Gute Hinrunde, schwache Rückrunde, verpasster Aufstieg: Die Geschichte des Hamburger SV aus der Vorsaison droht sich zu wiederholen. Dabei sollte der Traditionsverein bereits im Jahre 2024 auf Augenhöhe mit Gladbach und Schalke agieren.

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Bernd Hoffmann war noch voller Zuversicht, als er im Januar bei der Versammlung zu den Mitgliedern des Hamburger SV sprach: "Wir stehen alle dafür, den HSV bis 2024 zu einem fest etablierten Klub in der Bundesliga werden zu lassen."

Der Vereinsboss orientierte sich dabei "an Klubs wie Frankfurt, Schalke, Gladbach, Köln oder Stuttgart." Sportlich allerdings bewegt sich der HSV momentan eher auf Augenhöhe mit dem 1. FC Heidenheim, der SpVgg Greuther Fürth und dem SV Darmstadt 98.

Der einst so ruhmreiche Verein, der sechsmal deutscher Meister wurde und 55 Jahre in der Bundesliga gespielt hat, droht zum zweiten Mal hintereinander den Aufstieg in die Bundesliga zu verpassen.

41 Punkte hat der HSV nach 24 Spieltagen angesammelt. Zum Vergleich: In der Vorsaison hatten die Hamburger zum selben Zeitpunkt sechs Punkte mehr auf dem Konto – und verspielten trotzdem den Aufstieg. Hoffmann sprach später von dem "überflüssigstem Nicht-Aufstieg der Fussballgeschichte."

Die Tabellensituation ist erneut schwierig. Tabellenführer Arminia Bielefeld ist mit neun Punkten Vorsprung wohl längst enteilt. Der VfB Stuttgart belegt den zweiten direkten Aufstiegsplatz und hat drei Punkte mehr als Hamburg.

Selbst der Relegationsplatz, den der HSV momentan belegt, könnte in Gefahr geraten. Der 1. FC Heidenheim ist bei nur drei Punkten Rückstand ein ernstzunehmender Verfolger.

Relegationsspiele gegen Nord-Rivale Werder Bremen?

Sollte der HSV tatsächlich auf dem Relegationsplatz landen, droht ein Nordduell um die Ligazugehörigkeit gegen den Tabellen-17. der Bundesliga, dem SV Werder Bremen. Auch dort hat man dieses Szenario registriert. Werder-Stürmer Davie Selke sagt bei DFB.de: "Ich kann nur sagen, dass das eine unfassbare Konstellation wäre."

Doch wäre der HSV solch einer Aufgabe überhaupt gewachsen? Besorgniserregender als die Tabellensituation ist die schwache Form.

Seit drei Spielen sind die Hanseaten sieglos. Besonders die vergangenen beiden Spiele haben zu einem Stimmungstief an der Elbe geführt: erst das 0:2 im Stadt-Derby gegen den FC St. Pauli, dann das 0:3 Debakel beim FC Erzgebirge Aue.

Selbst die sonst so treuen Fans scheinen die Geduld zu verlieren: Nach der Auswärts-Schlappe in Aue wurden die Spieler von ihren eigenen Anhängern beschimpft.

Krise oder nicht? Unstimmigkeiten bei den Verantwortlichen

Intern sind sich die Verantwortlichen des HSV uneinig, wie sie die Situation einordnen sollen. "Wir haben eine sportliche Krise", sagt Vereinsboss Hoffmann. Trainer Dieter Hecking sieht das anders: "Zwei Niederlagen in Folge sind für mich noch keine Krise."

Sicher ist aber: Nur ein (möglichst überzeugender) Heimsieg am Samstagmittag (ab 13:00 Uhr im Live-Ticker bei uns) gegen den SSV Jahn Regensburg würde das Stimmungstief in Hamburg vertreiben. Regensburg ist allerdings ein Angstgegner. Gegen keinen anderen Zweitligisten haben die Hamburger so eine schlechte Bilanz: drei Spiele, kein Sieg, zwei Niederlagen und ein Torverhältnis von 3:9.

Das letzte Heimspiel gegen Regensburg war die vielleicht grösste Blamage der Vereinsgeschichte. Am 23. September 2018 unterlagen die Hamburger im eigenen Stadion mit 0:5 – nie verlor der HSV zu Hause höher.

Keine Führungsspieler und Mentalitätsmonster

Mag der Kader aufgrund der vielen Transfers ein völlig anderer sein als in der Vorsaison, so sind die Probleme dennoch ähnlich. Der HSV verfügt fussballerisch über einen der (wenn nicht sogar den) besten Kader der 2. Bundesliga. Doch läuft es auf dem Platz nicht rund, fehlt es an Führungsspielern oder sogenannten "Mentalitätsmonstern", die ein Spiel in kritischen Phasen an sich reissen.

Zwei Beispiele: Kapitän Aaron Hunt sollte eigentlich als Führungsspieler dienen, findet aufgrund seiner vielen Verletzungen allerdings nicht zu seiner Form. Offensivspieler Martin Harnik hat in der Bundesliga einst 66 Tore erzielt, wartet beim HSV allerdings seit Ende Oktober auf einen Treffer.

Insgesamt scheint die Stabilität verloren gegangen zu sein. "Aktuell machen wir individuell und mannschaftstaktisch einfach viel zu viele Fehler, die ein Fussballspiel beeinflussen. Wir müssen diese Fehler schleunigst abstellen", fordert Hecking.

Hoffmann versucht, trotz des Krisen-Gerede auch Zuversicht auszustrahlen: "Es sind noch zehn Spiele, sechs davon zu Hause und wir sind Tabellendritter in absoluter Schlagdistanz zu den direkten Aufstiegsplätzen. Wir haben alles selbst in der Hand."

Und weiter: "Gerade wenn es ins letzte Drittel der Saison geht, kann immer ein bisschen Nervosität aufkommen. Aber wir haben einen klasse Trainer, überragende Fans und eine gute Mannschaft."

Aufstieg ist spätestens 2021 Pflicht

Der wirtschaftliche Druck auf den hoch verschuldeten Verein ist jedenfalls gross. Hoffmann stellte im Januar noch einmal klar: "Die Geschäftsgrundlage des HSV Fussball ist die Bundesliga." In der 2. Bundesliga sind die Einnahmen - vor allem die TV-Gelder - deutlich geringer.

Der Vorstandsvorsitzende kalkuliert ein Scheitern vorsichtshalber schon einmal ein. Für diese Saison sei der Aufstieg daher noch kein Muss, "im nächsten Jahr aber definitiv". Ansonsten wäre der wirtschaftliche Rückstand gegenüber Vereinen wie Frankfurt, Schalke oder Gladbach wohl auch nicht mehr aufzuholen.

Verwendete Quellen:

  • Bernd Hoffmann bei der Mitgliederversammlung des HSV am 11. Januar 2020
  • Presserunde mit Bernd Hoffmann am 1. März 2020
  • Pressekonferenz mit Dieter Hecking am 5. März 2020
  • DFB.de: Selke: "Pokal ist zusätzliche Motivation"
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