Sängerin Mine berichtet auf Instagram von fürchterlichem Verhalten von Hertha-Fans in einem Zug. In ihren Aufnahmen wird sie beleidigt, angepöbelt und erfährt Sexismus. Auch von rassistischen Äusserungen berichtet die Sängerin. Nun hat der Verein reagiert.

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Anlässlich des Spiels gegen den SV Darmstadt zog es viele Hertha-Fans am Samstag (9.11.) nach Hessen. Zurück nach Berlin ging es für viele Fussballfans mit dem Zug, in dem auch Sängerin Mine sass. Für sie gerät die Bahnfahrt zur Tortur, wie sie auf Instagram berichtete.

Vier Stunden lang Sexismus, Beleidigungen und Rassismus

"Ich wollte ein Wasser kaufen gehen. Bin nur durchgelaufen. Wurde mehrfach angefasst und belästigt", schreibt die Sängerin in ihrer Instagram-Story. Sie zeigt auch ein Video von ihrem Gang durch den Waggon. In den Aufnahmen sieht man mehrere Fussballfans, hört die Stimme der Sängerin, sie sagt "Kannst du bitte aufhören?", ein Fussballfan beleidigt sie als "verfickte Hure" und sagt "Halt deine Fresse, du Fotze".

Doch damit nicht genug. Auf ihrem Rückweg durch den Waggon wird sie wegen ihrer Brille "Ski Aggu" genannt, ihr wird hinterher gepfiffen, einer sagt "sie gehört uns". Mine berichtet weiter, dass die Fussballfans "schingschangschong" und "Nudelpfanne" schrien, als eine asiatisch gelesene Person in den Zug stieg.

Vier Stunden lang dauerte die Zugfahrt, während der sich die Sängerin unter anderem "Süsse", "geiler Bock", "lecker" und "geile Raverin" anhören musste. Die Hertha-Fans hätten durchgehend getrunken, gepöbelt, rassistische Kommentare losgelassen und die Musikerin teilweise sogar angefasst.

Hertha BSC äussert sich zu den Vorfällen

Der Verein postete auf "X" und auf seiner Webseite ein Statement zu den Erlebnissen der Sängerin. Hertha BSC bedaure die "beschämenden Vorkommnisse", ihnen sei bekannt, "dass Vorfälle dieser Art rund um Fussballspiele leider nach wie vor zur Realität gehören".

Der Verein plane explizit, Gespräche mit seinen Fans zu suchen. Auch Sängerin Mine sei zu einem persönlichen Gespräch mit Hertha-Geschäftsführer Thomas E. Herrich eingeladen worden. Der Verein schreibt zudem, er verfüge bereits über "opferzentrierte Schutzkonzepte, die den Umgang mit hilfesuchenden Personen, die grenzüberschreitende Erfahrungen gemacht haben, in den Mittelpunkt stellen."

Weiter schreibt der Verein: "Der Appell an unsere Gemeinschaft lautet daher, sich in solchen Fällen entschieden dagegenzustellen, um derartige Geschehnisse sofort zu unterbinden. Rassistische und sexistische Beleidigungen dürfen nirgends einen Platz finden."

Immer noch Sexismus und sexuelle Übergriffe im Fussball

Auf der Plattform "X" kommentieren viele Fans des Vereins und zeigen sich schockiert. Ein User schreibt: "Wir haben ein wachsendes Problem mit Sexismus, Rassismus und Homophobie im Verein!!" Ein weiterer kommentiert: "Egal in welchem Verein, sowas passiert leider viel zu oft und ist nicht zu dulden! Leider sind die schwarzen Schafe tief in der aktiven Fanszene integriert und Sätze wie: 'Die Kurve regelt sich von selbst' sind einfach falsch. Solidarität mit allen Betroffenen!"

Einer bundesweiten Umfrage aus dem Frühjahr 2024 zufolge, hat fast jede vierte Frau schon mindestens einen sexuellen Übergriff im Stadion erlebt.

Informationen zur "Vollbild"-Umfrage

  • An der Online-Umfrage des Instituts Allensbach haben 2.500 Menschen teilgenommen.
  • Sie wurde zwischen dem 19. April und dem 7. Mai 2024 durchgeführt.
  • Der Link zur Umfrage wurde in den Stadien verteilt und auf Social Media (beispielsweise von der "Sportschau") geteilt.
  • Knapp 99 Prozent der Teilnehmenden gaben an, mindestens unregelmässig ins Stadion zu gehen.
  • Die Umfrage ist nicht repräsentativ.

In vielen Fussballstadien gibt es inzwischen Schutzkonzepte und Code-Wörter, mit denen Betroffene unauffällig um Hilfe bitten können. Das funktioniert allerdings nicht immer, wie SWR-Recherchen zeigen: Im Stadion des Hertha BSC lautet das Code-Wort "Wo ist Lotte?", welches bei einem stichprobenartigen Test der Reporterinnen jedoch nicht alle Ordner kannten. Die Verantwortlichen von Hertha BSC gaben im anschliessenden Interview mit "Vollbild" Defizite zu und wollten Verbesserungen in den Schutzmassnahmen planen.

Verwendete Quellen

Hilfsangebote

  • Wenn Sie selbst von häuslicher oder sexualisierter Gewalt betroffen sind, wenden Sie sich bitte an das Hilfetelefon "Gewalt gegen Frauen" (116 016 oder online), das Hilfetelefon "Gewalt an Männern" (0800/1239900 oder online), das Hilfetelefon "Sexueller Missbrauch" (0800/225 5530), in Österreich an die Beratungsstelle für misshandelte und sexuell missbrauchte Frauen, Mädchen und Kinder (Tamar, 01/3340 437) und in der Schweiz an die Opferhilfe bei sexueller Gewalt (Lantana, 031/3131 400)
  • Wenn Sie einen Verdacht oder gar Kenntnis von sexueller Gewalt gegen Dritte haben, wenden Sie sich bitte direkt an jede Polizeidienststelle.
  • Falls Sie bei sich oder anderen pädophile Neigungen festgestellt haben, wenden Sie sich bitte an das Präventionsnetzwerk "Kein Täter werden".
  • Anlaufstellen für verschiedene Krisensituationen im Überblick finden Sie hier.
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