt sein Team nicht zum engeren Favoritenkreis. Intern dürfte die Formulierung des Saisonziels aber ganz anders aussehen.
Geheimtipp: 1. FC Nürnberg
Mannschaften aus der 1B-Reihe gibt es genug, Eintracht Braunschweig etwa oder die aufgerüsteten Fortuna Düsseldorf und VfL Bochum.
Ganz besonders sollte man aber wohl den 1. FC Nürnberg auf dem Zettel haben.
Natürlich sind Testspielsiege immer auch mit Vorsicht zu geniessen. Aber sieben Siege in sieben Partien, darunter gegen Topklubs wie Inter Mailand oder Borussia Mönchengladbach, lassen doch aufhorchen.
Die Stimmung beim Club ist endlich wieder gut, nahezu euphorisch.
Das Auftaktprogramm mit Spielen gegen Kaiserslautern und Aufsteiger Regensburg ist absolut machbar.
Vor allem aber nährt die neue Spielweise der Mannschaft Hoffnung auf die Rückkehr in die Bundesliga.
Unter Trainer Michael Köllner spielt Nürnberg mutigen, bisweilen auch riskanten Offensivfussball.
Köllner kann dabei auf einen in der Spitze und auch in der Breite sehr homogen und qualitativ hochwertigen Kader zurückgreifen.
Mit Sebastian Kerk ist ein ausgewiesener Standardspezialist zurückgekehrt.
Das Gesamtpaket beim Club ist so gut wie schon lange nicht mehr und mit einem guten Start und einem der stärksten Kader aller Zweitligisten ist der Traum vom Aufstieg absolut realisierbar.
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