Hamburg - Die Krise des Hamburger SV hätte der FC Schalke 04 auch gern. Abstiegskampf in der 2. Fussball-Bundesliga, ein Trainer unter Beobachtung, eine Club-Führung in der Kritik, 162 Millionen Euro Schulden - der Traditionsclub in Königsblau steht im Herbst 2024 mächtig unter Druck.
Beim HSV sieht es vergleichsweise besser aus: mitten im Aufstiegsrennen, wirtschaftlich gestärkt, kaum Diskussionen um das Führungspersonal. Und dennoch herrscht vor dem Samstagabendspiel gegen die Schalker (20.30 Uhr/Sky und Sport1) auch im Hamburger Volkspark Unruhe - wenn auch nicht in dem Masse wie in Gelsenkirchen.
Ausgelöst hat das die zuletzt mässige sportliche Bilanz. Nach nur einem Punkt aus den vergangenen drei Ligaspielen steht Trainer
"Erst mal muss man sagen: Druck auf dem Kessel ist in unserem Job immer", sagte Baumgart. "Die haben auch Druck auf den Kessel", meinte der 52-Jährige mit Blick auf die Schalker. "Ich glaube, bei beiden Vereinen hast du Gegenwind. Also ich habe hier noch keinen Rückenwind gehabt."
Früher Erstliga-Klassiker, heute Zweiliga-Alltag
Hamburger SV gegen Schalke 04 war einst ein Klassiker in der Bundesliga. Nun ist es ein schnödes Punktspiel in der 2. Liga, das seinen Reiz aus früherem Glanz bezieht und auch deshalb 57.000 Zuschauer ins Volksparkstadion lockt.
Die beiden Vereine stehen symbolhaft für eine Entwicklung der vergangenen Jahre. Die 2. Bundesliga ist längst zu einer Ansammlung von Clubs mit grosser Vergangenheit, aber trüber Gegenwart geworden. Europapokalsieger, deutsche Meister, DFB-Pokalsieger, Bundesliga-Gründungsmitglieder - alles ist auf der Zweitliga-Bühne vertreten.
Viele dieser einstigen Giganten tun sich aber schwer mit der Zweitklassigkeit. Seit dem Abstieg des HSV 2018 nach 55 Jahren Bundesliga erlebten die Hamburger beispielsweise, dass Vereine wie der SC Paderborn, der 1. FC Union Berlin, SpVgg Greuther Fürth, der 1. FC Heidenheim, Darmstadt 98 oder Holstein Kiel aufstiegen und sich wie in den Fällen Union Berlin und Heidenheim auch in der ersten Liga etablierten.
Nur reden hilft im Aufstiegskampf nicht
In Hamburg sei der HSV zwar ein grosser Verein, was etwa die Mitgliederzahlen oder die Auslastung des Stadions angeht, sagte Baumgart der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". "Aber wir sind trotzdem der Verein, der gerade am längsten in der zweiten Liga spielt", betonte er. Das Anspruchsdenken Bundesliga sei zwar schön und auch das klare Ziel. "Aber es erfüllt sich nicht, indem du nur redest."
Traditionsvereine wie der Hamburger SV lebten gern in der Vergangenheit, "nur der Fussball der Vergangenheit zählt heute nicht mehr", sagte der Ex-Bundesliga-Profi. Als der HSV abgestiegen war, hätten viele gesagt, "das wurde auch mal Zeit. Nur hat niemand damit gerechnet, dass die zweite Liga so ein Haifischbecken ist".
Schalkes Kees van Wonderen: Kaum da, schon unter Druck
Das bekommt auch der FC Schalke 04 zu spüren. 2022 war der Westclub zum letzten Mal in die Bundesliga aufgestiegen. Ein Jahr später ging es wieder runter. In dieser Saison wechselten die Schalker schon den Trainer aus. Auf Karel Geraerts folgte Kees van Wonderen.
Zuletzt holte das Team mit dem 0:0 beim SSV Ulm und dem 2:0 gegen den SSV Jahn Regensburg wichtige Punkte gegen Abstiegskampf-Mitkonkurrenten. Ruhe verschaffte das van Wonderen aber nur bedingt. "Wir brauchen weitere Erfolge", sagte der Niederländer.
Bonus für mehr Tradition?
Sein Verein braucht aber auch viel Geld. Und da die Schalker wie der HSV und andere Traditionsvereine die 2. Bundesliga erst so attraktiv machen, hat 04-Finanzvorständin Christina Rühl-Hamers die Verteilung der Gelder aus dem von der kommender Saison an gültigen TV-Vertrag ins Visier genommen.
"Fakt ist: Schalke 04 steuert mehr Wert zum nationalen Fernsehprodukt bei, als es „Kohle“ aus der Geldverteilung erhält", sagte sie auf der Mitgliederversammlung am vergangenen Samstag. Hohe TV-Quoten, ein fast immer ausverkauftes Stadion und beeindruckende Choreos unserer Fans zeichne Schalke und damit den deutschen Fussball aus und mache das Produkt der DFL werthaltig. "Entsprechend müssen diese Faktoren auch stärker berücksichtigt werden." © Deutsche Presse-Agentur
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