Der TSV 1860 München war mal eine richtig grosse Nummer im deutschen Fussball. Das ist lange her. Inzwischen macht sich der Verein nur noch lächerlich. Schuld war auch die Grossmannssucht zweier Alphatierchen.
Die Quoten auf den TSV 1860 München sind gut. Wer am kommenden Sonntag bei Sportwetten-Anbietern einen Euro auf einen Sieg von 1860 setzt, bekommt meist rund 3,50 Euro zurück. Positiveres lässt sich derzeit über den Traditionsklub nicht berichten. Wenn die Zweitligasaison am Wochenende beginnt, dann sind die "Löwen" erst einmal klarer Aussenseiter - beim 1. FC Heidenheim!
So weit also ist es gekommen mit 1860 München, dem Verein, der 1964 den DFB-Pokal gewann und zwei Jahre später Deutscher Meister wurde. Dem Verein, der vor 15 Jahren kurz vor der Qualifikation zur Champions League stand. Nun also heissen die Gegner nicht mehr FC Bayern München oder Real Madrid, sondern SV Sandhausen oder eben 1. FC Heidenheim. Wie aber wurde aus dem einstigen Anwärter auf einen Platz in der Champions League der Chaosklub, der er nun ist?
Allianz Arena ist mehrere Nummern zu gross
Aufstieg und Fall von 1860 München sind eng mit dem Namen Karl-Heinz Wildmoser verknüpft. Der 2010 verstorbene Grossgastronom hatte seit seinem Amtsantritt als Präsident von 1860 im Jahr 1992 viel vor mit den "Löwen". Unter ihm schaffte der Verein binnen zwei Jahren den Aufstieg von der Bayernliga in die Bundesliga. Doch am Ende seiner Ära im Jahr 2004 war auch klar, dass er sich verhoben hatte. Vor allem mit der Beteiligung am Bau der Allianz Arena. 1860 war nicht in der Lage, die anfallenden Kosten von jährlich rund sieben Millionen Euro zu stemmen. Schnell mussten die eigenen Anteile am Stadion an den FC Bayern verkauft werden.
Die Allianz Arena, das Schmuckstück des FC Bayern, war für 1860 gleich mehrere Nummern zu gross. Überhaupt, dieser ewige und ungleiche Rivale Bayern. Der verärgert die Fanseele von 1860 eben auch dadurch, dass die "Löwen" seit 2004 eine Miete für die Benutzung der ungeliebten Allianz Arena abtreten muss.
Als vor vier Jahren dann die Insolvenz drohte, kam die vermeintliche Rettung in Person von Hasan Ismaik. Der jordanische Investor verhinderte mit dem Kauf von 60 Prozent der Anteile an der Profifussball-Abteilung (wovon allerdings nur 49 Prozent stimmberechtigt sind) die Insolvenz.
1860 München sollte Weltmarke werden
Ismaik hatte wie einst Wildmoser grosse Pläne. Er wollte eine Weltmarke aus 1860 machen. Irgendwann aber merkte er, dass die 50+1-Regel, welche die Mehrheit des Vereins an der Profiabteilung vorschreibt, mehr ist als Buchstaben auf einem Papier. Er konnte nicht der Alleinherrscher sein, der er gerne sein wollte. Eingeschnappt reagierte der Investor, wenn nicht alles nach seinen Vorstellungen lief.
In den vergangenen Wochen spitzte sich der Konflikt zwischen dem Investor und seinen Gefolgsleuten sowie dem inzwischen zurückgetretenen Präsidenten Gerhard Mayrhofer zu. Der Streit eskalierte an der Person Gerhard Poschner. Der ehemalige "Geschäftsführer Sport" bei 1860 sollte entgegen den Plänen von Ismaik entlassen werden. Mayrhofer allerdings scheiterte am Veto des Jordaniers. Nun wurde ein vorläufiger Kompromiss gefunden: Poschner ist den Job des Geschäftsführers los, er ist nun Sportchef.
Transfers sind Mangelware
Die Frage ist, inwiefern man bei 1860 und auch anderswo den degradierten Poschner noch ernst nehmen kann. Selbst der Verein kündigte schon an, dass Poschner die nächsten drei Monate nur auf Bewährung arbeiten werde. Doch gerade jetzt läuft die heisse Transferphase. Und Poschner hat kaum etwas vorzuweisen, ausser jede Menge Abgänge. Martin Angha, Julian Weigl, Anthony Annan, Edu Bedia, Sebastian Hertner, Moritz Volz und Bobby Wood wurden verkauft. Dagegen konnten bislang in Milos Degenek vom VfB Stuttgart II und Romuald Lacazette von Paris St.-Germain B nur zwei Nachwuchsspieler verpflichtet werden, dazu der Brasilianer Rodnei aus Leipzig.
Trainer Torsten Fröhling ist nicht zu beneiden um seine Aufgabe. Er soll 1860 in der Liga halten. Und selbst wenn er das schaffen sollte, wird ihm keiner auf die Schultern klopfen. Schon gleich gar nicht der Jordanier Ismaik, der einst so grosse Pläne hatte mit 1860.
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